Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium
La Follye, 267 n.J.
Jelena:
Jelena atmete erleichtert auf als der Gutshof von La Follye vor ihr aus dem Regen auftauchte. Trauer lag in der Luft und wenn ihre Ankunft noch vor kurzer Zeit misstrauisch und neugierig beäugt worden wäre, so wussten bereits alle weshalb Fremde auf der Straße waren und taten nicht mehr als sie wahrzunehmen.
Sie ritt auf den Innenhof und wurde vom Gesinde empfangen, nachdem sie sich vorgestellt hatte wurden die Pferde versorgt und ihr wurde der Weg zum Haupthaus gewiesen.
Sie stand eine Zeitlang stumm vor der Tür, sobald sie diese Schwelle überschritten hatte, würde die Nachricht Gewissheit werden.
"Wir wollten heiraten, er hat mir einen Antrag gemacht, noch bevor wir von dem Kind wussten. Als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, wollte ich dieses Kind nicht. Wir haben uns gestritten, angeschrien, ich glaube, dass er kruz davor war mich zu schlagen, doch schließlich haben wir uns gefreut. Wir wären eine Familie gewesen, wenn er nicht..." Lorainnes Stimmer brach und sie starrte nahezu eine Ewigkeit in die Flammen.
"Ich vermisse ihn, ich habe manchmal das gefühl, als könnte ich nicht atmen, ich vermisse selbst die Streitereien." flüsterte sie leise und schaute Jelena an. Unendliche Verzweiflung schien aus ihrem Blick zu sprechen, doch auch etwas anderes. Eine Spur Hoffnung.
"Als ich hörte, dass er tot ist, konnte- wollte ich es nicht glauben. Erst als Sasha und Maugrim mir seine Überreste brachten, da musste ich es glauben. Und mein erster Gedanke war, ihm zu folgen, niemand hätte mich davon abhalten können. Doch da spürte ich den ersten richtigen Tritt. Vorher war es eher ein Flattern, wie der Flügelschlag von einem Schmetterling. Sanft, als wollte es nur sagen, dass es da ist. In diesem Moment war es anders. Es schmerzte. Ich krümmte mich zusammen, schrie und kauerte mich schließlich selbst wie ein Baby zusammen. Erst als ich wieder zu mir kam, wusste ich, dass ich es nicht aus Verzweiflung getan hatte und um mich meinen Schmerz hinzugeben, sondern mehr, um unser Kind zu schützen. Vor meiner Verzweiflung, vor der Welt, vor dem Schmerz, den ich zu überwinden hatte. Ich will nicht sagen, dass es gut funktioniert, aber Benjen ist für die Familie gestorben, für die La Follyes und für die Familie, die er und ich hätten haben sollen. Und alles wäre umsonst gewesen, wenn ich mich jetzt in ein Schwert stürzen oder Gift zu mir nehmen würde. Und er hat mir etwas so Kostbares hinterlassen. Und dieses Kind ist alles, was mir von ihm geblieben ist. Und ich weiss, dass ich dieses Kind allein schon um seines Vater willen lieben werde, aber ich brenne auch darauf, dieses Wesen kennenzulernen, um herauszufinden, was es von Benjen hat, und was von mir."
Lorainnes Blick war offen und sie lächelte. Dieses Kind hielt sie ihm Leben, mehr als es ihr Pflichtgefühl je gekonnt hätte und sie freute sich offensichtlich darauf.
"Und darum bin ich zu Dir gekommen- Ich habe nicht viel Erfahrung, und jetzt soll ich ein Kind gebären. Und ich habe schreckliche Angst, dass etwas schiefgeht und ich es nicht überleben werde. Darum bitte ich Dich: Würdest Du mein Kind auf die Welt holen und darauf achten, dass ich, wenn möglich, nicht sterbe?"
Sie atmete tief durch und klopfte an.
