Der Städtebund von Tangara > Brega

Nach dem Frühlingsfest, 20. Tag des 3. Mondes 264 n.J.

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Anders:
Gemächlich schlenderte die Kenderin an der Gaststädte entlang. Der Morgen war nach relativ jung und dennoch waren schon einige auf den Beine. Viele bedachten sie mit aufmerksamen Seitenblicken.
//Ob die hören können das ich Hunger habe?//
Oder schaute man sie immer so an?
Eigentlich achtete sie nicht darauf.
Aber jetzt musste sie. Auch wenn sie es im Moment nicht wollte.
Vor dem Tor hielt sie inne und dachte nach. Sie zog einen Halm aus ihren Haaren und strich sich damit über die Nase.
//Ich sollte mir nichts zu schulden kommen lassen, so wie es die Mönche genannt haben, jetzt wo ich vielleicht einen Lehrer gefunden habe. Aber mit Leerem Magen kann man nicht kämpfen. Und man hat mir gesagt das man auf seinen Bauch hören soll. Und der sagt ich hab Hunger. Und das sehr laut.//
Sie öffnete das Tor und trat ein.
//Vielleicht finde ich jemanden der mir etwas abgibt. Ansonsten... wenn ich es schaffe Joshua seinen Schnaps abzulugsen....//
Sie begann zu kichern. //Er sollte wirklich nicht so viel trinken, dann redet er so viel... und schläft im Sand...//
"Wo steckt er eigentlich... und die Anderen... hm?"

Vanion:
Lob und Tadel hatten Nahe beieinander gelegen an diesem Abend. In ein und demselben Satz hatte Isabeau Lionceur Vanion mehr als zurechtgewiesen - und ihm eine Gunst gewährt, um die er nie gebeten hatte. Meine guten Taten haben meine schlechten nicht ausgeglichen, sondern werden alleine beurteilt.  Dennoch hatte die Baronin nicht auf einer Strafe bestanden - wie der Herr von York es getan hatte, denn als nichts anderes empfand Vanion dessen Missachtung -, sondern Milde walten lassen. Der Ring war keine Belohnung gewesen - aber doch ein Zeichen der Anerkennung. Nicht die Anerkennung seiner Person, sondern seines Standes. Erst jetzt ging dem Knappen auf, dass die Dame von Goldbach mit diesem Ring nicht ihre Dankbarkeit ausgedrückt hatte - sondern einfach anerkannt hatte, dass Vanion Bachlauf, geboren in Tangara, von Stand war.
 
"Ja -  jetzt verstehe ich das. Ich habe vorher nicht wirklich darüber nachgedacht." Umso mehr bereute Vanion es, sich am Vorabend nicht am Riemen gerissen zu haben. Natürlich war es eine Kneipe gewesen, und, bei den Göttern, in Kneipen feierte man nunmal. Auch Lorainne hatte gelacht und getrunken. Aber man machte sich nicht lächerlich, und es gab gewisse Grenzen, die einzuhalten waren, zumindest für Männer von Stand.

Mel:
"Ich weiss." Diese schlichten Worte waren gleichsam Tadel und Vergebung.

Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie ihrer Stiefmutter dankbar, dass sie auf das gute Benehmen bestanden hatte und es oft mit Schlägen und Angst durchgesetzt hatte. Ihre Eltern hatten sie, soweit abgeschieden von Hofe, mit sehr vielen Freiheiten aufwachsen lassen. Sie hatten toleriert, dass Fulk ihr Grundlagen des Kämpfens lehrte, es toleriert, dass sie lieber im Heuboden schlief, als in ihrem Bett. Und all die Rittergeschichten, die sie schier verschlungen hatte.
Sticken, Nähen, Stopfen und Kochen war nie ihre Welt gewesen, sie hatte keine Ahnung, wie man einen Haushalt führte; sie wusste nur das, was die Baronin von Goldbach sie gelehrt hatte.
Doch zumindest konnte sie sich benehmen, wenn sie sich rechtzeitig bremste.

