Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium

La Follye, 267 n.J.

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Simon de Bourvis:
Er sah auf und einen Moment lang leuchtete sein Gesicht auf mit einer Art Mutwillen. Vielleicht auch diebische Freude.
Als wäre er gerade der Einzige, der die Pointe einer besonders guten Geschichte verstanden hatte.

Schnell stand er auf und schob Arienne bestimmt auf einen Stuhl.

"Ma NOOOON. Ihr MÜSST noch bleiben n´est pas? Nun wollen wir die Verstorbene ehren, indem wir Geschichten erzählen, Lieder singen!"

Er liess sich mit einem Seitenblick auf Vanion wieder auf seinen Sitz fallen.

"Und beginnen, Mademoiselle, sollte man immer am Anfang!

Alors...

Es waren einmal zwei Ritter, die stritten für den Baron von Blanchefleur in seiner mesnie...das ist die Turniermannschaft.
Der Eine war älter. Ein hochgewachsener Mann mit vielen Siegen und grossen Ehren.
Der jüngere aber war voller Tatkraft und Ruhmsucht und wollte es ihm gleichtun.
Und sie waren Freunde. Gegner manchmal, Konkurrenten, ja...doch niemals Feinde.

Und so begab es sich aber, dass der Ältere, der der Schwarm vieler junger Damen war, eine Dame seines Herzens fand.
Doch weh! Sie war die Tochter eines Barons, unerreichbar für ihn, überdies die Tochter des grössten Feindes seines Lehensherren!
Doch übler noch: Sie liebte Bücher und Geschichten. Das Lanzenstechen nötigte ihr nur ein müdes Lächeln ab. Die Schwertkunst...die Jagd....

Und DOCH, er warb um sie. Und sie verlangte einen Preis, eine minnigliche Tat, eine Reise..."

Er unterbrach sich und trank einen Schluck.

"Eine Reise auf für ihn unbekanntes Gebiet. Schrecklich und schwer die Aufgabe!"

Er grinste

" Der Ritter sollte lesen lernen!...Und das tat er, quälte sich tage-, wochenlang mit Bernardus, Gisbert sogar Osric!
Und dann...
Als er sie eines Tages auf der Tribüne sitzen sah...da scherte er aus aus der Turnierbahn, blieb vor ihr stehen...Und las ihr da und dort vor!"

Er kicherte

"Manche sagen sein Gegner...der jüngere Ritter, von dem wir sprachen...habe drei Lanzen an ihm zerbrochen, und er sei lesend im Sattel verblieben."

Erneut trank er , schnaubend diesmal.

"Unsinn, natürlich, ich muss es wissen, ich war dabei!
Aber dennoch...
Die gute Catherine verfiel ihm nach dieser Tat.
Und gegen den Willen der Eltern und der Lehensherren heirateten sie, doch Lavinia lächelte.

Andere aber lächelten nicht.
Der Ritter wurde aus der mesnie geworfen, fiel bei seinem Lehensherren in Ungnade und lebte fürderhin zurückgezogen auf seinem kleinen Lehen.

Der jüngere ruhmsüchtige Ritter, der stieg nun auf im Ansehen. Doch auch er fand die Liebe."

Sein Blick wanderte an den beiden vorbei.

"Eine wunderschöne Frau.
Mit rabenschwarzem Haar.
Spitzer Zunge.
Und leuchtenden Augen.
Besonders wenn sie wütend war.
Ja.
Die fand er.
Und heiratete Sie.
Und es war gut. Eine wunderbare Zeit lang.
Eine kurze Zeit lang.
Und da trug sie dann ein Kind von ihm unter dem Herzen.
Doch seine Ruhmsucht trug ihn noch einmal fort.

Auf den Turnierplatz.
Fort von Lavinias Gnade ....zu Ruhm und Ehre.

Und als er nach Hause widerkehrte...
Da wartete Lavinia Admonetas Strafe.
Das Kind tot geboren, die Frau ihm gefolgt.

Da wurde dem jungen Ritter klar, wie weise der ältere gewesen war."

Er schwieg und blinzelte einige Male.
Dann lächelte er beide an.

"Der ältere Ritter aber, der hatte grosse Freude an seiner Frau. Und sie gebar ihm Kinder.
Und als Jules de la Follye schliesslich nach vielen Jahren starb, da tat er es um seiner Tochter Lorainne de la Follye das Leben zu retten.
Denn er wusste was Liebe bedeutet."

