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Nun wurden seine Züge wieder ernst. "Ich hoffe, dass ich ihm gelegentlich Ehre mache mit meinem Tun, meinen Methoden und meinen Erfolgen. Mein Rat wäre, dass du ein Schillhard für Arienne sein solltest, ohne dabei aufzuhören, Vanion zu sein."
Nachdenklich sah Vanion Berengar an, dann wanderte sein Blick unwillkürlich zu Lorainne. Als Berengar seinem Blick folgte und Vanion dies bemerkte, schmunzelte der caldrische Ritter. "Die Lehren deines Rittervaters waren wohlgesetzt und weise. Eine gute Schule. Meine Knappenzeit war eine andere. Mein Werdegang ist es, der mich von anderen meines Standes unterscheidet, und der mich zu dem gemacht hat, was ich bin. Lorainne hat wenig Worte verloren, aber stets durch Taten geglänzt. Sie ist das Vorbild, dem ich nachgeeifert bin über lange Jahre. Durch meine Adern fließt firngarder Blut, aber aufgewachsen bin ich als Bauer in Tangara, und man belächelt die förmlichen Adligen dort. Mein Vater hat das allerdings nie zugelassen, und mittlerweile weiß ich, weshalb. Ich wünschte nur... Ich - ich wünschte, ich hätte es ihm sagen können. Er hat nie erfahren, dass er mehr war als der Sohn eines Vaters, den er nie kennengelernt hatte."
Für einen kurzen Moment sah Vanion ins Leere. Sein Blick war zwar immer noch auf Lorainne gerichtet, aber ging gradewegs durch sie hindurch, hinein in die Verangenheit und die Erinnerung. Dann schüttelte Vanion kurz, aber heftig den Kopf und verwies die Melancholie und Traurigkeit zurück auf den Platz, auf den sie gehörte.
"Ich will mir zu Herzen nehmen, was du mir von Schillhard berichtet hast, Berengar. Und ich will ihr berichten von den Taten, die Lorainne de la Follye des Joux vollbracht hat. Von Ehrenhändeln will ich ihr erzählen, zwischen dem Herrn Berengar und dem Schwanenritter, und auch von den Edlen aus der Vergangenheit, on Jacques de Molet und Simon de Bourvis. Und die Legenden, die den Mantel Jeldriks umranken, ihn einschließen in der Vergangenheit."
Und damit machten die beiden sich auf den Weg zu Francois und Lorainne, die ihrerseits bei Arienne angekommen waren. Er begrüßte die anderen freundlich, und plötzlich durchströmte ihn ein Hochgefühl: Lorainne stand vor ihm, daneben der hochgewachsene Berengar, und auch der wehrhafte Francois aus Goldbach gehörte irgendwie dazu, obwohl er keine Ritterwürden trug. Mit dieser Truppe würde Vanion sich so manchem Feind entgegen stellen.
Aber bis es dazu kommen konnte, musste er erstmal seine Fahrt beenden. Vanion seufzte, und als Lorainne ihn ansah, wusste er, dass sie ihn verstand. Auch ohne Worte. Der hochfliegende Ritter brauchte ein wenig mehr Bodenhaftung, und das halbe Jahr im Kloster würde ihm dabei helfen - vorausgesetzt, die Mutter Oberin würde sein Wort annehmen, dass er sich
nach seiner Fahrt auf ein Jahr und einen Tag dort einfinden würde.
"Lorainne, dieses Schreiben hier ist für die Mutter Oberin bestimmt. Bitte händige es ihr aus, wenn du ihr berichtest. Und nun - Arienne, ich hoffe, du hast gut geschlafen. Wenn noch Zeit ist, möchte ich unsere Übungen, die wir gestern etwas unüberlegt und improvisiert ..." - Vanion rieb sich über den schmerzenden Oberarm und sah Lorainne vorwurfsvoll an - "... durchgeführt haben, vertiefen. Sobald wir in Voranenburg sind, werden wir uns gepolsterte Wämser besorgen und mit Holzschwertern aufeinander eindreschen."