Autor Thema: Fort  (Gelesen 11123 mal)

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Mel

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Re: Fort
« Antwort #30 am: 12. Okt 15, 20:46 »
Lorainne nickte und lenkte ihr Pferd sacht aus der Menge hinaus, ohne Vanion aus den Augen zu lassen.
Eine leichte Bewegung mit dem Kopf deutete ihm, ihr zu folgen, wenn er es wollte.
Sie würden hier einen Moment warten, sich von den Schrecken erholen und dann ihren Weg fortsetzen.
Doch sie war sich sicher, dass er kommen würde.
Immerhin hatte er es schon einmal getan.

Offline Vanion

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Re: Fort
« Antwort #31 am: 12. Okt 15, 21:39 »
Er sah zu ihr auf, als er sich den Dreien näherte. Wachsam, ein wenig unbehaglich fühlte er sich. Als er ihr näher kam, wieherte Lorainnes Pferd. Es war noch dasselbe Pferd, das sie ritt - wie oft hatte er es gestriegelt und gefüttert? Sachte trat er an das Tier heran und strich dem Rappen über die Mähne.
Dann erst hob er den Blick wieder und sah Lorainne an.

Sollte er sie als Chevalière der Königin - nein, als Chevalière d'Ordre de la Saint Mère Lavinia begrüßen? Oder doch als Freund? Er deutete eine Verbeugung an, doch dann sagte er einfach: "Bonjour, mademoiselle." So oft hatte er sie so betitelt. Plötzlich war alles wieder da. Das gemeinsam vergossene Blut, die langen Gespräche am Lagerfeuer, die Tränen die sie vergossen, die Siege, die sie gefeiert hatten. Doch so Vieles hatte sich verändert. Allein ihr Bauch. Die Schwangerschaft war ihr nun anzusehen. Benjens Kind. Eine Flut von Gedanken raste durch seinen Kopf, doch nach und nach wurde alles überstrahlt von einem Gefühl: Freude. Er freute sich, Lorainne wieder zu sehen, und Anders, und Sophie. Doch vor allem Lorainne.

"Es tut so gut, dich zu sehen."
« Letzte Änderung: 12. Okt 15, 22:08 von Vanion »
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Mel

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Re: Fort
« Antwort #32 am: 12. Okt 15, 21:51 »
Sie ließ sich von ihrem Pferd gleiten und ihre Stiefel klackten auf dem Pflaster.
"Tatsächlich?" Sie musterte ihn von oben bis unten.
"Gut siehst du aus. Vanion de Roquefort."
Sie schloss ihn wie einen alten Freund in die Arme.
Doch gleichsam war sie distanziert. Vanion gehörte nicht länger zu ihrer Familie, zu ihr. Einwar ein Kampfgefährte und alter Freund. Mehr nicht.
Trotzdemä liess sie keinen Zweifel daran, dass sie sicj freute, ihn zu sehen.
"Sag, jeanne, ist sie das auf dem wagen gewesen? Sie ust groß geworden, n' est pas?"

Offline Vanion

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Re: Fort
« Antwort #33 am: 12. Okt 15, 22:04 »
Die Umarmung tat gut. Auch wenn Vanion die Distanz zwischen ihnen spürte, nahm sie nichts von der Freude weg. Das, was geschehen war, hatte einen tiefen Keil zwischen sie getrieben, und auch, wenn seine Rückkehr einiges geheilt haben mochte - Narben blieben immer.

"Ja, das ist Jeanne de Roquefort, das jüngste Mitglied dieser Familie. Die andere ist meine älteste Schwester, Isabelle."
Er schmunzelte. "Sie liebt Rittergeschichten, musst du wissen. Sie wird zwar müde, wenn ich welche erzähle, aber sie möchte stets noch eine hören, und noch eine, und noch eine.. Naja. Wie.. jemand anderes auch." Er lächelte, dann begrüßte er endlich auch Anders und Sophie.

