falls es wenn interssiert hier mein Conbericht:
Conbericht - Projekt Exodus – ein Battlestar Galactica LARP
Rahmendaten/Zusammenfassung
Das „Projekt Exodus“ war ein LARP im Battlestar Galactica-Universum. Größte Besonderheit dabei war sicherlich die spektakuläre Location: der Zerstörer Mölders, der 2003 außer Dienst gestellt wurde und seitdem als Museumsschiff im Marinemuseum Wilhelmshaven liegt.
Orga basa e.V., mit Unterstützung durch den Waldritter e.V. und die TwelveColonies.
Location Zerstörer Mölders, Wilhelmshaven, Unterbringung im CVJM Wilhelmshaven
Verpflegung Vollverpflegung je nach Zeitpunkt IT oder OT im Museum/CVJM
Preis 300€ (inkl. Vollverpflegung, Unterkunft und gestellten Kostümen)
Regelwerk DKWD(D)K mit besonderem Hinweis auf den „Play2lose“-Schwerpunkt und einigen Sonderregeln (dazu unten mehr)
Sonstiges Episodenspiel mit klaren OT Pausen dazwischen, Edu(cational)/NordicLarp mit einem gewissen Bildungsanspruch
TOPs:
Wie immer bei einem Bericht springt man gerne zu den Kritikpunkten, deshalb hier erstmal die wichtigsten der vielen TOPs aus meiner Sicht:
- Viel tolle Technik, die aber das Spiel nie beherrscht hat
- Der Episodenansatz, den ich für das Spielgefühl und viele andere Dinge als genial erachte.
- Neben der Location als geniale Basis auch eine sehr gute Deko und Ausstattung (vor allem Technik und Kostüme)
- Viel Infos vorab, tolle Charakterkonzepte und viel Spielansätze
- Aus meiner Sicht viele geniale und denkwürdige Momente im Spiel
So und jetzt dann zu den Details:
Location:
Der Zerstörer war natürlich top, das Schiff hat in ganz vielen Dingen (Soundkulisse, Gesamtwirkung, die Gänge und Räume, fehlendes Tageslicht) eben ein Raumschiffgefühl erzeugt, das ein noch so gut dekorierter Raum oder ein Bunker nie könnten. Daneben war die Ausstattung aber auch vorbildhaft. Viele kleine Accessoires (Bilder, Aufkleber, Einrichtung) haben das Flair enorm unterstützt.
Unterbringung war im CVJM Wilhelmshaven. Nichts Besonderes, aber ganz okay und ausreichend.
Technikeinsatz:
Ein besonderes Highlight war vor allem die verwendete Technik. Im ganzen Schiff waren Lautsprecher installiert über die Durchsagen und Schiffgeräusche eingespielt werden konnten. Im Labor gab es Kameras zum „geheimen“ Raum. Die Brücke sah mit den ganzen Bildschirmen und dem drum rum aus wie aus einem SiFi Film und nicht wie eine dekorierte Larplocation. Vor allem, dass die meiste verwendete Technik eben echt und real funktionierte hat eine enorme Immersion erzeugt. Das heißt, ich konnte real Funken, auf dem Dradis (Radar) gab es Kontakte die von der SL gesteuert werden konnten, die Anzeigen im Reaktor waren spielrelevant, etc. Interessant war eben auch das viele der technischen Rollen eine Einweisung in ihre jeweilige Aufgabe erhalten hatten und man damit als Zuschauer zwar gesehen hat das dort etwas passiert, aber selbst nicht fähig war z.B. das Schiff zu steuern einen Sprung zu berechnen oder immer im Detail zu verstehen was dort gerade passiert.
Regelwerk:
DKWDDK mit Fokus auf „play-to-lose“. Insgesamt hat die die ORGA sich auch Zeit genommen das Konzept allen Beteiligten zu erklären und die Ideen und Ziele dahinter zu vermitteln – sehr vorbildlich.
