Der Städtebund von Tangara > Fanada
Das Kontor - nach dem Krieg
Jelena:
Jelena runzelte die Stirn, sie konnte sich kaum vorstellen das jemand, der nach den medvjedstanischen Wertevorstellungen erzogen war so ein Verhalten an den Tag legte wie Jennas Vater. Andererseits, wer weiß schon wie sich die Fremde auf das Gemüt auswirkt?
"Leben deine Großeltern noch?"
Lilac:
"Nur meine Großmutter. Als mein Großvater noch lebte, war sie sehr still und in sich gekehrt - naja, er war ein rechter Tyrann - wir hatten alle nicht viel zu sagen... Aber seit er tot ist, hat sie uns alle unter der Fuchtel. Außer meinen Vater und meinen Bruder Mlad natürlich. Das sind ihre Schätzchen!",
antwortete Jenna, mit einem deutlich genervten Unterton in der Stimme, wie ihn nur diejenigen haben, die all die Zeit ungerecht behandelt wurden und die stets hinter anderen hatten zurückstehen müssen. Nun mischte sich Bitterkeit in ihre Worte:
"Ich weiß noch, wie sie mal mit meinem Vater über unsere Mutter gestritten hat... Ich weiß gar nicht mehr, wie das angefangen hat, aber auf einmal haben sie einander angeschrien und dann hat Baka all diese fürchterlichen Dinge gesagt... Dass meine Mutter nur ein einziges vernünftiges Kind gebracht hätte; Der gute Junge! Und dann? Nur noch Krüppel und Mädchen! Djecak hat sie als Schwächling bezeichnet, der wäre doch kein Junge sondern eine Lachnummer! Naja, wenigstens würde meine Mutter sich ordentlich für den schämen! Dass der und Jabucica ja eigentlich nicht von meinem Vater sein könnten, meinte sie. Dass meine Mutter meinem Vater wahrscheinlich all die Jahre Hörner aufgesetzt hätte, das elende Weib! Bei den letzten beiden würde man’s doch sehen. Sie sagte; Wer weiß für welchen hochwohlgeborenen Schwächling sie da die Beine breit gemacht hat?!“
Betrübt schüttelte Jenna den Kopf:
"Es war alles so anders als hier! Erst hat mein Großvater uns alle runtergemacht, dann meine Großmutter. Und mein Vater war der König über allem, sobald mein Großvater tot war. Und mein Bruder der Kronprinz! Alle tanzen sie nach deren Pfeife! Nur Glup - der durfte immer alles! Ich hab mich immer gefragt, ob das wohl wirklich überall so ist - jetzt weiß ich, dass es auch anders geht..."
Die junge Mutter seufzte schwer, sah dann auf ihr Kind und meinte mit leiser, aber fester Stimme:
"Ich freue mich, dass Malla nicht dort aufwachsen muss!"
Jelena:
Jelena bemühte sich um einen betont neutralen Gesichtsausdruck als sie Jenna zuhörte und behielt ihre Gedanken für sich. Offenbar waren die Großeltern sehr schwierige Menschen gewesen. War das der Grund gewesen wieso sie Medvjedstan verlassen hatten? Oder hatte die Stadt das aus ihnen gemacht?
Freie Entscheidungen waren jedem Medvjedstani heilig, oder sollten es zumindest sein. Natürlich freuten sich manche mehr über Söhne als über Töchter, aber eine allgemeine Geringschätzung von Mädchen war einfach nicht vorhanden. Welcher Idiot sah schon auf seine Mutter, Schwester oder Ehefrau herab?
Sie runzelte die Stirn, offenbar waren Jenna ihre jüngeren Geschwister wichtig, ihre Mutter schien bereits aufgegeben zu haben und für ihren Vater und die Großmutter hatte sie nur Angst und Abscheu übrig.
"Du hast Engonia hinter dir gelassen, Jenna. Du und deine Tochter können überall da leben wo auch immer ihr wollt. Wenn es dir einmal nicht mehr bei uns gefallen sollte, dann steht es dir frei zu gehen, das verstehst du, ja?"
Lilac:
Zunächst sah es so aus, als wollte Jenna rasch irgendetwas antworten, doch dann zögerte sie, las aufmerksam den Gesichtsausdruck Jelenas und sagte schließlich leise, ohne die Heilerin anzublicken:
"Du sagst mir das und mein Kopf weiß es. Und so langsam aber sicher weiß es auch mein Herz. Aber wenn ich wirklich darüber nachdenke, dann finde ich all diese vielen Möglichkeiten, die ich jetzt auf einmal hab, ein bisschen ... überwältigend. Als stünde man an einer Wegkreuzung voller abzweigender Straßen und könnte überall hin, hätte aber keine Ahnung, wohin die Wege führen. Ehrlich gesagt, da bin ich froh, dass ich mich an euch hab anschließen können. Mit dir und den Anderen zu laufen macht, dass ich mich sicherer fühle. Als würd mir jemand erklären, wohin die Straßen gehen."
Unfähig ihre Gefühle in passende Worte zu fassen zuckte Jenna etwas hilflos mit den Schultern. Man sah ihr an, dass das Thema sie anrührte, sie aber zugleich bemüht war, frisch nach vorne zu schreiten und sich neugierig und tatkräftig in ihr neues Leben zu werfen.
Jelena:
Jelena grinste ihr breites, herausforderndes Grinsen und nahm Jenna in den Arm während die beiden Frauen zum Kontor zurückliefen.
"Ich bin ziemlich froh das der Wind dich an unser Feuer geweht hat! Also bleib bei mir und hilf mir diesen Chaotentrupp sauber, satt und vor allem gesund zu erhalten, ja? Und nun hurtig, Anica hat bestimmt schon den Gong geschlagen!"
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