Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland
Die Rückreise von Norngard nach Goldbach, Sommer 266 n.J.
Nesrine:
Nesrine erwachte durch eine Bewegung und ein Geräusch direkt neben sich. Im ersten Moment war sie irritiert, dann jedoch erinnerte sie sich wieder an das, was an diesem Tag geschehen war.
Neben ihr saß ihre Patientin (Julienne, der Name war Julienne) fast aufrecht, hielt sich den Kopf und versuchte, möglichst leise zu stöhnen.
Sanft legte Nesrine Julienne ihre Hand auf den Rücken.
"'abt ihr schlescht geschlafen?", fragte sie flüsternd.
In dem Moment hörte sie ein leises Grummeln aus Juliennes Bauchgegend. Nesrine lächelte.
"'unger?"
Sie rappelte sich auf, stieg aus dem Bett und tapste zum Herd. Dort nahm sie eine Schale und einen Löffel vom Brett und füllte etwas Brühe ab.
Dann tapste sie zurück zu Julienne und gab ihr die Schale...
Lilac:
Julienne nahm die Brühe mit zitternden Händen und einem schwachen "merci" entgegen. Tapfer löffelte sie drauf los, doch schon bald wurde ihr die Schale zu schwer und sie gab sie zurück. Schwer atmend ließ sie sich zurück auf die Strohmatte sinken. Alles drehte sich um sie.
Nur unbewusst registrierte sie, dass die Fremde ihr den Löffel aus der Hand nahm, diesen und die Reste der Brühe wegbrachte und sich dann wieder zu ihr ins Bett legte.
Sie wollte noch etwas sagen, sich bedanken, Fragen stellen, aber es kam nur noch ein undefinierbares Gemurmel aus ihrem Mund...
Nesrine:
Nesrine war nicht verwundert, dass Julienne nicht aufgegessen hatte. Sie war, ganz im Gegenteil, eher erstaunt, dass die Kranke schon jetzt etwas hatte zu sich nehmen können.
Juliennes Gebrabbel beantwortete sie mit einem ruhigen Summen, dass ihr auch bei ihren anderen Patienten immer gute Dienste geleistet hatte.
Während sie mit einer Hand die feuchten Umschläge wieder an Ort und Stelle legte, strich sie mit der anderen beruhigend über Juliennes Kopf.
Bald darauf war die Gardistin wieder tief und fest eingeschlafen...
Lilac:
Julienne erwachte am darauffolgenden Tage und wusste erst mal nicht, wo sie war. Das Haus schien ihr seltsam vertraut und doch konnte sie sich nicht daran erinnern, es schon mal gesehen zu haben. Erst als sie sich aufsetzte und vor Schwindel die Augen schloss, wurde ihr klar, dass es der Geruch war, an den sie sich offenbar erinnerte. Klar; Holzrauch gab es in jedem Haus. Doch hier kamen weitere Gerüche hinzu, die sie offenbar mit dieser Behausung verband - Kräuter, der Duft von gekochten Rüben, geräucherter Wurst, frisch gemähten Getreides und von Tieren...
Tiere! Was war mit Hexe passiert?!?
Julienne versuchte, sich weiter aufzurappeln und bemerkte, dass sie nackt war, als ihr die Decke vom Leib rutschte. Sie sah an sich herunter und verzog das Gesicht. Nackt war sie wohl eher nicht zu nennen - bei all den Verbänden, in die sie eingewickelt worden war...
Sie zog die Decke wieder hoch und betastete die Wunden unter dem Stoff. Offenbar hatte sich jemand die Mühe gemacht, die Verbände mit Wein zu tränken. Jedenfalls rochen sie danach...
Als sie die Wunde am Hals betastete, verzog sie schmerzvoll das Gesicht. Da hatte wohl jemand ordentlich etwas an Wundfleisch weggenommen, denn die Verletzung erschien ihr größer und empfindlicher als zuvor. Auch beim Schlucken war es unangenehm...
Und ihre Kehle war ohnehin schon so trocken...
Julienne blickte sich auf der Suche nach etwas zu trinken um. Auf dem großen Tisch in der Mitte des Raumes stand ein Krug. Doch wie dorthin kommen? Irgendwie wusste sie, dass sie noch nicht stark genug sein würde, um einfach aufzustehen und bis zum Tisch zu laufen.
Die Gardistin versuchte abzuschätzen, welche Tageszeit es sein mochte, aber das wenige Licht, das durch die offene Tür und die mit Rohhaut bespannten Fenster fiel, ließ keinen Schluss zu.
Es war auch niemand draussen zu hören; vermutlich waren alle auf den Feldern, um die Ernte einzubringen...
Julienne lehnte sich zurück und machte sich auf eine längere Durststrecke gefasst.
Ihre Lieder schlossen sich...
Nesrine:
Nesrine kam kurz darauf pfeifend zurück ins Haus. Sie war im Stall gewesen und hatte die Tiere gefüttert. Dann hatte sie die zwei Kühe auf die Weide gebracht. Kurz hatte Nesrine überlegt, auch Juliennes Stute auf die kleine Koppel zu bringen, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Wer wusste schon, ob das unruhige Pferd sich nicht über den kleinen Zaun davonmachen oder sich später wieder einfangen lassen würde...
Im Haus sah sie zuerst nach ihrer Patientin. Als Nesrine näher kam, schlug Julienne ihre blauen Augen auf. Sie ließ sich geduldig die Stirn befühlen und bat dann leise und mit krächzender Stimme um Wasser.
Sofort sprang Nesrine auf und holte den Krug vom Tisch.
Durstig setzte sich die Gardistin das Gefäß an die aufgesprungenen Lippen und stürzte das Wasser herunter.
Nesrine konnte gerade noch eingreifen; sie nahm Julienne den Krug ab und gemahnte diese, die kalte Flüssigkeit langsam zu trinken.
Zunächst unwillig, dann jedoch resigniert seufzend, griff die Patientin erneut nach dem Gefäß und trank in langsamen, kleinen Schlucken.
Schließlich schien der größte Durst gelöscht zu sein, denn Julienne setzte den Krug neben dem Bett auf dem Boden ab.
Nesrine lächelte. "Isch würde nun gerne eure Verbände wechseln.", sagte sie, stand auf und holte einen Korb voller Verbandsmaterialien und seltsamen Tiegeln...
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