Autor Thema: La Follye, 267 n.J.  (Gelesen 57519 mal)

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Offline Isabeau Lioncoeur

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #90 am: 19. Jan 19, 22:36 »
Im ersten Augenblick war Isabeau so beschämt und erschrocken, dass sie wütend sein wollte, aber dann warf sie einen Blick auf den Mann vor ihr und seufzte stattdessen.
Sie setzte sich wieder hin und schlug die Decke fest um sich.
"Mir auch."
Sie wies auf einen der anderen Schemel.
"Setzt euch, Chevalier, und sagt mir was euch auf der Seele brennt."
Sie warf ihm einen Blick zu der alle Ausflüchte im Keim erstickte.
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"Das ist mein voller Ernst! Um Euch zu zeigen wie ernst ich es meine würde ich es mit meinem eigenen Blut auf meine Fahne schreiben!"

Offline Vanion

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #91 am: 19. Jan 19, 22:48 »
"Es ging so schnell."

Vanion blieb stehen. Er hatte so lange gesessen, dass die Kälte in seine Glieder gekrochen war, und sein Name wäre nicht Bachlauf, wenn er an eine Decke gedacht hätte, als er beschlossen hatte, zu wachen und sich zu verabschieden.

"Als wäre es Nacht geworden, ohne dass es einen Abend gegeben hat. Seit zehn Jahren sehe ich Frauen und Männer sterben. Der Krieg hat mich taub gemacht, und sie ist nicht die erste, die gegangen ist. Stets wusste ich: Wer kämpft, kann sterben. Auch ich. Aber irgendwie dachte ich, sie würde ewig leben. Schließlich bin ich für sie da, wenn sie mich braucht."

Aber das war es nicht, was ihn zerfraß. Das war es nicht, was ihn bedrängte und kalten Hass in ihm aufsteigen ließ. Und Isabeaus Blick sprach Bände. Er holte tief Luft.

"Sie ... sie haben sie liegen gelassen."

Sein Körper spannte sich, und die Hände ballten sich zu Fäusten.
"Ich will ihnen allen glauben, was sie sagen. Allesamt haben sie geblutet. Gorix ... von Feuerklinge liegt heute noch in tiefem, unheilvollen Schlaf, und so viele waren dem Tode nahe. Und doch wurde selbst der letzte Kämpfer noch hinuntergeschleppt. Für alle wurde gesorgt, keiner ist gestorben.

Nur sie.

Sie starb allein und verlassen. Im kalten Regen, in dunkelster, tiefster Nacht lag sie dort. Sie hatte Ysander, der sie versorgen wollte, wütend fortgescheucht, anderen zu helfen. Wie es ihre Art war, ungeachtet ihrer Wunden, sie stellte einen jeden vor sich."

Wäre ich nur da gewesen.
« Letzte Änderung: 19. Jan 19, 22:50 von Vanion »
"LARP ist nicht ein Hobby, es sind mindestens acht oder so. Ich betreibe etwa fünf davon." RalfHüls, LarpWiki.de

Offline Isabeau Lioncoeur

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #92 am: 20. Jan 19, 00:10 »
Das Gesicht der Baronin von Goldbach verlor alle Farbe und ihre Augen schienen riesengroß.
Dieses eine Mal ließ sie alle ihre Gefühle sichtbar werden: Entsetzen, Ungläubigkeit, Wut und dann, da, dieses Gefühl welches Vanion sehr genau kannte:
Verachtung.
"Wer?" fragte sie mit gefährlich ruhiger Stimme, "Wer hat diesen Kampf kommandiert?"
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Offline Vanion

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #93 am: 20. Jan 19, 00:26 »
"Schangra Sylvacynicos, die Großaxt, hatte den Befehl."
Vanions Stimme war eiskalt.
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Offline Isabeau Lioncoeur