Er sah Vanion an

"So sollte jeder von uns den einen Menschen suchen, der für ihn bestimmt ist. Kein Schatten des Vergangenen, keine Gier nach Zukünftigem sollen unseren Blick auf ihn verschleiern.
Sonst schallt das Lachen des Täuschers und kein Auge leuchtet uns."

Arienne:
Simons Reaktion verwirrte Arienne. Perplex ließ sie auf den Stuhl schieben und nickte: "Ja gut wenn ihr eine Geschichte erzählen wollt höre ich gerne zu."
Dann rückte den Stuhl so zurecht, dass sie Simon sehen und ihm besser zuhören konnte.
Aufmerksam hörte sie der Erzählung von Simon zu und trank hin und wieder einen Schluck Wein.

Als Simon vom Lesenlernen erzählte musste sie auch grinsen und als er auf den jungen Ritter der angeblich drei Lanzen zerbrochen hatte kam musste sie lachen und schüttelte amüsiert den Kopf: "Heldengeschichten."
Sie fing sich jedoch schnell wieder und hörte weiter zu. Verstehen zeigte sich auf ihrem Gesicht als Simon von der Hochzeit des älteren Ritters erzählte.
Ihr Blick, der während der Geschichte auf Simon geruht hatte wanderte mit Simons Schilderung seines Schicksals ab und einen Augenblick lang wirkte sie abwesend. Simon und Vanion konnten sehen, dass es sie berührte. Nach einem tiefen Atemzug sah sie den Ritter wieder an. Sein Lächeln erwiederte sie, auch wenn es etwas unsicher und schief war, so war es dennoch ehrlich. Bei Simons Worten zu Lorainne und ihrem Vater zeigte sich wieder ein Lächeln, dazu ein bewunderndes Funkeln in ihren Augen, denn auch wenn es traurig war so bewunderte sie doch die Tat des Jules de la Follye.
Arienne wollte den Becher leeren besann sich dann aber, setzte sich gerade hin und hob den Becher: "Auf Lorainne! Auf unsere Lieben, die von uns gegangen sind und das Leben!"
Kurz warte sie auf die anderen und leerte dann ihren Becher.

Sie sah Simon nun direkt an: "Danke, dass ihr mir diese Geschichte erzählt habt. Sie ist inspirierend, auch wenn sie kein wirklich gutes Ende genommen hat. Ich weiß noch nicht so ganz wo mich mein Weg hinführt, aber ich werde dabei an eure Geschichte denken." Die junge Frau lächelte schief und seuftzte.
Dann fiel ihr etwas ein und ihr Blick fiel auf beiden Briefe und das Kästchen in ihrem Schoß. Kurz sah sie zu Vanion und nahm dann den Brief von Lorainne in die Hand. Etwas ruckartig strecke sie ihn Simon entgegen und zog ihn wieder ein Stück zurück, als sie dies merkte. Mit festem Blick sah sie den Ritter an: "Auf unserem Weg nach La Follye waren wir auch in Blanche Fleur. Dort hatte Lorainne ein Kästchen voller Briefe zurück gelassen, für den Fall ihres Todes. Die Mutter Oberin hat es aufbewahrt und gab es Vanion, damit er die Briefe zustellen möge. Ich habe es ..... " sie stockte als ihr bewusst wurde, dass sie Vanion und Lorainne ohne ihre Titel erwähnt hatte..., "Ich habe vom Chevalier die Aufgabe bekommen es zu verwahren. Gestern Abend habe ich die Briefe mit Fulk durch gesehen. Die Chevaliére hat auch einen Brief an euch verfasst. Dies ist er." Sie streckte ihren Arm wieder, sodass der Brief wieder näher am Chevalier war.

Vanion:
Der gewitzte alte Ritter hatte es geschafft. Vanion kannte diese Geschichte, kannte sie nur zu gut. Eine Reaktion blieb er jedoch schuldig, und als Arienne auf Lorainne anstieß, ergriff er die Gelegenheit nur zu gerne.

Dann, als sie Simon den Brief hinhielt, erhob Vanion sich.
"Ihr habt mich beschämt, Chevalier, und recht daran habt ihr getan. Nun zieren unsere Wappen dieselbe Halle, und nie soll Zwist zwischen uns herrschen. Einig wollen wir sein, und in unseren Taten soll sie weiterleben, die wir beide geliebt."

Vanion ließ mit keinem Zeichen erkennen, von wem er sprach. Stattdessen neigte er sacht den Kopf und verabschiedete sich.
"Entschuldigt mich nun, Herr Simon. Ich will ein letztes Mal um Lorainnes Willen beten. Lavinia erhalte Euch."

