Ha! Mein Steckenpferd
Hab mir eure Kommentare alle durchgelesen und nun meine Gedanken dazu:
@Jeremias:
Im Heilerspiel an sich wird mir zuviel Wert auf moderne hygienische Massnahmen und modern gedachtes internistisches Wissen gelegt. Chirugisch gesehen gab es hochgradig kompetente Ärzte bereits sehr früh (Entfernung von Nierensteinen bei den Römern!), aber was im LARP z.T. von Krankheiten u.ä. verstanden wird, ist echt hammer.
Auf den ersten Blick sieht das so aus und mir sind mehr als genug Spieler begegnet die mir was von Herzinsuffizienz erzählen wollten.
ABER, und hier kommt ein großes "Aber", hier vermischen sich ganz viele Dinge die im Spiel und von SL's einfach so tradiert werden ohne das sich jemand die Mühe macht das auseinanderzupflücken.
Zum einen steht ganz klar im DragonSys: keine Reinigung der Wunde = Wundbrand = negative Konsequenzen.
Daher glaube ich das die von dir empfundenen "modernen hygienischen Maßnahmen" zum großen Teil auf einer simplen Spielvoraussetzung beruhen die man als Neuling erst mal so aufnimmt und zum Teil auch schlicht beigebracht bekommt. Betreibt man das Heilerspiel dann richtig und nicht nur nebenbei greift man es auch gerne als Spielansatz auf, denn wer verzichtet schon gerne auf ein: "Haltet ihn fest, das wird brennen!"?
Zum anderen ist immer die Frage wie der Spieler/ die Spielerin ihren Heiler ausrichtet. Historisch angelegt? Und wenn ja, welche Epoche? An Romane ausgerichtet, also HdR/ Rad der Zeit/ Marion Zimmer Bradley/ Tamora Pierce/ Grimms Märchen/ usw. usw.?
Oder vielleicht ein Schuß Steampunk/ WoW/Schamanismus/ Voodoo?
All das beeinflußt immens die Art und Weise wie ein Heiler an solche Dinge herangeht.
Entgegen populärer Meinung war das Mittelalter ganz und gar nicht dreckig. Da war das Rokoko beudetend schlimmer und aus dieser Zeit stammt auch das uns in den Köpfen steckende Vorurteil "Baden tun nur die leichten Mädchen" was so übrigens auch nicht stimmt.
Natürlich hatten die Altvorderen keine Ahnung über Mikroorganismen, aber das eine dreckige Wunde schwärig wird haben die auch gesehen und das viele kranke Menschen auf engem Raum sich gegenseitig anstecken war ihnen auch klar.
Ich verweise auf die Schriften von Hildegard von Bingen und einschlägigen Benediktinern die nicht müde wurden zu betonen das es "schlechte Luft" gibt und Reinlichkeit direkt nach Gottesfurcht kommt.
Auf der anderen Seite standen Aberglaube und schlichtes Nicht-Wissen sowie von der Obrigkeit auch dumm gehalten werden, so dass eine Art Allgemeinwissen nicht vorausgesetzt werden kann. Auch hier geht es ganz klar um die Spielausrichtung die man bevorzugt und die Toleranz anderes Spiel zu akzeptieren.
Ähnlich verhält es sich mit dem "Krankheitsverständnis" an sich:
Auch wenn so Begriffe wie Blutdruck, Diabetes, Migräne und Schlaganfall erst in der Neuzeit aufkamen so haben die Ärzte früher (sofern sie nicht komplette Quacksalber waren) sehr genau beobachtet und Zusammenhänge erkannt. Damit meine ich Krankheiten wie Nierenversagen, Herzinfarkte, Gicht und Stoffwechselerkrankungen. Sie haben vielleicht nicht immer die richtigen Schlüsse gezogen und deswegen in unseren Augen abstruse Therapie hergeleitet aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie sehr genau erkannt das etwas nicht stimmte und den Menschen über kurz oder lang umbringen würde.
Infektionskrankheiten wie zB Pest/ Cholera/ Typhus/ Lepra usw. usw. sind ein Kapitel für sich aber auch hier war eine grundlegende Hygiene klar, sonst wäre man ja nie auf den Gedanken gekommen sie zu isolieren. Die Strafe Gottes ändert da auch nichts dran.
Was folgt daraus?
Als Heiler will man heilen. Sonst wird das Charakterkonzept ad absurdum geführt. Es hängt von jedem Spieler/ jeder Spielerin selber ab wie er/sie sein/ ihr Spielkonzept aufbaut und welche Dinge derjenige für sich selber ins Spiel aufbauen will oder eben nicht.
LARP im allgemeinen fördert in erster Linie chirurgisches Spiel auf dem Schlachtfeld, die wenigsten Charaktere sind außerhalb einer Akademie interessiert an Heilerspiel welches über blutige Operationen hinausgeht.
Lazarettspiel
Damit kenne ich mich aus Oo
Ich hab die ersten 3/4 der Engonienkampagne in Lazaretten verbracht. Das war zu viel und hat mir den Geschmack darauf ziemlich verleidet.
Folgende Probleme treten aus Heilersicht auf: es sind immer zu wenige Heiler da weil ja alle viel lieber kämpfen. Zu schlimmsten Zeiten hatten wir ein Verhältnis von 1:20!
Daraus folgt automatisch das die Spieler entweder elendig lange warten müssen bis sie dran sind oder aber das ausspielen schwer darunter leidet weil man sich selbst unter Druck setzt.
Ich habe in den letzten Jahren das ganze zu Spiel umgewandelt in dem ich triagiert habe, alle in Lebensrettenden-Maßnahmen-auf-dem-Schlachtfeld ausgebildet habe, einen ganzen Wurf an Lehrlingen hatte usw.
Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich mich in dem Bemühen den anderen schönes Spiel zu bieten so sehr unter Stress gesetzt habe das ich nach so einem Wochenende zerschlagener war als voher und das ganze mich zu sehr an meinen Job erinnerte.
Was also tun?
Keine Ahnung ehrlich gesagt. Aktuell gefällt mir unser Spiel mit dem kombinierten Heilungsansatz sehr gut: Ich flicke dramatisch Dinge zusammen und die Magier/ Kleriker sprechen ihren Segen drauf. Das ist super, es bringt Spiel für alle Beteiligten und der Zeitfaktor wird elegant gelöst.
Und in der Zwischenzeit träume ich von einem Seuchencon auf dem das gesamte Spiel in einem Lazarett statt findet...