Autor Thema: Das Kontor - nach dem Krieg  (Gelesen 15847 mal)

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Offline Jelena

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Das Kontor - nach dem Krieg
« am: 25. Mai 11, 10:27 »
Jelena stand wie jeden Morgen an ihrem Fenster und betrachtete das bunte Treiben im Innenhof, während sie ihre erste Tasse Tee trank.
Sie waren seit einigen Tagen zurück in Fanada und versuchten noch alle ihren gewohnten Rhythmus wieder zu finden. Nach all den Jahren des Krieges war es geradezu schwierig "nur" noch ein normales Leben zu führen.
Die Geschäfte waren in ihrer Abwesenheit durch Markus, den Prokuristen und Anica tadellos geführt worden und Jelena dankte Zlatica für das Glück solch gute Menschen in ihrem Dienst zu haben. Sie freute sich unbändig darauf sich in diesem Sommer nur mit ihrem Gewürz- und Kaffeehandel und mit ihrer Familie zu beschäftigen.
Das Wetter war großartig und sie war zutiefst dankbar die morgendliche Meditation wieder auf dem Dach durchführen zu können.
Nachher würde sie die Märkte abklappern und sehen was sie an neustem Klatsch und Tratsch über die großen Handelshäuser hören würde.
Jelena grinste.
Das Leben war zur Abwechslung mal richtig gut.
"Schmuggeln? Ich bin reich genug um zu bestechen, ich muss nicht Schmuggeln!"

Offline Jelena

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #1 am: 26. Mai 11, 21:38 »
Jelena rümpfte die Nase und steckte den Brief in ihre Gürteltasche bevor sie wieder zu dem Handbeil griff und begann die Rinderknochen zu zerkleinern. Seiden sieden gehörte nicht zu ihren Lieblingsaufgaben, aber sie mochte das Endergebnis. Sie warf die zerkleinerten Knochen in den bereitstehenden Kessel um sie auszukochen und wischte sich die Hände an der Schürze ab, bevor sie zu den Kräutern griff die sie der Seife beimischen wollte.
Ein lautes Krachen ertönte am Tor und Jelena wirbelte herum, in einer Hand das Beil, in der anderen das Messer, der Körper kampfbereit gespannt.
Sie brauchte einen Augenblick bis sie begriff, dass das Krachen von der Ladung Holzscheite stammt, die am Tor abgeladen wurde.
Sie atmete einmal tief durch und entspannte Muskel für Muskel willentlich bevor sie sich wieder umdrehen und die Axt aus der Hand legen konnte.
Jelena schüttelte den Kopf über sich selbst.
Der Krieg mochte vorbei sein, aber was ihr Kopf wusste, war noch lange nicht in ihrem Bauch angekommen.
Sie seufzte und nahm ihre Arbeit wieder auf. Zeit sich mit naheliegenden Problemen zu beschäftigen.
Was zur Hölle ist nun schon wieder Kadegars Problem?
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Offline Wassilij

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #2 am: 31. Mai 11, 19:45 »
Wassilij saß am anderen Ende des Innenhofes und genoss die Ruhe. Sein Blick schweifte unstet über den Hof und seine Augen verengten sich kurz, als er Jelenas zucken sah. Langsam stand er auf und ging zu ihr hinüber. Ihm war klar, dass Jelena ihn  bemerken würde, sobald er hinter ihr stand. Sie hatte eine Art sechsten Sinn für Wassilij entwickelt. Deswegen gab er sich keine Mühe, sie vorher anzusprechen, sondern trat hinter sie und begann: " Es wird vorbei gehen. Die meisten von uns, werden sich an den Frieden gewöhnen müssen. Und es sollte nicht das schlechteste sein, das wir uns daran gewöhnen."

Ein etwas schiefes Grinsen glitt über sein Gesicht, da es kaum zwei Stunden her war, dass er sein übliches Training beendet hatte.
Well I can't tell you where I'm going, I'm not sure of where I've been / But I know I must keep travelin' till my road comes to an end / I'm out here on my journey, trying to make the most of it / I'm a puzzle, I must figure out where all my pieces fit / Like a poor wayfaring stranger that they speak about in song / I'm just a weary pilgrim trying to find what feels like home / Where that is no one can tell me, am I doomed to ever roam / I'm just travelin', travelin', I'm just traveling through

Offline Jelena

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #3 am: 31. Mai 11, 20:00 »
"Hmpf"
lautete Jelenas Reaktion darauf, während sie die letzten Knochen in den Kessel warf und dann nach einem Lappen griff um die Axt zu säubern.
"Ich weiß, das es vorbei gehen wird. Und ja, für viele wird es das richtige sein."
Sie lächelte Wassilji mit einem eigenen schiefen Lächeln an:
"Aber du und ich gehören nicht dazu."
Sie wies mit dem Kinn auf den blubbernden Kessel:
"Rührst du mal um? Vorsichtig, die Dämpfe sind beißend."
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Offline Wassilij

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #4 am: 31. Mai 11, 20:08 »
Wassilij blinzelte kurz, als die Dämpfe in seine Augen stiegen, aber er rührte entschlossen um.

