Am nächsten Morgen schliefen sie so lange dass die Familie schon eine Weile aus dem Haus war.
Julienne hatte endlich kein Fieber mehr, aber vom gestrigen Tag tat ihr alles weh.
Nesrine nahm die Verbände ab, um zu sehen, ob irgendeine der Wunden den Sturz schlecht vertragen hatte, aber zum Glück schien dies nicht der Fall zu sein.
Dann machte sie Wasser heiß und half Julienne dabei, sich zu waschen.
Die Gardistin genoss das heiße Wasser und das saubere Gefühl auf der Haut sichtlich.
Am Nachmittag gingen sie gemeinsam in den Stall und sahen nach den Tieren. Julienne hinkte immer noch sichtbar und war etwas steif in ihren Bewegungen, hatte aber wenigstens weniger Schmerzen.
Dann verbrachten die beiden Frauen einige Zeit auf der Bank im Vorgarten.
Schließlich bereiteten sie zusammen das Abendessen zu und als Nesrines Familie vom Feld kam, standen Brot, Butter, ein verzierter Kuchen, in Kräutern gegartes Huhn mit Wurzelgemüse und ein frischer Salat auf dem Tisch.
Die Familie staunte nicht schlecht und bald verrieten die beiden Frauen auch den Grund; am kommenden Tage würden beide zur Burg Goldbach reisen. Julienne traute sich einen langsamen Ritt wieder zu und Nesrine hatte beschlossen der Garde beizutreten.
Besonders letzteres sorgte für einigen Aufruhr in der Familie. Doch Nesrines Entscheidung stand fest. Sie wollte da sein, wo Julienne war und die Garde erschien ihr eine gute Option.
"Wie wirst du 'inkommen?", grollte Bernard, dem die Sache neben der Mutter am meisten gegen den Strich ging. Schließlich verlor die Familie gerade eine wichtige Arbeitskraft, die auf dem Hof gebraucht wurde.
"Isch werde wohl laufen.", entgegnete Nesrine ruhig.
Da schaltete sich ihr Vater ein: "Du wirst nischt laufen. Du wirst Jaques mitnehmen. Er war ohne'in immer mehr dein Tier. Da ist es nur rescht, wenn du ihn mit zur Burg bringst."
"Aber...", warf die Mutter ein, doch Renoir brachte sie mit einer kantigen Handbewegung zum Schweigen.
"Wenn unsere Tochter in die Garde eintreten möchte, werden wir alles erdenkliche tun, damit sie einen guten Start dort hat.", brummte er.
"Isch 'abe leider nischts mehr von meiner Ausrüstung, das isch dir geben kann. Aber isch werde disch dennoch so gut ausstatten, wie es mir in der kurzen Zeit möglisch ist.", fügte er an Nesrine gewandt hinzu.
Diese hatte Tränen in den Augen. "Merci, mon pére."
Sie drehte sich zu Bernard und hob um Verständnis bittend die Hände. "Stell dir einfach vor, isch 'ätte ge'eiratet...", schlug sie vor.
Bernard machte nur "hmpf".
Pierre und Philippe hingegen waren ganz aufgeregt. Sie wünschten ihrer Schwester alles Gute und versprachen, sie und Julienne zu verabschieden.
Davon jedoch wollte Bernard nichts hören. "Ihr seid morgen auf dem Feld, die Ernte muss rein, da bleibt keine Zeit für so einen Quatsch!", schimpfte er.
Die jüngeren Brüder zogen die Köpfe ein, doch da meldete sich Nesrines Mutter resolut zu Wort: "Natürlisch verabschieden wir eusch!", sagte sie unter Tränen. "Das Feld läuft uns nischt davon, aber eure Schwester seht ihr vielleischt nie wieder!", fügte sie bitter zu Bernard gewandt hinzu.