Simon de Bourvis:
"Tiors Segen, Herr Vanion" Er neigte den Kopf.
"Und danke für den Botendienst meine Dame" Er nahm das Schreiben und liess eine zumindest vor zehn Jahren einmal höfische Verbeugung folgen.
"Aber nun, wenn es Euch auch seltsam anmuten mag..."
Er biss sich auf die Lippen.
"Ich muss nun etwas tun, was mir weder Freude bereitet, noch meinem Ansehen zutäglich sein wird.
Aber das Ansehen der LaFollyes...nun ja ...das Ansehen der einzig verbliebenen LaFollye...bemisst sich auch daran, ob die Feier dergestalt ist, wie man es erwartet.
Und der gute Fulk ist ein treuer Verwalter, ein guter Waffenmeister und gerechter Vermittler. Aber es fehlt ihm an Gespür, wie man die Herren dem Anlass gemäss unterhält.
Der Spielman allein wird es nicht richten."
Er lächelte Arienne etwas gequält an.
"Richtet nicht über den Norden, anhand dessen, was nun geschieht. Es würde zu weit führen es jetzt zu erklären.
Manchmal sind wir wohl etwas ... kompliziert.
Verzeiht."

Er erhob sich, räusperte sich laut und bemühte sich um eine möglichst würdevolle Miene.
Als zumindest ein paar der Anwesenden zu ihm blickten, hob er den rechten Arm und brüllte in Richtung des Spielmannes: "BRAVE CHEVALIER!"

Als der Spielmann die ersten Töne zupfte, begann er zu singen, etwas aus der Übung, etwas heiser, aber immerhin nicht schief.
"Bravement l'audacieux Chevalier
Est monté en avant de son château.
Il n'avait pas peur de mourir!
Il n'avait pas du tout peur
D' être tué d'une manière méchante,
Le brave, brave, brave Chevalier."

Die, die das Lied kannsten, grinsten bereits erwartungsvoll, bereit für ihren Einsatz, während die Melodie dahinplätscherte.

"Il n'était pas du tout effrayé
D' être écrasé dans une pulpe
Ou d' avoir ses yeux gougés dehors
Et ses coudes cassés
Pour faire dédoubler ses rotules
Et son corps brûlé
Et ses membres tous entaillés et mutilés
Brave Chevalier."

Die Musik nahm Fahrt auf und die ersten fühlten sich bemüssigt in die bekannten Verse einzustimmen.

"Sa tête fracassée
Et son coeur coupé
Et son foie enlevé
Et ses entrailles débranchées
Et ses narines violées
Et son derrière..."

Das makabere Lied steigerte sich zum Wechselgesang, bi dem die Gäste nun abwechselnd und ad libitum immer neue Todesarten für den tapferen Ritter erdachten.

Erst als nach einer Weile alle erschöpft waren und niemandem mehr etwas einfiel, klang das Lied im Chor aus.

"Quand le danger a levé sa tête laide
Le plus brave Chevalier d'entre tous les braves
Il a bravement tourné sa queue et s'est sauvé
Oui le brave Chevalier à prit la fuite
Et vaillamment il repris son chemin de froussard
Bravement de la prise à ses pieds
Qu'il fu un retré très courageux
Le plus courageux brave Chevalier!"

Man beklatschte sich ausgiebig und dann folgte von weiter oben am Tisch der Ruf, den Simon befürchtet hatte.
"La novice de Blois!"

Er setzte sich, denn glücklicherweise fanden sich genug Sänger für das wohl bekannteste und schmutzigste Lied aus dem Norden.

"Le novice de Blois était une chienne cornée,
elle était toujours attachée à moi,
tout comme mon frère..."

Die Nacht würde lang werden, aber LaFollye würde als Ort einer angemessen denkwürdigen Feier in Erinnerung bleiben.

Isabeau Lioncoeur:
Isabeau hob lächelnd die Augenbraue als Simon das Lied anstimmte, sie hatte sich bereits gefragt wann es losgehen würde. Sie murmelte Berengar etwas erklärendes zu und stimmte in das erste Lied mit ein.
Als die Novizin erklang, erhob sie sich und begann allen eine gute Nacht zu wünschen, um sich dann zurück ziehen zu können. Sie gab damit allen Damen die Möglichkeit sich zu verabschieden, da sie sich auf sie berufen konnten und gleichzeitig gaben sie das Feld frei für die Ritter und Soldaten auf ihre ganz eigene Art und Weise von einer der ihren Abschied zu nehmen.

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