Etwas ernster wandte er sich nun wieder Lorainne zu. "Dieser Name.. so nennt mich hier niemand. Hier bin ich einfach Vanion Bachlauf, ein Kerl, der im Krieg gekämpft hat und nun zurückgekehrt ist. Was treibt dich her?" Doch dann nutzte Vanion sein Gehirn. "Jelena. Nicht wahr? Falls es so ist, kann ich euch den Weg zu ihrem Kontor zeigen. Sie ist hier, soweit ich weiß, und ausnahmsweise nicht auf Reisen. Dort könnt ihr auch nächtigen - natürlich steht euch auch mein Hof offen."
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Offline Anders

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Re: Fort
« Antwort #34 am: 13. Okt 15, 08:09 »
Natürlich folgte Vanion ihnen durch die Menge. Wie eine Motte die vom Feuerschein angezogen wird. Sie griff nach den Zügeln von Lorainnes Pferd als diese Abstieg blieb aber zunächst im Sattel sitzen.
Der kleine Tumult hatte sich schnell wieder aufgelöst und die Menschen strömten wie eh und jeh durch die Gasse. Ein Blick aufcden Himmel verriet ihr, dass es später Nachmittag war. Um diese Jahreszeit wurde es schneller dunkel.
Als Vanion nun auch sie begrüßte lächelte sie ihm ein wenig zu. Ja vieles hatte sich verändert.
Vieles.
Sie. Er. Lorainne.
Als er auf seinen Hof zu sprechen kam schaute sie zur Ritterin.
Sie würde gern den Ort sehen an dem Vanion aufgewachsen war, aber sie konnte es auch gut verstehen wenn Lorainne nicht jeden Tag reiten wollte.
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Mel

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Re: Fort
« Antwort #35 am: 13. Okt 15, 10:53 »
"Nun, Vanion.. Bachlauf, es wäre nett, wenn Du uns den Weg weisen würdest. Aber Deine Tochter sieht sich schon nach Dir um, eine Begleitung ist nicht nötig."
Höflich lehnte sie sein Angebot ab.
So nah sie sich einst gestanden hatten, so entfernt waren sie nun voneinander.
"Und Deinen Hof, würde ich gerne mal sehen, vielleicht werde ich Dich besuchen- Leah sollten den Hof und die Familie ihres.. Cousins kennenlernen. Immerhin seid ihr eine Sippe. Und wer weiss, vielleicht wird sie eines Tages Hilfe brauchen, und dann sollte keine Scheu haben, sich an ihre Familie zu wenden."
Sie schnitt eine Grimasse in Leah Richtung, was ihr mit einer rausgestreckten Zunge beantwortet wurde.
Grinsend wandte sie sich wieder ihrem einstigen Knappen zu:"Ich muss weiter, sonst wird Sophie mich an den Haaren durch Fanada schleifen. Sie wird erst ihre Ruhe finden, wenn ich sicher bei Jelena angekommen bin. Dummerweise kann ich mich an keine Geweihten der Lavinia Sanata wenden, also mussten wir uns soweit in den Süden aufmachen. Seitdem ist Sophie unruhig und wir kommen nur langsam voran, weil sie einen zu langen Ritt für gefährlich hält."
Sie verzog das Gesicht, was deutlich machte, was sie von der Sache hielt.

Offline Vanion

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Re: Fort
« Antwort #36 am: 13. Okt 15, 12:05 »
"Also gut."
Leichtes Bedauern spiegelte sich auf Vanions Zügen. Sie würden beide erneut lernen müssen, miteinander umzugehen, soviel schien ihm klar. Der Unterschied zwischen der Ritterin in dem prunkvollen Wappenrock, mit dem schweren Schwert an der Seite und dem in braun gekleideten, verschwitzten und biederem Vanion war für jedermann zu erkennen. Vor dir steht all das, was du werden wolltest. Ein Wappen, ein Schwert, eine Bürde und die größte Ehre, die ein Mann erlangen kann. Es würde dauern, bis er damit abgschlossen hätte.

