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Der Treck gen Norden - 2. Teil

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Jelena:
"Ja und nein..." lautete Jelenas Antwort.
"Du hattest bisher nicht die Möglichkeit mit der Ausbildung in Seelenheilkunde zu beginnen, Luthor, daher gibt es viele Dinge, die mich betreffen und dir noch fremd sind. Wenn wir als Heiler in den Geist anderer eintauchen, dann laufen wir immer Gefahr uns darin zu verlieren oder das die Krankheit, die in ihm steckt auf uns übergeht. In meinem Volk lernt jedes Kind zu meditieren, das ist unsere Art mit Gott in seinen 777 Inkarnationen in Verbindung zu treten und gleichzeitig schützt die gesitige Disziplin, die es schafft, auch vor Beherrschung durch andere. Manche wenige von uns lernen jedoch diese Meditation umzukehren, sie zu nutzen, um in den Geist anderer einzutauchen, um ihnen helfen zu können. Ich versuche es dir ganz einfach zu erklären: statt die Schutzwälle um unseren Geist nach außen zu richten, richten wir sie nach innen, um uns vom Geist der anderen abgrenzen zu können."
Sie beugte sich vor und legte einen Holzscheit nach.
"Du fragst dich sicherlich weshalb ich dir all dies jetzt erzähle, aber du musst verstehen was ich während des Rituals getan habe, damit du verstehst was mit mir passiert ist. Auranius schuf ein Gefäß, in welches die dämonische Kraft gebannt werden sollte. Damit Gorix während dieser ganzen Zeit nicht Gefahr lief korrumpiert zu werden, musste seine Seele geschützt werden. Es gelang mir dies zu tun indem ich all die inneren Wälle die ich in den vergangenen Jahren aufgebaut hatte um seine Seele schlang. Dadurch war ich selbst nackt und wurde mit all den Erinnerungen und Entscheidungen konfrontiert, die ich tief in meinem innersten vergraben hatte..."
Luthor sah Tränen in ihren Augen schimmern, doch sie fing sich wieder.
"Das Ritual war insofern erfolgreich als es uns Gorix wiedergab und er nicht zu dem wurde, das wir bekämpfen. Es war insofern nicht erfolgreich als die dämonische Macht letzten Endes doch an den überging, vor dem wir es verbergen wollten. Dadurch das ich Gorix Seele schützte, war meine schutzlos und versuchte vor all dem zu entfliehen, daher fiel ich in Schlaf."
Der Ton ihrer Stimme war eine Mischung aus Wehmut und Angst, es war klar, dass es nicht der erholsame Schlaf eines normalen Menschen gewesen war, doch Jelena würde ihm nicht mehr davon berichten.
"Wir sind alle mehr oder weniger unbeschadet daraus hervorgegangen, weil unsere Götter schützend ihre Hände über uns hielten, andererseits wären wir jetzt alle Marionetten im Ränkespiel eines Gottes."

Luthor Kaaen:
"Manchmal kommt es mir vor, als wären wir alle nur Figuren auf einem Schachbrett. Die einen Bauern, die anderen Läufer ünd Könige" meinte er daraufhin, sah ins Feuer und nickte dann "Aber ich glaube zu verstehen, was ihr mir berichtet habt"
Er zog einen Trinkschlauch aus der Umhängetasche, die er bei sich führte und nahm einne Schluck, danach bot er ihn ihr an. Er hatte noch einige Fragen bezüglich ihres langen Schlafes, doch aufgrund ihrer Stimme und dem Ausdruck in ihrem Gesicht wollte er nicht weiter darauf eingehen. Jedenfalls jetzt noch nicht.
Darum hielt er es für das beste, fürs Erste das Thema zu wechseln.

"Wohin werden wir nun gehen, Meisterin?"

Jelena:
Jelena nahm den Trinkschlauch dankbar an und nahm einen Schluck bevor sie ihn zurückreichte.
"Wir werden die Flüchtlinge nach Norden in eine Feste geleiten und für's erste dort bleiben bis sich alle eingefunden haben, die jetzt kreuz und quer durch Andarra verteilt sind. Andarra ist jetzt in der Hand des Lupus, es bleiben nicht mehr viele Rückzugsmöglichkeiten und wenn wir das alles hier noch zu einem guten Ende bringen wollen, dann müssen wir nicht nur den Winter durchstehen sondern auch sorgfältig planen wie es weiter geht."
Sie zog eine Karte hervor und zeigte ihrem Lehrling welchen weg sie die nächsten Tage einschlagen würden.
"Aber nun zu dir, mein Lehrling! Wie kommst du dazu einen Reichsgardisten niederzuschlagen?"

Luthor Kaaen:
Luthor folgte ihren Fingern auf der Karte und nickte. Tage zum Planen und Nachdenken fehlten ihm in den letzten Monaten wirklich.
Als sie das neue Thema ansprach sah er ertappt auf, setzte sich dann aber mit geradem Rücken hin und sah ihr ins Gesicht, als er antwortete.
"Dieser Mann ist mir schon aufgefallen, als die Gardisten das Lager erreicht haben. Er hat eine hochschwangere Frau belästigt, ihr den Glauben an Sicherheit genommen und sie wie viele der Flüchtlinge an den Rand der Verzweiflung getrieben, näher als sie es ohnehin schon waren. Er hat regelrecht für Panik gesorgt.
Ich weiß, dass all das kein Grund ist, einen Soldaten niederzuschlagen, aber als er sich dann noch entgegen meiner Warnungen dem Lazarett genähert hat und dort meinte, dass es eh keinen Sinn mehr hätte, zu leben und das wir eh alle sterben würden, ist er zu weit gegangen. Ich denke, als Heiler ist man für die Verwundeten verantwortlich, und zwar nicht nur für ihre Wunden, sondern auch ihr Inneres, und eben ihren Geist hat dieser Mann bedroht. Ich möchte mich hiermit nicht von Fehlern freisprechen, die ich eventuell begangen habe, sondern nur meinen Standpunkt verdeutlichen." endete er ersteinmal.

Jelena:
Jelena sah ihren entrüsteten Lehrling belustigt an. Es war nicht im geringsten abschätzig oder gar abfällig, wenn man genau hinsah konnte man sogar ein wenig Stolz in ihren Augen sehen, auch wenn sie es schnell wieder verbarg.
"Falsch bleibt falsch, Luthor, egal aus welchem Grunde man meint es zu tun zu müssen." antwortete sie streng, wenn auch nicht unfreundlich.
"Du bist voller Eifer, das ist gut, aber Übereifer wird dich und diejenigen, die bei dir sind, umbringen. Das ist keine Warnung sondern die pure Wahrheit. Dieser Mann trug den Rock eines Reichsgardisten, egal wie er sich darin benahm. Du hättest den Weibel oder den Herrn Johann bitten können ihn vom Lazarett fernzuhalten, statt dessen hast du eigenmächtig gehandelt. Hättest du dies in Caer Conway getan oder gar vor Ausbruch dieses Krieges, dann wäre dir der Pranger sicher gewesen und ich hätte nichts dagegen tun können, verstehst du?"

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