Die Löwenburg - Vorbereitungen für eine Reise 269 n.J.

[Jelena]

Jelena verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue:
"Dann ist dir auch klar, dass ich Vorbehalte habe, dich noch einmal auf eine solche Reise mitzunehmen. Überzeuge mich."

[Vanion]

Vanion kaute eine Weile auf den Wörtern herum, bevor er sie aussprach.
"Der Junge, den du damals auf eine Reise geschickt hast, ist nicht mehr. Ich habe den Zweifel abgelegt. Ich kenne mich selbst. Mein Weg ist klar vor mir, und ich beschreite diesen Weg seit fast vier Jahren."

Er zögerte, dann fuhr er mit leicht zitternder Stimme fort:
"Du weißt um meine Taten, die guten wie die schlechten. Du kennst meine Urangst. Wenn die Liebe zu Gorix mir nicht die Kraft gibt, diese Reise zu Ende zu bringen, dann wird meine Furcht gereichen. Ich ... ich kann nicht erneut versagen. Es gibt keinen Spielraum, mein Seelenheil steht auf Messers Schneide. Gorix hat mir vertraut und mich zu seinem Ritter erkoren. Und ich werde nicht erneut zweifeln. Werde nicht erneut wanken. Ich bin ein Ritter."

[Jelena]

"Angst ist keine gute Motivation für solch eine Reise, Vanion. Ich gebe dir Recht, dass du erwachsen geworden bist und dich in den letzten Jahren sehr verändert hast. Aber deine Angst war bereits damals die Wurzel des Problems. Deine Angst und vielleicht auch dein mangelndes Vertrauen in dich selbst."

[Vanion]

"Angst bringt mich dazu, über mich hinauszuwachsen. Ich weiß, dass das seltsam klingt. Aber keine Angst zu haben, sich nicht zu fürchten, so zu tun, als gäbe es keine Zweifel - das ist es, was einen Menschen dazu bringt, zu versagen. Diese Lektion hat mich einiges gekostet, und um diese Scharte auszuwetzen, musste ich Vieles opfern. Ja, ich empfinde Angst. Vor dem, was mich erwartet, sollte ich ... sterben. Aber ich lasse mich nicht davon überwältigen."

[Jelena]

"Es geht nicht darum, keine Angst zu haben. Sondern darum ob diese Angst dich beherrscht."
Jelena stieß sich von der Wand ab und ging Richtung Treppe.
"Komm, ich möchte mit dir meditieren und heraus finden ob du und ich genug Vertrauen aufbauen können, dass diese Reise möglich ist."

[Vanion]

"Was immer nötig ist, Jelena. Ich vertraue auf dein Urteil, und sollte es ablehnend lauten, werde ich das ... akzeptieren."
Er folgte ihr.

[Jelena]

Jelena führte Vanion durch die Gänge und Treppen der Burg, bis sie zu einer kleinen Kammer im Erdgeschoss kamen, die Fenster zum Küchengarten hatte. Im Inneren war es angenehm warm, auf dem Boden waren Felle und Decken ausgebreitet. Die beiden machten es sich bequem und setzten sich gegenüber.
"Erinnerst du dich wie das funktioniert?"

[Vanion]

"Es hatte mit Atmen zu tun. Erkläre es mir noch einmal."

[Jelena]

Jelena erklärte ihm noch einmal die Grundlagen. Als sie sicher war, dass er alles verstanden hatte, fuhr sie fort:
"Du musst dir sicher sein, Vanion. Ich werde natürlich versuchen nicht zu tief zu blicken, aber ich kann nicht versprechen, dass ich nicht Dinge sehe, die sehr persönlich sind."

[Vanion]

Der Ritter nickte bedacht, dann suchte er Jelenas Blick.
"Ich habe Gorix Gefolgschaft gelobt. Ich bin ihm verpflichtet, aus vielerlei Gründen. Grabe so tief, wie du es für nötig hältst. Nur - behalte es für dich."

Dann schloss er die Augen und sog die Luft ein. Gab sich der Ruhe hin, die sein Herzschlag ihm bot, und lauschte auf Jelenas Anweisungen.

[Jelena]

Eine weite Ebene. Eine sanfte Brise streicht durch das hüfthohe Gras. Die Sonne flutet alles mit einem goldenen Licht. Frieden liegt über allem. Die Luft schmeckt nach Honig und Balsam. Ein sachtes Wiehern ertönt zu seiner Rechten und als er sich umsieht, blickt ihn ein Pferd neugierig an. Es kommt näher, bleibt aber stehen bevor es ihn berührt. Als er seine Hand ausstreckt, kommt es sachte näher und befühlt seine Hand mit einem sanften Maul.


Es ist unklar wieviel Zeit vergangen ist, als er blinzelnd wieder aufwacht.

[Vanion]

"Das war ..."

Vanion schüttelte den Kopf, um die Trance zu bekämpfen. Langsam kehrte sein Sinn wieder in die Realität zurück.
Ohne den Satz zu vollenden, holte er tief Luft, mühte sich, den Frieden noch ein wenig aufrecht zu erhalten, der ihn umstrichen hatte.

"Nun... wie lautet dein Urteil?"

[Jelena]

Jelena sah ihn noch eine Zeit lang forschend an, bis sie schließlich nickte:
„Du hast dich sehr verändert seit damals, so viel steht fest.“
Sie streckte sich langsam aus, bis sie schließlich bequem auf den Fellen lag.
„Ich habe ein gutes Gefühl dabei dich mitzunehmen, Vanion. Du musst nur eines im Sinn behalten: du darfst dich nicht noch einmal so in fremden Gefühlen verlieren wie es dir damals passiert ist.“

[Vanion]

"Das werde ich nicht. Es ehrt mich, für diese Reise ausgewählt worden zu sein. Ich hoffe, ich kann mehr beisteuern als nur einen kräftigen Arm."

[Jelena]

Die beiden besprachen sich noch eine Weile und brachten sich gegenseitig auf den neuesten Stand, bevor sie sich für den restlichen Tag verabschiedeten.