Rasch beschrieb er Lorainne den Weg zu Jelenas Kontor. Unterbrochen wurden sie nur, als sich Isabelle mit seiner Tochter zu ihnen gesellte, höflich stellte Vanion die Anwesenden einander vor. Neugierig, aber auch ein wenig ängstlich sah die kleine Jeanne die Ritterin an, aber Anders fand sie am Ende doch interessanter.

"Nun, der Weg zu meinem Hof führt aus dem Westtor heraus. Folgt der Straße in Richtung des Rothornpasses für eine halbe Stunde, dann seht ihr die Gebäude schon. Ein heller Fachwerkbau, nicht zu verfehlen. Wie ich schon sagte, ihr seid stets willkommen. Es ist zwar ein Bauernhof und kein Königshof, aber dafür sind die Gäste ehrlicher und die Manieren nicht ganz so wichtig." Er grinste, dann machte er Anstalten, umzudrehen und zu dem Karren zurückzugehen.
« Letzte Änderung: 13. Okt 15, 13:44 von Vanion »
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Offline Anders

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Re: Fort
« Antwort #37 am: 13. Okt 15, 12:38 »
Ja das Verhältnis von Vanion und Lorainne war merklich runter gekühlt. Auch wenn die alte Vertrautheit kaputt war, gänzlich würde sie wohl nie verschwinden. Als Vanion seine Tochter vorstellte lächelte sie dem Mädchen zu. Sie hatte schon so viel von ihr gehört, dass es sie freute sie nun doch endlich kennen zu lernen.
Auch sie prägte sich die Wegbeschreibung zu Vanions Hof gut ein. Sie würde sie sicher irgendwann noch brauchen.
Ein wenig Gedankenverloren spielte sie an dem kleinen Distelanhänger um ihrem Hals. Sie merkte wie die Müdigkeit stärker wurde, aber an Schlaf verschwendete sie keinen Gedanken.
Da beantwortete sie lieber die Fragen des kleinen Mädchens.
"Wir kommen sicher zu Besuch. Auf Wiedersehen."
Sie blickte Vanion hinterher. Hatte er gerade wieder ohne Abschied gehen wollen?
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Mel

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Re: Fort
« Antwort #38 am: 13. Okt 15, 13:07 »
Lorainnes Gesicht hellte sich auf, als sie die kleine Jeanne sah.
"Alors, Leah, c´est Jeanne, elle est ta cousine. Dit "Bonjour" à lui."
Sie nahm Leah auf den Arm und stellte sie vor Jeanne auf den Boden, bevor sie sich zu den beiden Kleinen hockte.
"Salut, ma petite. Regarde moi, ce ca, c´est pour toi." Sie kramte aus ihrer Gürteltasche einen kleinen milchig glänzenden Stein hervor.
Leah hatte sich angewöhnt, jedes einzelne Blatt, jeden Stein und eigentlich alles andere, was sie interessant genug fand, um es besitzen zu wollen, aufzuheben und an sie alle zu verteilen. Und irgendwann hatte Lorainne selbst begonnen, interessante Steine zu sammeln. Manche glänzten in der Sonne, andere hatten eine interessante Form und wieder andere eine glatte Oberfläche.

Jeanne musterte sie genau und nahm dann schüchtern den Stein entgegen, den sie Vanions Schwester und Anders stolz präsentierte.
Ächzend erhob sich Lorainne wieder.
"entweder werde ich alt, oder fett. Das ist das Los der Kinder." Sie lächelte nochmals sanft auf sie hinab, bevor sie sich Vanion zuwandte.
"Alors, merci. Wir werden den Weg zu Jelena schon finden. Und wir sehen uns gewiss auch bald wieder."