"Nein, wir beide gehören sicher nicht dazu. Auch wenn wir beide unterschiedliche Wege gehen."

Einen Augenblick, schaute er versonnen in den Kessel: "Wobei ich mich wirklich an solch friedvolle Momente gewöhnen könnte."
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Offline Jelena

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #5 am: 31. Mai 11, 20:29 »
"Wer könnte das nicht?"
Jelena legte die Axt beiseite und begann den Laugenstein zu zerkleinern. Wenn die Knochen ausgekocht waren, würde sie das Fett abschöpfen und in der Lauge aussieden lassen.
"Obwohl ich nichts dagegen hätte die stinkenden Arbeiten in Zukunft jemand anderem zu überlassen..."
Sie grinste und zum erste Mal seit Jahren war es unbeschwert.
"Hast du Lust auf einen Ausflug? Ich brauche jemanden der die näcste Ladung nach Port Valkenstein begleitet. Ursprünglich hatte ich vor es selber zu tun, aber ich glaube es ist besser wenn ich das jemand anderem überlasse."
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Offline Wassilij

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #6 am: 31. Mai 11, 20:33 »
Wassilij überlegte einen Augenblick.

"Dann müsste ich Euch hier alleine lassen. Aber wenn ihr es wünscht, würde ich die Aufsicht übernehmen."

Mit einem leicht schelmischen Grinsen fuhr er fort: "Soll ich jemandem Grüße übermitteln, weil ihr Euch nicht traut?"
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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #7 am: 31. Mai 11, 20:49 »
Jelena wies auf den belebten Innenhof und die Stimmen, die aus dem Haus kamen:
"Alleine? Wohl kaum. Bei diesem Lärm hört man ja manchmal nicht mal seine eigenen Gedanken. Ich bin versucht die nächsten Wochen mit einer Queste für Tajna zu verbringen."
Sie verzog das Gesicht als sie Wassiljis Kommentar hörte und schüttelte den Kopf:
"Das hat mit sich trauen nichts zu tun. Ich bezweifle nur, dass sie momentan willkommen sind."
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Offline Wassilij

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #8 am: 31. Mai 11, 20:52 »
Wassilij nickte verständnissvoll.

"Ja, ich verstehe, was ihr meint. Ich wollte selbst nocheinmal in die Berge. Sie erinnern mich an meine Heimat. Und Ruhe würde Euch auch gut zu Gesichte stehen. Aber warum solltet ihr bei Gerhardt nicht willkommen sein?"
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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #9 am: 31. Mai 11, 21:40 »
"Gerhardt hat sich dazu entschlossen sich seinen eigenen Dämonen zu stellen. Und er möchte das ohne mich tun. Egal was ich davon halte, ich sollte zumindest seine Wünsche respektieren."
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Offline Wassilij

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #10 am: 31. Mai 11, 21:43 »
Wassilij nickte. "Eine gute Entscheidung! Von Euch beiden. Ich denke, es wird ihm viel bringen und er wird endlich von einem Kämpfer zu einem Krieger. Es wäre ein wünschenswerter Schritt und gut für Euch beide."
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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #11 am: 31. Mai 11, 21:50 »
Jelena stemmte die Rechte in die Hüfte und sah Wassilji mit einem stechenden Blick an, der unmissverständlich klar machte, dass sie seine Meinung nicht teilte:
"Das war das Gönnerhafteste, das du in letzter Zeit von dir gegeben hast, Wassilji, und ich hätte nicht übel Lust dir eins überzubraten! Gerhardt ist ein Krieger und er ist es in manchen Punkten sogar mehr als du! Woher willst du wissen was für ihn oder mich gut sein wird? Hm? Ich will dir sagen, was es ganz bestimmt nicht ist! Und dazu gehört das wir nun, wo wir endlich Zeit miteinander verbringen könnten ohne von Schlachtfeld zu Schlachtfeld zu hetzen, wir es aus irgendwelchen idiotischen Gründen nicht tun!"
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Offline Wassilij

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #12 am: 31. Mai 11, 22:04 »
Wassilij schüttelte den Kopf. "Ihr miss versteht mich. Ich habe eine ganze Menge respekt vor Gerhardt und seinen kämpferischen Fähigkeiten. Aber ich frage mich, ob er sich selbst über seine Beweggründe in manchen Situationen im klaren ist."