"Du wirst es schon noch lernen. Immerhin habe ich es auc h geschafft." Lorainne lachte.
Leah regte sich im Bett und zog kurz Lorainnes aufmerksamkeit auf sich.
Umgeben von Roqueforts. Feinde, die irgendwie zu ihrer Familie gehörten. Zumindest zur Zeit
Als sie sich wieder zu Vanion umwandte, war ihre Miene ernst. "Was wirst Du jetzt tun? Also, ich nehme an, Du willst die Abstammung Deines Vaters beweisen? Wenn Du Beweise findest, und den Anspruch durchsetzen kannst, was wird dann?"

Vanion:
"Mein Name ändert überhaupt nichts. Sei es nun de Roquefort, oder Bachlauf. Grade ich sollte wissen, dass man nicht der sein muss, als der man geboren ist. Vom Bauern zum Ritter, oder eher vom Falschspieler zum Knappen. Meine Abstammung zu beweisen würde vieles einfacher machen. Die Baronin würde nicht länger die Nase rümpfen, du müsstest dich nicht mehr für die Wahl deines Knappen rechtfertigen. In den Augen der Menschen wäre ich legitim von Stand, wie ich es vor den Augen der Götter bereits bin."

Und doch - mit Roquefort verband Vanion nichts als Hass und Schmerz. Was Savaric Lorainne angetan hatte, war unverzeihbar. Sein Onkel. Lorainnes stille, bittere Seitenblicke  auf Leah und auch auf ihn schmerzten. Aber warum leugnen? Warum etwas nicht wahrhaben wollen?

"Ich werde jetzt tun, was immer du verlangst. Ich bin dein Knappe, und das Wichtigste ist mein Weg zum Rittertum. Du kannst es dir nicht leisten, Kindermädchen zu spielen. Nicht für Leah, und auch nicht für mich. Du brauchst jede Hilfe, die du finden kannst, um deinen Anspruch durchzusetzen. Erst mit Savarics Tod wird meine Abstammung interessant, und egal, ob ich jetzt Beweise finden möchte oder nicht - Savaric würde nicht beiseite treten. Nicht für dich, nicht für mich. Ich werde keine Gelegenheit auslassen, Nachweise zu finden, aber es gibt, zumindest jetzt grade, Wichtigeres. Als Erstes bin ich Knappe der Chevalière de la Follye, nicht Barac de Roqueforts Sohn."

Anders:
Keiner schien wach zu sein von den anderen. Zumindest konnte Anders keinen entdecken.
Um dennoch ganz sicher zu gehen fragte sie lieber nach.
Auch der Mann den sich ansprach hatte niemanden gesehen. Nur den Knappen der Ritterin meinte er kurz gesehen zu haben. Mit etwas zu essen.
Sofort wurde Anders hellhörig.
Essen. Essen klang doch sehr gut.
Und Vanion war auch schon auf. Aber wahrscheinlich war er bei Lorainne. Und der süßen kleinen Leah. Unschlüssig stand die Kenderin im Hof. Vanion hatte bei den Göttern in letzter Zeit genug Probleme bekommen. Von allen Seiten hatte es Vorwürfe und Strafen geregelt. Und Lorainne schien sie nicht leiden zu können und es auch nicht gern zu sehen das sie mit Vanion befreundet war. Welchen Grund sie dafür hatte wusste Anders nicht. Und einen Vorstellen konnte sie sich auch nicht.
Also was tun?
Vanion suchen. Dann würde er wieder Ärger von Lorainne bekommen. Allerdings konnte sie dann auch fragen was sie vielleicht falsch gemacht hatte.
Im Moment hatte sowieso nichts zu tun, also machte sie sich langsam auf den Weg nach oben. Dabei begann sie wieder leise ein Lied vor sich her zusummen.

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