Als Vanion sich umwandte, rief sie ihn nochmals zu sich zurück:"Vanion- Du bist nicht für dieses Leben bestimmt, das Du führst; du strebst nach höherem, und Du wirst es eines Tages erreichen. Aber vertrau Dir selber. Wenn du nochmals den Schwanz einkneifst, wie ein Feigling, werden das Dir weder ich noch die Götter verzeihen. Wenn du diesen Weg beschreiten willst, musst Du an das Wort Deines Ritters glauben- und im jederzeit, loyal zur Seite stehen, auch wenn es noch so schwer fällt, hörst Du? Wenn du das beherzigst, wirst Du diesen Weg beschreiten können und eines Tages eine Lehen haben und Deine Farben tragen. Vielleicht sind diese dann blau-weiss."
Sie schwang sich, eingedenk ihrer Bauchumfanges, elegant auf ihr Ross und blickte noch einmal hinab, den Blick zwischen Vanion und seiner Schwester wechselnd:"Vergesst nicht, wer ihr seid, dass caldrisches Blut in Euch fliesst. So wie es momentan aussieht, wird Leah eines Tages Roquefort erben, aber sie wird wissen, wie man in einer Familie zueinander steht und bei ihr werdet ihr immer ein Zuhause vorfinden, darauf habt ihr mein Wort."

Sie liess sie besagtes Kind anreichen und setzte sie vor sich in den Sattel.
Dann schnalzte sie mir der Zunge und wendete ihr Pferd, bereit, den Weg fortzusetzen.

Offline Vanion

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Re: Fort
« Antwort #39 am: 13. Okt 15, 13:53 »
Als Lorainne ihn zurückrief und zu ihm sprach, erstarrte er. Mit steinernem Gesicht nahm er ihre Worte hin, doch als sie weiterreiten wollte, sprach er:
"Wie kann das sein? Wie kann ich jemals diesen Stand erreichen? Ich hab den Knappeneid aufgegeben, meine Herkunft ist nicht bewiesen, ich habe nichts außer meinem Leben hier. Alleine ihr und die Götter wissen, dass ich ein Roquefort bin. Ritter der Königin.. eine solche Ehre wird mir nicht zuteil werden. Nicht in Caldrien, nicht, solange die Baronin lebt und solange Männer wie Damian mich verachten."

Mit einem gequälten Gesichtsausdruck sah er seiner Chevalière in die Augen.
"Nichts wünsche ich mir mehr als ein Ritter zu werden! Nichts wünsche ich mir mehr, als die Ehre meiner Familie wiederherzustellen, den Namen Roquefort reinzuwaschen! Du hast den Weg Lavinias gewählt, Lavinia Tutulina lächelt auf dich herab. Nun sag mir, welchen Weg soll ich nehmen? Meine Träume und meine Hoffnungen sind dahin. Du hast dir den Sieg anders vorgestellt, genau wie ich. Ich war nicht loyal, nicht stark genug, und nun lebe ich mit den Konsequenzen. Deine Worte lassen mich wieder hoffen, das wohl! Doch glaube ich kaum, dass es auch nur einen Ritter in Caldrien gibt, der mich nehmen würde."
Unendlich müde wirkte Vanion nun, und ratlos.
"La Follye hat uns zu viel gekostet. Savarics Tod hat uns zu viel gekostet. Uns alle. Und doch ist es unsere Pflicht gewesen, unsere Pflicht als Ritter, es zu Ende zu bringen, und wir haben unsere Pflicht erfüllt. Die Pflicht ist eine spröde, freudlose Herrin, und sie fordert viel und gibt wenig."
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Mel

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Re: Fort
« Antwort #40 am: 13. Okt 15, 16:14 »
Fast mitleidig schaute sie auf ihn hinab:"Vanion Bachlauf ist damals in meine Dineste getreten. Vanion Bachlauf hat seine Aufgabe bewältigt, allein Vanion Bachlauf ha sich als würdig erwiesen, während mich Vanion de Roquefort im Stich gelassen, verraten und meinem Wort nicht vertraut hat. Und Du fragst, welche Herkunft die ehrenvollere ist? Du sagt, Du hast nur dieses Leben hier in Fanada?"
Sie chüttelte den Kopf.
Nichts mehr war von der Freude des Wiedersehens zu spüren.
"Und wenn es keinen Ritter in Caldrien gibt,dann vielleicht anderswo. Und auch der Einfluzss eines Damians und einer Baronin von Goldbach reicht nicht bis ans Ende der Welt. Vielleicht nimmt dich ein Ritter ausMiddenfelz, oder Hahnekamp. Vielleicht auch fernab von Engonien."
Schliesslich deutete sie den Hauch eines Lächelns an:"Und die Befreiung La Follyes hat nicht zuviel gekostet. Selbst wenn Savaric überlebt hätte, hätte man erst Deinen Anspruch geltend machen müssen. Was also hat es gekostet? Es herrscht dort oben Frieden. Und um mehr ist es nie gegangen."

