Autor Thema: 3. Monat des Jahres 269 - Epilog der Akademie zu Amonlonde  (Gelesen 18113 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Noxius Armatura

  • Engonier
  • Drachentöter
  • ***
  • Beiträge: 1338
    • Ozzimandias der Schelm
Magister Flammbart stand an der Tafel des Alchemielabors im neuen Hauptsitz der Schattenwall im engonischen Himmelsgebirge. Er bereitete mit einem konzentrierten Ausdruck auf dem Gesicht seinen bevorstehenden Unterricht vor, der in kürze beginnen sollte. An der Tafel hatte er unter der Überschrift "(Halb-)Metalle und ihre Einsatzmöglichkeiten in der Magie" einige Symbole aus dem Alchemistischen Periodensystem skizziert, welche er heute behandeln wollte.
Er bemerkte, wie die Türe zum Raum geöffnet wurde. Er wandte sich um, in der Erwartung Cyberian anzutreffen.
Ihr seid zu früh, Scola...
er setzte ab. Statt dem Scolarius Cyberian, stand Scolarius Balthasar Thaljari in der Türe zum Labor. Sein selbstgefälliges Lächeln lies Magister Flammbart bereits jetzt innerlich die Augen verdrehen und er musste tief durchatmen. Danach bemühte er sich ein höfliches lächeln aufzusetzen und setzte zu einer Begrüßung an, doch Balthasar ergriff bereits vor ihm die Initiative
Seid mir gegrüßt, Magister. Ich habe euren kleinen Botengang nach Amonlonde ausgeführt. Wenn Ihr jetzt nicht noch mehr von diesen, meiner Person unwürdigen, Dienstbotentätigkeiten für mich habt, kann ich mich endlich wieder meinem Studium widmen.
Flammbarts zog die Augenbrauen zusammen, sodass sie an Gewitterwolken erinnerten, kurz bevor es ein heftiges Unwetter gab.
Du hast also meine Unterlagen an die Akademie und die Akademieleitung ausgeliefert. Wie ist denn der Vortrag gelaufen?
Balthasar winkte abfällig ab
Ich sagte ja, dass es ein leichtes sein würde. Die Grundlagen der Transmutationskreise sind auch dermaßen einfach zu verinnerlichen, dass ich diesen Vortrag auch einfach aus dem Stegreif, ohne jegliche Vorbereitung hätte halten können. Da fragt man sich doch, womit IHR die ganzen Jahre der Forschung zugebracht habt. Es ist ja nicht so, als hättet Ihr die "Kunst der Alchemie" selbst erfunden.
Flammbarts Lippen wurden schmal, als er hörte, wie Balthasar über die Alchemie und über ihn selbst her zog. Dieser Bursche hatte wirklich keine Ahnung von den Möglichkeiten und der Komplexität der fortgeschrittenen Alchemie.
Impertinenter Narr!
Wetterte er.
Nur weil du die Grundlagen verstehst umzusetzen, wagst du es dir ein Urteil über die gesamte Kunst der Alchemie zu erlauben? Einer Kunst, die seit Jahrhunderten weiterentwickelt und erforscht wird? Wenn du dein Geld in vernünftige Bücher statt in den nächsten Pump und Tinnef stecken würdest, wüsstest du es besser.
Balthasars Gesicht färbte sich beinahe so rot wie seine liebsten Roben, die er in der Akademie selbst gegen das einfache Gewand der Scolari einzutauschen hatte.
Ich wette mit euch, dass ich selbst die fortgeschrittene Alchemie mit Leichtigkeit meistern würde
Beide Männer standen sich gegenüber. Ihre Stimmen hatten mittlerweile eine Lautstärke erreicht, die über mehrere Räume hinweg noch hörbar sein mussten.
Dann beweise es mir, Scolarius Balthasar. Wir sehen uns morgen zur Bücherausgabe, dann können wir uns ja selbst in Bälde davon überzeugen, ob Ihr recht behaltet.
Ich werde da sein! Und ich werde Euch beweisen, dass ich recht behalte! Euer "Handwerk" ist nichts weiter als ein historisches Kinderspielzeug
Mit diesen Worten machte Balthasar kehrt und stapfte davon. Seine initial gute Laune hatte sich offensichtlich verflüchtigt. Beim Verlassen des Labors knallte er die Türe mit einem lauten Knall zu.
Magister Flammbart strich sich die Robe glatt und setzte sich kurz auf die Tischkante des Lehrerpultes. Ein spitzbübisches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.
Man muss nur wissen, wie man seine Schüler zur Mitarbeit motiviert bekommt...
Dann nahm er seine Zeichnungen an der Tafel wieder auf. Seine Laune hatte sich schlagartig und sehr unerwartet verbessert.
...vielleicht kann man ja doch was mit diesem Burschen anfangen.