Die Gebiete in Caldrien > Das Caldrische Imperium
La Follye, 267 n.J.
Berengar von Thurstein:
Schon während des Abendessens hatte ihn eine furchtbare Müdigkeit überkommen. Die Ereignisse der letzten Wochen und Monate, gepaart mit dem immer wieder kehrenden Verlust von Menschen, die er viel zu nah an sich heran gelassen hatte, forderten offenbar endlich ihren Tribut, nachdem nun der lähmende Schrecken allmählich abzuklingen begann. Und so hatte er sich ohne viel Aufhebens bei der ersten sich bietenden Gelegenheit entschuldigt, und sich mit Anders zusammen zurück gezogen.
Er hatte dafür Sorge getragen, dass sie sich auch wirklich hinlegte und war dann einfach bei ihr geblieben. Zum einen, damit sie nicht alleine aufwachen würde, wenn der Schlaf sie nicht zu halten vermochte, zum anderen, um selbst nicht allein zu sein. Mitten in der Nacht schreckte er jedoch auf und tastete instinktiv nach dem Messer, welches er früher immer in Griffweite gehabt hatte. Als seine tastenden Finger jedoch nur das Haar der Kenderin fanden, kam er ganz zu sich und sah sie lange schweigend an.
Ein innerer Drang überkam ihn, Lorainne aufzusuchen, doch widerstand er dem Gefühl eisern, um Anders nicht im Stich zu lassen. Stattdessen erhob er sich vorsichtig und legte ein Scheit auf das herunter gebrannte Feuer, welches den Raum warm hielt. Sodann entzündete er zwei kleine Kerzen und fing an, neben dem Kopfende des Bettes aus einem alten Märchenbuch vorzulesen. Leise, und für niemand bestimmten, doch es lenkte ihn ab, und ließ Anders wissen, dass sie nicht alleine war.
Vanion:
--- Zitat von: Isabeau Lioncoeur am 20. Jan 19, 00:39 ---Isabeau nahm diese Neuigkeit bedächtig auf.
Sie schwieg und ihr Blick fiel wieder auf Lorainnes Gesicht.
"In den letzten zehn Jahren gab es nur sehr wenige Augenblicke in denen sie so friedlich aussah."
Sagte sie scheinbar zusammenhangslos.
"Und das war, wenn sie auf Goldbach mit ihrer Tochter zusammen spielte. Es zerriß sie jedes Mal wenn sie wieder fortreiten und sie zurück lassen musste. Sie tat es weil sie es tun musste, weil ihre Verpflichtungen es von ihr verlangten. Aber sie tat es immer in dem Wissen, dass Goldbach alles dafür tun würde, dass Judith auf sie warten konnte."
Sie strich Lorainnes Haare aus ihrer Stirn.
Als sie wieder sprach, da klang die unerbittliche Härte firngarder Stahls in ihrer Stimme:
"Wenn dieser Barbar der Grund dafür ist, dass Lorainne ihre Tochter nicht aufwachsen sieht, dann wird er dafür bezahlen."
--- Ende Zitat ---
Wenn Vanion so etwas hörte, war sein erster Reflex immer, die betroffene Person in Schutz zu nehmen. Er wusste nur zu gut, was es bedeutete, den Zorn der Baronin auf sich zu lenken. Aber hier, an diesem Ort, war jede Tünche überflüssig. Er war wütend ob der Art, wie sie gestorben war. Er war wütend auf Ysander, der der erste gewesen war, ihm zu sagen, was geschehen war. Ysander hätte es besser wissen müssen, als sich einfach fortschicken zu lassen. Und Berengar! Was war eine Ritterbruderschaft wert, wenn man nicht füreinander einstand? Und dann waren es ausgerechnet die Äxte, auf die Vanion einiges gehalten hatte, unter deren Führerschaft Lorainne gestorben war. Ja, vielleicht tat er manchen Unrecht. Vielleicht hätte auch er Lorainnes Tod nicht verhindern können. Vielleicht war es der Wille der Götter gewesen, und vielleicht hatte Lorainne nur allzu gern ihr Lebensbuch geschlossen. Er wusste all das.
Aber es war so ungerecht. Sie war ihm genommen worden, nach allem, was sie miteinander, füreinander, gegeneinander durchgestanden hatten. Sie war fort, fort, fort, und alles, was nun noch blieb, war kalte, hallende Leere. Zu einem Nichts war sein Leben verkommen, all seine Taten galten ihm nichts in diesem Moment.
Er mühte sich nach Kräften, die giftigen Gedanken, die in ihm gereift waren, zu bändigen, aber es half nichts. Lorainnes Tod wäre nicht geschehen, hätte auch nur einer, der dort gewesen war, sich gesorgt. Sie alle hatten versagt.