Offline Vanion

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Re: Fort
« Antwort #41 am: 13. Okt 15, 17:55 »
Mich hat La Follye zuviel gekostet. Und dich auch. Unverwandt starrte Vanion auf das unverkennbare Zeichen der Schwangerschaft. Aber eines konnte er nicht leugnen: 
"Du hast Recht. Vanion de Roquefort starb, als Savaric de Roquefort starb. Doch der Mann, der nach La Follye zurückkehrte, der an deine Seite zurückkehrte, war Vanion Bachlauf. Derselbe Vanion Bachlauf, der unverbrüchlich zu dir gestanden hat. Der mit dir und für dich geblutet hat, gelitten hat, gefeiert und gelacht hat. Das Schicksal dieses Mannes steht in den Sternen geschrieben. Du sagst, ich bin zu mehr berufen, als nur Felder zu bestellen und Dreck unter meinen Fingernägeln heraus zu kratzen. Die Götter wissen, wozu ich berufen bin, und sie werden es mir kaum zeigen. Vor Jahren hab ich die Gebeine der Flamina Agathe erkämpft, im Namen Alamars. Nun hab ich mich gegen Lavinia versündigt. Vielleicht liegt dort meine Aufgabe. Dich hat sie zu den Waffen gerufen, doch was die Mutter mir auferlegt hat, das muss ich noch herausfinden. Ich werde in mich gehen und beten, mit Priestern sprechen. Du wirst ein Schild für alle guten Menschen sein. Was ich sein werde, wird sich zeigen."

Er nickte, und es wirkte fast so, als würde er sicherer werden.

"Ich weiß, dass der Täuscher in dieser Welt nicht aufhört zu wirken. Ich kenne die Wunden, die er geschlagen hat, die er anderen und auch mir zugefügt hat. Der Zweifel, den ich verspürte, als ich dich verriet - diesen Zweifel hat er in mir gesät. Lavinia schickte mir Silas, und ich schlug ihre Hand aus und spuckte auf die unendlich kostbare Gabe, die sie mir durch sein Opfer schenkte. Doch die Gabe Lavinias, das Leben, will verdient und geehrt sein. Diese Pflicht werde ich gewiss erfüllen."

Nun endlich verbeugte er sich tief und höfisch.

"Chevalière Lorainne, die Jahre mit Euch waren eine Ehre. Möget Ihr nun den Frieden haben, den Ihr Euch und den Euren endlich erkämpft habt. Ehrenvolle Taten mögen Euren Weg im Dienste Lavinias zuhauf säumen." Auch Anders und Sophie sagte er ein paar freundliche Worte des Abschieds, dann schritt er davon. Erst, als er Isabelle und Jeanne, die bereits vorgegangen waren, wieder erreicht hatte, drehte er sich um und sah den Reitern nach, die auf ihren Pferden aus der Menge hervorstachen.