Lorainne:
--- Zitat von: Arienne am 14. Jan 19, 20:14 ---... Vanion stellte sie vor und so nickte sie grüßend. Still stand sie da und wartete bis Vanion geendet hatte, erst dann ergriff sie das Wort: "Es freut mich euch kennen zu lernen Herr Fulk. Ich habe hier ein Kistchen mit Briefen von Lorainne", Sie hob das Bündel in ihrer linken Hand an, sodass Fulk es gut sehen konnte,"Ich weiß nicht an wen die Briefe alle sind, denn ich habe sie nicht durch gesehen. Bei den Briefen liegt auch ein Abschrift des Testaments der ehrenwerten Chevalière. Auf dem Umschlag steht zwar Chevalier Vanion, aber er hat ja schon gesagt, dass ihr das Testament lesen solltet. Gebt mir einfach Bescheid wenn ihr mich braucht." Sie sah Fulk für einen Augenblick direkt an. In ihrem Blick stand Mitgefühl.
--- Ende Zitat ---
Eindringlich musterte Fulk die junge Frau aus seinen blauen Augen. Sie erinnerte ihn ein wenig an seine tote Herrin. Den Kopf stolz erhoben, das Kinn energisch nach vorne gestreckt und etwas Unsicherheit im Blick, so wie er bei Lorainne oft bei Hofe vorkam. Ein Parkett, dass sie weder gewohnt war, noch mochte.
Er mochte Arienne auf Anhieb.
"Mademoiselle von Mühlenbruch, nach dem Abendessen, wenn es etwas ruhiger ist, stehe ich Euch gerne zu Diensten. Ich denke, wir sollten uns unterhalten." Er lächelte. Es kam ih sovor, als lächelte er zum ersten Mal seit Jahren und es fühlte sich seltsam an. Es war nicht dieses resigniert liebevolle Lächeln, mit dem er Anders bedachte (oder Lorainne, wenn sie sich wieder etwas in den Kopf gesetzt hatte), sondern ein offenes und freundliches Lächeln, wenn man eine alte Freundin wiedersieht.
Anerkennend nickte er Vanion zu.
"Eine kluge Entscheidung, alter.. Freund."
Jelena wurde geöffnet und sie wurde ebenfalls in den Saal geführt. Ein Knecht flüsterte ihm ins Ohr, wer da den Weg zu ihnen gefunden hatte, doch Fulk brauchte keine Details. An den Reaktionen der Umstehenden merkte er, dass diese Frau hier viele Freunde hatte und die Vermutung lag nahe, dass Lorainne auch eine davon war.
Oder, nachdem Fulk sie eingehend gemusterte hatte, sie vielmehr für Lorainne.
"Bienvenue à La Follye, maitrisse."
Jelena wurde der Mantel abgenommen und heißer Würzwein angeboten.
Jemand feuerte den Kamin nach, und Jelena wurde dort ein Platz angeboten, nah bei Anders und Berengar.
Vanion:
Vanion überging geflissentlich, dass Arienne sich noch nicht entschieden hatte, ob sie in den Knappenstand eintreten würde oder nicht. Wenn das, was in den letzten Wochen geschehen ist, sie nicht schreckt, dann ... ja, dann wird sie vielleicht meine Knappin.
Fulks unmerkliches Zögern entging dem Ritter nicht. Es versetzte ihm einen Stich, und seine Miene verhärtete sich für einen Moment. Fulk, wie jeder Firngarder, hatte seinen Eidbruch nicht vergessen, doch dass der alte Waffenmeister ihn dennoch einen Freund geheißen hatte, war ein gutes Zeichen. In diesem Moment wurde Jelena hereingeführt, und Vanion wandte sich mit einer höflichen Floskel von Fulk ab und schritt auf sie zu, um sie zu begrüßen.
Jelena:
Unter dem Mantel kam Jelenas Trauerkleidung zum Vorschein: ein Kleid und ein Umschlagtuch in rot, der Farbe des Blutes. Sie hatte die Kleidung erst im vergangenen Oktober abgelegt, nur um sie kurze Zeit darauf wieder hervorzuholen.