Der junge Krieger kratzte sich am Kinn und überlegte eine Zeit lang ob er nicht zu viel gesagt hatte. Aber er fuhr fort:" Ich ergreife beinahe jede Möglichkeit und ohne Zweifel finden viele Anstoß daran, wenn sie es wüssten. Was ich aber bei Gerhard meine, ist sein schneller Griff zur Gewalttätigkeit, um Gefangene zu Verhören."
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Offline Jelena

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Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #13 am: 31. Mai 11, 22:42 »
Jelenas Schultern sackten ab und sie erinnerte sich an jenen höllisch heißen Tag in den Wäldern als sie auf der Suche nach Gorix Richtung Norden gereist waren. An den Geruch nach Blut, der sich in ihren Haaren festgesetzt hatte, an das Zittern ihrer Hände als sie das Bein des Verwundeten richtete, obwohl sie wusste, dass er die nächste Stunde nicht überleben würde.
An den Blick in Gerhardts Augen als er sein Messer abwischte.

"Er hat nichts getan was du und andere nicht auch getan haben."
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Offline Lilac

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  • Beissen ist auch nur eine Art der Kontaktaufnahme!
Re: Das Kontor - nach dem Krieg
« Antwort #14 am: 01. Jun 11, 14:01 »
Jenna saß auf einem Schemel an einem sonnigen Fleck und mühte sich, die neuesten Flecken aus Mallas Lätzchen zu schrubben. Die Kleine bekam jetzt zunehmend Breikost, hatte ihre ersten zwei Zähnchen und begann, sich rollend fortzubewegen. Auch jetzt lag sie quietschend und lallend auf einer Decke zu Füßen ihrer Mutter und spielte mit einem Filzspielzeug.
Jennas Gedanken schweiften ab...
Sie war nun schon einige Zeit bei Jelena - doch würde die Meistrin sie auch weiter behalten wollen, jetzt, da sie in Fanada waren? Hier hatte sie schließlich einen kompletten Haushalt und benötigte wohl keine weitere Magd...
Natürlich hatte man Arbeiten für sie gefunden - sie hatte überall mit angepackt, wo ihre Hilfe erwünscht war. Sie hatte Holz gehackt, Wasser gekocht, Wäsche gewaschen, in der Küche geholfen, Dinge aufgeräumt, gespült, aus altem Leinen Verbände gerissen...
Doch hatte sie immer sehr viel Zeit für sich und Malla gehabt - mehr, als ihr früher zur Verfügung gestanden hatte. Oft war sie im Anwesen herumgewandert, hatte den Reichtum der Heilerin bewundert, die kostbaren Einrichtungsgegenstände, die erlesenen Handelsgüter bestaunt.
Immer wieder war sie bei den Pferden gelandet. Sie wünschte sich, Jabucica und Djecak wären hier. Sie würde Jelena beknieen, den beiden eine Anstellung in ihrem Stall zu geben, würde auf ihren eigenen Lohn verzichten, damit die beiden diese Chance bekämen! Wenn sie doch nur wüsste, wie es den beiden ergangen war?! Hatten sie die Kämpfe überlebt? War Jabucica womöglich bereits vom Vater verheiratet worden, so, wie er es mit ihr vorgehabt hatte? Hatte man sie ihrer Freiheit beraubt, zu gehen, wohin sie wollte und mit den wildesten Pferden Freundschaft zu schließen? Hatte man Djecak womöglich in eine Lehrstelle gezwängt, in die er nicht passte? Gerade er - der er doch so zart und sensibel war, dessen Stärke in seinem sanften Umgang mit jedem Tier lag... Was war aus diesen beiden geworden?
Sie konnte mit niemandem darüber reden, konnte nicht nachforschen, konnte keine Nachricht schicken... und es zeriss ihr schier das Herz!

Eine einsame Träne lief Jenna über das Gesicht, während sie weiter über einen Fleck auf dem Lätzchen schrubbte, der schon gar nicht mehr zu sehen war...
Fleur die Wäschemagd // Galeya KRAMBAMBULI // Luise die Hure aus Brega // Jenna die Magd von Jelena // Julienne, Falknergehilfin, ehemalige Gardistin und Botenreiterin // Beeke Fischer die ewige Doktorandin der Zoologie an der Ayd'Owl