Leb wohl, Lorainne.. bis zu unserem nächsten Wiedersehen.
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Offline Anders

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Re: Fort
« Antwort #42 am: 13. Okt 15, 19:01 »
Da war es wieder... Vanions Konflikt mit seiner Herkunft. Anders musste sich zum aller ersten mal zusammen reißen um nicht den Kopf zu schütteln und fragte sich gleichzeitig, was verdammt nochmal mit ihr los war. Fest stand nur, dass es Vanion eigentlich noch gut getroffen hatte mit seiner Herkunft. Der einzige der etwas für seine jetzige Situation konnte war er. Und nur er allein! Herkunft und keine Chance.
Wenn man ihr vor zwei Jahren gesagt hätte, dass sie eines Tages das Wappen einer Ritterin tragen würde um mit ihr ihren Bräutigam zur Rechenschaft zu ziehen den hätte sie ausgelacht. Ein Kender der neben einem Ritter reiten durfte. Das klang ebenfalls verdammt nach Märchen. Aber so war es eben mit Soltair... man musste sich alles erarbeiten und erkämpfen. Das Vanion jetzt über seine selbst verschuldete Lage so redete, machte sie wütend. Wenn sie es geschafft hatte, konnte er das doch auch verdammt nochmal. Schließlich hatte er keine Spitzen Ohren.
Was war nur los mit ihr... irgendwas hatte sich ganz, ganz doll verändert.
Tief in Gedanken lenkte sie ihr Pferd hinter dem von Lorainne her, nachdem sie ihm noch kurz gewinkt hatte. Für einen kurzen Moment waren ihre Augen wieder sehr hart geworden. Jetzt wirkten sie eher leer.
Kurz sehnte sie sich nach der Stille des Waldes in den lärmenden Straßen.
"Sind wir bald da?"
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Mel

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Re: Fort
« Antwort #43 am: 14. Okt 15, 08:42 »
Innerlich schüttelte Lorainne den Kopf.
Vanion war der stete Zweifler. Er hatte einen gewissen Ruhm erlangt, sich selbst erarbeitet. Und doch zweifelte er immer noch an sich. Und allen anderen, ob es die Götter waren oder Freunde.

"Nicht der Täuscher hat dich zweifeln lassen, Vanion. Du allein warst es, der zweifelte. Er hat das lediglich ausgenutzt, so wie er immer unsere Schwäche ausnutzt."
Ihre Stimme war sanft, es würde ohnehin nichts bringen, ihn belehren zu wollen. Er war in ein schwarzes Loch gefallen, aus dem er sich selbst befreien musste. Dies würde wohl die härteste Prüfung sein, die die Götter ihm auferlegt hatten.


Als er sich verbeugte, nickte sie.
"Vanion Bachlauf, beschreite Deinen Weg weiter, egal wie steinig er sein mag. Bergauf zu gehen ist schwieriger als bergab, aber wenn Du erst oben bist, sehen wir uns bestimmt wieder und begegnen uns auf Augenhöhe. Mögen die Götter Deinen Weg segnen und dir die Ohren vor den Einflüsterungen des Täuschers verstopfen."

Damit wandte sie endgültig ihr Pferd, auf dem Weg, den er ihr beschrieben hatte.
« Letzte Änderung: 14. Okt 15, 09:11 von Mel »

Offline Vanion

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Re: Fort
« Antwort #44 am: 19. Okt 15, 09:05 »
Später saß Vanion in einer kleinen Laube etwas außerhalb seines Hofes. Lorainnes Worte hatten ihm zu denken gegeben, wie so Vieles in der letzten Zeit. Es schien fast so, als hätten die Götter ihn vor ein Rätsel gestellt. Nur, was war des Rätsels Lösung? Auf der einen Seite wusste er, dass er das Zeug zum Ritter hatte. Auf der anderen Seite war ihm der Weg nach Caldrien ein für alle mal verschlossen. Mit mächtigen Widersachern wie der Baronin von Goldbach war nicht daran zu denken, in die Dienste eines Caldriers zu treten. Die Baronin selbst würde ihn hängen lassen, wenn er Goldbach betreten würde, da war er sich sicher. Doch Lorainne hatte von Middenfelz gesprochen, von Hahnekamp. Ersteres hatte einen bitteren Beigeschmack. In Middenfelz gab es Ritter, ja, doch Viele hatten im Lupus Umbra gedient, dem alten Feind Engoniens. Und Hahnekamp hieße, auf gut Glück in eine unbekannte Welt vorzustoßen. Dort würde man ihn verlachen, wenn er von seiner Geburt und seinem Werdegang erzählen würde.