"Er wird bezahlen. Sein Stand schert mich nicht."
Isabeau Lioncoeur:
Isabeau beobachtete den kochenden Ritter vor sich, ihr Gesicht wieder unergründlich.
Die Beziehung zwischen den beiden war nie einfach gewesen und durch Vanions Eidbruch für eine Zeit lang völlig zunichte gemacht worden.
Jetzt herrschten andere Bande zwischen ihnen, andere Verpflichtungen und Erwartungen.
Sie drückte Lorainne einen Kuss auf die Stirn und flüsterte ihr etwas ins Ohr, bevor sie aufstand.
Sie nahm ein einfaches Lederband von ihrem Hals, an dem ein Ahornblatt baumelte und legte es Lorainne um.
"Au revoir, mon Soeur, möge Lavinia dich in ihrem Schoß wiegen."
Sie wickelte die Decke wieder um sich und wandte sich zum gehen.
"Wenn ihr euch blindlings von eurem Zorn leiten lasst und all das zerstört was ihr in den letzten beiden Jahren aufgebaut habt, dann ehrt ihr weder sie noch ihr Andenken, Chevalier."
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sie bevor sie die Decke über den Kopf zog und leise den Raum verließ um unerkannt in ihr Zimmer zurück zu kehren.
Vanion:
Isabeau hinterließ eine schwere Stille, in der er sein eigenes Herz klopfen hören konnte.
Die Mahnung der Baronin hatte ihn getroffen, auch wenn sie sanft gesprochen worden war. Ein Nachhall der Hand seiner Frau Minne wärmte seine kalte Schulter, und als er schwand, kniete der Ritter neben der, die ihn zum Ritter gemacht, nieder. Sanft strich er ihr übers Haar.
"Sag mir, was ich nun tun soll, Lorainne. Bitte sag es mir." Verzweiflung überkam ihn, und endlich, endlich begriff er vollends, dass Lorainne tot war. Dass sie nicht wiederkehren würde, dass keine Strafe, kein Lohn, keine Tat, die jemand vollbringen konnte, sie wiederbringen würde. Und warum, warum sollte jemand das auch tun? Sie hatte den Ritterstand geziert, gegen alle Widerstände. Hatte einen Krieg gefochten und gewonnen, das Lehen ihrer Vorväter zurückgewonnen, einem Kind ein Erbe hinterlassen, von dem noch Generationen singen würden. Einen Bauern hatte sie zum Ritter gemacht, und durch den Dienst an Lavinia hatte sie Buße getan für alle schlimme Taten, die sie auf Erden begangen.
Eine einzelne Träne rann seine Wange herab. Es war die letzte, die er um sie weinen würde.
Lorainne de la Follye des Joux, deren Ahnen vor über hundert Jahren über das große Meer gekommen waren, hatte diese Welt verlassen.
Ihr Knappe würde wachen in ihrer letzten Nacht.
Ulrich:
Im Kloster, und auf der Reise war er nur ein Schatten gewesen. Niedergeschlagen im leichten kalten Nieselregen inmitten Firngards. Der Wälder und Wiesen um die er einst gekämpft hatte. Alles fühlte sich taub an. Die Umgebung dunkel und hinter Nebel. Sein Arm lag in einer Schlinge und er dachte gar nicht mehr daran ihn weiter zu rühren.
Sie hatten La Folley erreicht und das erste was durch den Schleier der Taubheit drang war Anders Schrei. Es riss ihn hoch und in ihm brach etwas. Beschützen, dass war alles, was er wollte. Und nun war es so gekommen. Niemand anders als der Täuscher war an dem hier Schuld. Alles nur ein Spiel für ihn... Lorainne war am selben Ort gestorben, andem sie zur Ritterin wurde. Reine Ironie und er wusste ganz genau das der Listige nun in seinem Reich saß und lachte. Er konnte es hören.
Anders hatte ihn nur kurz angesehen aber vielleicht nichteinmal erkannt. Vanion war in ihrer Nähe gewesen und später hatte Berengar sich ihr angenommen. Und Ulric würde in Lorainnes Nähe bleiben bis sie ihre letzte Ruhe gefunden hatte. Er saß lange Zeit in dem Raum indem Lorainne aufgebahrt war. Irgendwann, es war schon längst dunkel geworden, war er hinaus gegangen und hatte sich auf einen Stuhl gesetzt. Von dort aus erkannte er wie die Baronin in eine Decke gehüllt den Raum betrat indem die Chevallier lag. Er nahm es nur noch halb wahr und schlief kurz darauf ein.
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