"Non! Non! Nischt zie'ön!", rief Julienne und Verzweiflung machte sich in ihr breit.
Die Ansage, dass die Garde nun in berittenen Trupps durch die Baronie patrouillieren sollte, ließ nicht nur ihr den Schweiß ausbrechen.
So mancher Gardist hatte zuletzt als kleiner Bengel auf Großvaters Ackergaul gesessen und dementsprechend waren die reiterischen Fähigkeiten der meisten Gardisten eher als beschränkt zu bezeichnen.
Kam die neue Order Julienne und Nesrine und auch einigen wenigen anderen zwar sehr gelegen, so löste sie Unbehagen bis Angst bei anderen aus.
Doch da nicht immer die gleichen wenigen Gardisten mit den Pferden unterwegs sein konnten, war die ein oder andere Reitstunde für die anderen unumgänglich.
Dabei stellten sich die Gardisten je nach Persönlichkeit und natürlicher Begabung ganz unterschiedlich an.
Recht bald zeigte sich, für wen die neue Aufgabe eine willkommene Bereicherung des Dienstes und für wen es eher eine Qual darstellte.
Schlussendlich gab es zum Glück genug talentierte Leute, sodass jene, denen der Zugang zur Reiterei völlig abging, auch weiterhin am Boden ihren Dienst tun konnten.
Ein anderes Thema waren hingegen die eingesetzten Tiere. Die meisten Reitpferde und Maultiere auf Goldbach waren brav und willig. Doch auch das ruhigste Ross hatte seine Eigenheiten und es war nicht immer leicht, den rechten Deckel zum Topf zu finden.
Und was im Hof funktionierte, musste draußen noch lange nicht klappen...
Also standen Julienne und Nesrine im Innenhof und halfen, indem sie ihr reiterisches Können weitergaben und indem sie mit scharfem Auge die besten Ross-Reiter-Paarungen ausfindig machten.
Der brave, wenn auch gelegentlich sture Jacques war bald bei allen beliebt. Da er Nesrine gehörte und die ihn wirklich nur an jene verlieh, die das Maultier gut behandelten, gab es bald kameradschaftliche Rangeleien darum, wer die Gardistin am besten für sich vereinnahmen könnte. Auf einmal sah sich die sonst so scheue und zurückgezogene Nesrine einem großen Haufen von Menschen gegenüber, von dem ihr jeder einzelne etwas schenken oder ihr eine Gefälligkeit zugute kommen lassen wollte.
Doch es bangte so manchen, als - sehr zu Juliennes Verzweiflung - verkündet wurde, dass auch Hexe von anderen geritten werden müsste.
"Mach es möglich, oder das Tier wird ersetzt!", lauteten die harten Worte, die Julienne immer wieder in den Ohren dröhnten.
Also stand sie nun unglücklich neben der unglücklichen Stute, auf der ein unglücklicher Gardist saß.
Es war Antoine, einer der besten Reiter in der Garde.
Gerade schüttelte er - wieder einmal - seinen schwarzen Lockenkopf.
"Julienne, ich sehe dich doch immer wieder mit ihr kämpfen. Und du reitest sie immer - kennst sie in- und auswendig. Wie in Lavinias Namen soll ich oder irgendjemand anders da draußen mit ihr klar kommen?"
Julienne hatte - wieder einmal - keine Antwort auf diese Frage.
Also nahm sie die Schultern zurück, sagte "Alors, das bekommön wir schon 'in!" und erklärte erneut, dass der Gardist beim Abwenden nicht zu doll am inneren Zügel ziehen durfte...