Sie begrüßte Fulk angemessen und stellte sich vor. Nachdem sie ihr Mitgefühl ausgesprochen hatte, sagte sie allen anderen Hallo.
Sie nahm dankbar den Becher an und wärmte sich am Feuer auf, während sie Vanion, Berengar und Anders müde zulächelte. Später würde sie Zeit und Kraft haben sie zu fragen, was genau passiert war, würde Anders in den Arm nehmen und Berengar helfen die Schatten in seinen Augen einzudämmen. Ihr Blick schweifte zu Vanion und sie seufzte innerlich, das war eine ganz andere Geschichte.
Nach einigen Augenblicken waren ihre Hände und Füße nicht mehr kalt und sie setzte den Becher vorsichtig ab.
"ich möchte sie jetzt sehen, bitte."
Fulk führte sie schweigend in den Raum in dem Lorainne aufgebahrt war und ließ sie dann allein.
Lorainne sah sie mit hochrotem Kopf an:
"Äh.. und dann? Also, wenn man sich sicher ist, dass man... äh.. beinander liegen möchte?"
Jelena war hin und hergerissen zwischen dem Verlangen zu lachen und dem Versuch Lorainne nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen.
"Lorainne, du hast die letzten Jahre unter Soldaten verbracht, die Mechanik des ganzen ist dir doch bekannt, oder?"
Jelena setzte sich neben sie und drückte ihr einen Becher Tee in die Hand.
"Die Menschen hier machen viel Blödsinn wenn es um körperliche Nähe geht. Manche machen sich viel zu viele und manche zu wenige Gedanken darum wen sie mit ins Bett nehmen. Im Grund genommen sind nur zwei Dinge wichtig: es darf nie Zwang sein und es sollte sich gut anfühlen. Wenn du den einen Menschen triffst, bei dem du dich zu Hause fühlst, dann kommt der Rest von ganz alleine. Und jetzt erzähl mir von ihm!"
Sie strich über ihr Gesicht und fuhr mit sanften Fingern die Narben entlang. Mehr als eine davon war ihr Werk gewesen: diese hier nach Brega, diese nach dem Ahrnwall. Ihre Hände fuhren ihren Körper entlang: mehr Narben, starke Muskeln, Zeichen ihrer Mutterschaft. Für sehr viele dieser Stationen war sie da gewesen, für manche nicht. In den letzten Jahren, vor allem seit der Geburt ihrer Tochter, war sie für den Orden unterwegs gewesen und sie hatten kaum Kontakt gehalten. Wenn sie sich gesehen hatten, dann waren schreckliche Dinge geschehen und es war wenig Zeit und Muße gewesen miteinander zu reden.
Jelena setzte sich auf einen Schemel und strich Lorainne sanft die Haare aus dem Gesicht.
"Na ne na Neretvu misecina pala
A ja s monon dragom zoru docekao
Zori zoro bila da bi ne zarila
S mojon si me dragom, zoro, omrazila
Lipa, lipa ti je vecernja vedrina
Kad obasja s njom me sjajna misecina
Mise misecina zasjala u vrata
Mene mene draga grli oko vrata
Mise misecino tužit cu te Bogu
Što po što po tebi ljubovat ne mogu"
Ihre Stimme war rau, manchmal auch schief, aber sie schaffte das, was sie immer tat: sie nahm für einen Augenblick die Sorgen fort und schenkte Frieden. Und so sang Jelena vom Mondschein und dem Geliebten und der tückischen Morgenröte, die beides fortnahm.
Isabeau Lioncoeur:
Die Dämmerung war hereingebrochen und brachte eisige Winde und nasse Kälte mit sich.
Die kleine Gesandtschaft kämpfte sich über die Straße durch den Foret d'Artroux bis sie schließlich den Gutshof vor sich sahen. Es dauerte nicht lange und ihre Farben wurden erkannt, emsige Geschäftigkeit brach aus, man wollte die Baronin und ihre Begleitung schnellstmöglich ins Trockene bringen.
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