Fast fünf Jahre. So lange war es her, dass Engonias Mauern gefallen waren. Vor fünf Jahren hatte Vanions Reise begonnen, und der Weg hatte sich als ein Kreis herausgestellt. Aber Kreise konnte man durchbrechen! Das hatte er bereits getan. Zunächst, als Marius fortgegangen war und er sein Leben als Trinker und Tunichtgut beendet hatte. Dann, als er im Krieg an seine Grenzen stieß. Er erinnerte sich noch an ein Gespräch mit Kassos, nur wenige Tagesmärsche vor Engonia, als er über seine Angst, zu sterben, gesprochen hatte. Doch auch das hatte er verwunden, den Selbstzweifel besiegt. Dann die Zeit mit Lorainne, die zwei langen Jahre im Dienste der Priester Alamars. Auch hier war es hoffnungslos gewesen, und auch hier hatte er gesiegt!

"Willst du das alles wirklich wegwerfen?", murmelte er leise. "Willst du das aufgeben?" Er seufzte, dann hob er den Blick. Die Blätter der Haselsträucher, die die Laube bildeten, hatten sich schon gelb gefärbt, und der Nachmittagsregen hatte dicke Tropfen auf ihnen hinterlassen. So fühlte er sich auch: ausgebrannt, erschöpft. Er sah auf seine Hände, die furchig, vernarbt waren.
Doch nach dem Herbst folgt der Winter, und danach ein neuer, frischer, hoffnungsvoller Frühling.
Vielleicht war sein Leben grade wie die Jahreszeiten. Es ging auf den Winter zu, Altes starb. Doch der Winter würde das neue Leben nicht ersticken, nein, sondern würde es behüten, sodass im Frühling endlich aufs Neue die Pflanzen erblühen könnten.

Vanions Herbst war angebrochen. Das Ende der Knappenzeit bei Lorainne hatte er gebracht, den Tod seines Onkels hatte er gebracht, und sein altes Leben hatte er zertrümmert. Doch er war immer noch ein Roquefort! Vanion de Roquefort! Lorainne hatte La Follye zurückgewonnen, aber es war nur für ihre Kinder und für ihre Familie gewonnen und nicht für sie. Vanion hatte gar nichts gewonnen, außer der Gewissheit, mit seiner Rückkehr das Richtige getan zu haben.

Also warum nun aufhören? Warum versteckst du dich hier, wenn du vor wenigen Wochen erst von hier aufgebrochen bist?

Lorainne hatte Recht. Es gab nicht nur caldrische Ritter. Ein Ritter definierte sich nicht über sein Lehen, und ein wahrer Ritter war man nicht, weil man einen verbrieften Adelsbrief hatte. Und seit Westmynd wusste Vanion, dass man selbst diesen kaufen konnte. Die Götter hatten ihn dazu bestimmt, Ritter zu werden, den Idealen dieses Standes zu folgen. Und Vanion wusste nun, dass er dies auch wollte: nicht nur selbstlos sein und Ritterliches tun, sondern auch die Anerkennung, den Respekt, der diesem Stand entgegen gebracht wurde. Denn das war das Einzige, was ein Ritter erhoffen konnte: Ruhm zu erlangen, Teil einer Geschichte zu werden, indem er selbstlos handelte und sich aufopferte. Vanion war Teil der Geschichte Lorainnes gewesen. Er hatte sich stets zurückgestellt, und die einzige Entscheidung, von der die Menschen nun redeten, war eine falsche gewesen. Diese Kerbe galt es, auszuwetzen.

Ich werde wieder als Knappe dienen. Nur.. welchem Ritter? Dann erinnerte er sich an einen Brief, den Lyra ihm geschickt hatte. Plötzlich verzog sich sein Gesicht zu einem schiefen Grinsen. Das wird eine harte Zeit werden. Eine harte, aber gerechte Zeit. Und wahrscheinlich unkomplizierter...
« Letzte Änderung: 19. Okt 15, 09:08 von Vanion »
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