Im Großen und Ganzen ist das Konzept dann meiner Wahrnehmung nach auch bei den meisten Spielern angekommen. Alle verstehen es eh nie, aber die Anzahl an Teilnehmern die versucht haben den Plot™ zu lösen, oder möglichst effektiv zu handeln war erstaunlich gering. Besondere Erwähnung bekommen hier noch die Waffenregeln (die ich super fand) und die auch zeigen, dass man gerade in der Konfliktdarstellung mit anderen alternativen Regeln auch geniale und tolle Spielansätze und ein gewisses Flair erzeugen kann. Wie lief das ab: Waffen bedeuten Macht, d.h. jemand mit einer Waffe beherrscht quasi alle Unbewaffneten. Dabei wirkt eine Schusswaffe auf einen ganzen Raum und ein Messer nur auf die Person vor mir. Wenn es den zu einem Schusswechsel kam war klar geregelt, dass durch jede abgefeuerte Waffe jemand schwer verletzt oder tot ist. Dadurch hatten Waffen ein ganz anderes „Gefühl“ als im normalen LARP. Das Konzept hat dabei aber gerade aufgrund klassischer LARP-Konditionierung aus meiner Sicht nicht immer perfekt funktioniert, wenn doch hat es ein geniales Gefühl von Macht und Abhängigkeit produziert. Auf jeden Fall nachahmenswert.
Plot oder auch nicht:
Wie bei allen „Sandbox“ Konzepten gab es keinen eigentlichen Plot, sondern schlicht Aktion und Reaktion der einzelnen Charaktere miteinander. Dabei hatte jeder Charakter durch seine Gruppe gewisse Ziele und Absichten als auch eigene Motivationen. Dabei war die Charaktermotivation insgesamt gut gewählt und hat bei mir tolle Ansätze geliefert. Für uns als Marines war eine klare Motivation vorhanden und es gab viele Probleme und Konflikte innerhalb der Gruppe die im Laufe der Zeit auch wie geplant eskaliert sind. So war meine Absetzung durch die mir eigentlich fremde Kampftruppe eine der schönsten und emotional dichtesten Szenen im Spiel.
Der Story-Verlauf wurde nur durch einige Element und Ereignisse getriggert, lag aber damit im Großen und Ganzen komplett in Spielerhand. Meiner subjektiven Wahrnehmung hat dieses Konzept gut funktioniert. Wie aber immer bei diesen Konzepten gibt es meistens ein paar Rollen deren Ansatzpunkt fürs Spiel nicht wie geplant funktionieren und die deshalb in einer gewissen Sackgasse stecken. Hier hätte die Orga meiner Meinung nach im Spielverlauf noch etwas stärker eingreifen können um solche Probleme zu lösen. Wenn man alle Entwicklungen in Spielerhand legt ergeben sich schnell auch aus der Dynamik heraus Situationen die für einen Teil der Teilnehmer sehr unbefriedigend sein können.
Diese Art von Spielstil macht viel Spaß, erfordert aber eine hohe Reflexion der eigenen Handlungen im Gesamtkontext der Spielentwicklung. Hier hat man teilweise dann aber bemerkt, dass viele Teilnehmer mit dieser Form von Konzept und Spiel wenige Erfahrungen haben.
Episodenspiel:
Neben der reinen organisatorischen Notwendigkeit für Pausen (der Zerstörer war schweinekalt und Übernachtung war im CVJM) bin ich auch vom spielerischen her ein großer Fan von Episodenspiel. Durch die klar geregelte 4 Episoden (jeweils ca. 6-10 Stunden) gab es während dieser Zeit für mich keinerlei Out-Time Phasen, das Spiel war sehr dicht und man konnte trotzdem mit allen anderen ausgiebig abends an der Bar nochmal quatschen. Hier hat man aber aus meiner Sicht noch einiges an Potential verschenkt, da gerade die ersten drei Episoden quasi kontinuierlich hintereinander abgehandelt wurden. Gerade diese einzelnen Episoden hätten die Möglichkeit gegeben noch mehr Veränderung in der Konstellation an Bord der Hesperios zu ermöglichen indem man zwischen den Episoden Ereignisse triggert und damit die Situation an Bord verändert (dazu unten noch was bei der Kritik)
Educational LARP:
Im Großen und Ganzen war die Veranstaltung ein ganz normales LARP, dass dabei aber ein hohes Maß an Konflikt- und Charakterspiel sowie Immersion erzeugt hat. Ein Großteil des beabsichtigten Bildungsziels hat sich einfach durch das Setting und die Spielkonstellation automatisch ergeben (Macht durch Waffen, Umgang damit, Rassismus, Entscheidung in verzweifelten Situationen). Diese Punkte ergeben sich auch auf anderen Larps, hier wurde aber einfach durch Setting und Spielgestaltung deutlich stärker darauf hingearbeitet. Am Sonntag hat dann noch ein Reflexionsworkshop stattgefunden. Dieser wirkte für mich wie alle diese Themen etwas aufgesetzt in manchen Fragestellungen, war aber a) klar optional und b) eine gute Möglichkeit sich mit anderen Teilnehmern zum Spiel auszutauschen und hat dann doch zu einigen interessanten Diskussionen geführt und damit sein Ziel aus meiner Sicht klar erfüllt.
Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge:
Neben vielen positiven Punkten gibt es ein paar Punkte die ich anderes gestaltet hätte oder die mir im Spiel aufgefallen sind:
- „verlorene Rollen“ und teilweise deren Motivation: Gerade im Zivilisten-Umfeld gab es einige Spielmotivationen die aus meiner Sicht nicht ausbalanciert waren. Viele der vorhandenen Antipathien waren im Kontext der schrecklichen Ereignisse (Tod der gesamten Menschheit) schlicht nicht ausreichend. Ebenso gibt es immer tote Enden bei dieser Spielgestaltung, hier hätte aus meiner Sicht die SL Alternativen und Ideen bereithalten müsse um etwas steuernd einzugreifen.
- Episodenspiel: hier hat man aus meiner Sicht wie gesagt viel Potential verschenkt. Gerade die gewünschte Eskalation wie auch die „verlorenen Rollen“ hätte man hiermit besser steuern können. Ich hätte z.B. bewusst zwischen der 3. und 4. Episode neue Waffen an Bord gebracht umso das Gewaltpotential und damit die Eskalation zu forcieren. Hier hätte man mit einfachen Mitteln die Stimmung und Ausgangssituation an Bord korrigieren und ändern können und damit auch die Stimmung im Spiel
- Die Eskalation: teilweise wirkte für mich die Eskalation, vor allem in Episode 4. zu gewollt, hier hätte ich mir noch einen externen Trigger gewünscht.
- Emotionen: Trotz einer insgesamt aus meiner Sicht sehr guten Spielerschaft hat mir das emotionale im Spiel teilweise gefehlt. Emotionale Darstellung ist sicherlich sehr herausfordernd, ich hätte mir aber mehr verzweifelte emotionale Szenen gewünscht. Dabei danke an das Lazarett-Team, hier hatte ich mein Highlight beim gespielten Totalzusammenbruch meines Charakters.
- Die Technik: vielleicht war die Wahrnehmung nur subjektiv und die Aktionen waren von Spielern gesteuert. Aber aus meiner Sicht war die Technik des Schiffs zu oft fehlerhaft und gerade auf der Brücke hat sich so ein Gefühl von „externer“ Steuerung ergeben das die Spielmotivation deutlich negativ beeinflusste.
Die spielerischen Highlights und Danksagung:
- Der Sturm der Brücke nach dem andocken und das erste Gefühl an Bord der Hesperios zu sein.
- Die abgeschmetterte Machtergreifung der Politiker, die sich schlicht selbst zerredet haben und es mir so einfach machten die Militärherrschaft aufrecht zu halten.
- Meine Entmachtung und Absetzung durch den 2. Major und das Gefühl und die Blicke der gesamten Gruppe als ich diesen Raum betreten habe.
- Das gesamte Spiel als ich schwer verwundet im Lazarett lag
- Die Schlussszene als der Major beschließt an Bord der Hesperios bei den Zivilisten zu bleiben
- Das Gefühl „Adama“ spielen zu können und dann am Ende zu sehen wie alles wofür man gekämpft hat scheitert und vor die Hunde geht.
Danke an unsere Militärgruppe, im internen Spiel hätte selbst in der Reflektion fast nichts besser laufen können!
Danke ans Lazarett und DocWest für die emotional schönste Szene!
Danke an alle Mitspieler!
Danke ihr wahnsinniges Organisationsteam für dieses Spiel!
Fazit:
Für mich subjektiv eine der besten LARP-Veranstaltungen in den letzten 19 Jahren seit ich dieses Hobby betreibe und definitiv in den TOP 10 zu Hause. Meine vorgegebene Rolle war für meinen Spielstil perfekt und hat extrem viele schöne und spannende Spielsituationen ermöglicht. Die grandiose Location hat dieses Gefühl noch verstärkt und damit war selbst bei 300 EUR die Veranstaltung vom Preis-/ Leistungsverhältnis super. Immer wieder gerne wenn die ORGA neue Konzepte ausprobieren will, ich bin dabei!
Tobias Seybold – Major Miles Mountainham (MoD)
und das mit dem Schachspiel holen wir mal irgendwo ganz andres nach :-)