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #94 am: 20. Jan 19, 00:39 »
Isabeau nahm diese Neuigkeit bedächtig auf.
Sie schwieg und ihr Blick fiel wieder auf Lorainnes Gesicht.
"In den letzten zehn Jahren gab es nur sehr wenige Augenblicke in denen sie so friedlich aussah."
Sagte sie scheinbar zusammenhangslos.
"Und das war, wenn sie auf Goldbach mit ihrer Tochter zusammen spielte. Es zerriß sie jedes Mal wenn sie wieder fortreiten und sie zurück lassen musste. Sie tat es weil sie es tun musste, weil ihre Verpflichtungen es von ihr verlangten. Aber sie tat es immer in dem Wissen, dass Goldbach alles dafür tun würde, dass Judith auf sie warten konnte."
Sie strich Lorainnes Haare aus ihrer Stirn.
Als sie wieder sprach, da klang die unerbittliche Härte firngarder Stahls in ihrer Stimme:
"Wenn dieser Barbar der Grund dafür ist, dass Lorainne ihre Tochter nicht aufwachsen sieht, dann wird er dafür bezahlen."
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Offline Berengar von Thurstein

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« Antwort #95 am: 20. Jan 19, 10:15 »
Schon während des Abendessens hatte ihn eine furchtbare Müdigkeit überkommen. Die Ereignisse der letzten Wochen und Monate, gepaart mit dem immer wieder kehrenden Verlust von Menschen, die er viel zu nah an sich heran gelassen hatte, forderten offenbar endlich ihren Tribut, nachdem nun der lähmende Schrecken allmählich abzuklingen begann. Und so hatte er sich ohne viel Aufhebens bei der ersten sich bietenden Gelegenheit entschuldigt, und sich mit Anders zusammen zurück gezogen.

Er hatte dafür Sorge getragen, dass sie sich auch wirklich hinlegte und war dann einfach bei ihr geblieben. Zum einen, damit sie nicht alleine aufwachen würde, wenn der Schlaf sie nicht zu halten vermochte, zum anderen, um selbst nicht allein zu sein. Mitten in der Nacht schreckte er jedoch auf und tastete instinktiv nach dem Messer, welches er früher immer in Griffweite gehabt hatte. Als seine tastenden Finger jedoch nur das Haar der Kenderin fanden, kam er ganz zu sich und sah sie lange schweigend an.

Ein innerer Drang überkam ihn, Lorainne aufzusuchen, doch widerstand er dem Gefühl eisern, um Anders nicht im Stich zu lassen. Stattdessen erhob er sich vorsichtig und legte ein Scheit auf das herunter gebrannte Feuer, welches den Raum warm hielt. Sodann entzündete er zwei kleine Kerzen und fing an, neben dem Kopfende des Bettes aus einem alten Märchenbuch vorzulesen. Leise, und für niemand bestimmten, doch es lenkte ihn ab, und ließ Anders wissen, dass sie nicht alleine war.
"Der Krieg hinterlässt uns um so Vieles ärmer, als er uns vorgefunden hatte."

"Jemand, der behauptet, er kenne keine Furcht, ist entweder ein Narr, oder ein Lügner."

Offline Vanion

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #96 am: 20. Jan 19, 20:45 »
Isabeau nahm diese Neuigkeit bedächtig auf.
Sie schwieg und ihr Blick fiel wieder auf Lorainnes Gesicht.
"In den letzten zehn Jahren gab es nur sehr wenige Augenblicke in denen sie so friedlich aussah."
Sagte sie scheinbar zusammenhangslos.
"Und das war, wenn sie auf Goldbach mit ihrer Tochter zusammen spielte. Es zerriß sie jedes Mal wenn sie wieder fortreiten und sie zurück lassen musste. Sie tat es weil sie es tun musste, weil ihre Verpflichtungen es von ihr verlangten. Aber sie tat es immer in dem Wissen, dass Goldbach alles dafür tun würde, dass Judith auf sie warten konnte."
Sie strich Lorainnes Haare aus ihrer Stirn.
Als sie wieder sprach, da klang die unerbittliche Härte firngarder Stahls in ihrer Stimme:
"Wenn dieser Barbar der Grund dafür ist, dass Lorainne ihre Tochter nicht aufwachsen sieht, dann wird er dafür bezahlen."

Wenn Vanion so etwas hörte, war sein erster Reflex immer, die betroffene Person in Schutz zu nehmen. Er wusste nur zu gut, was es bedeutete, den Zorn der Baronin auf sich zu lenken. Aber hier, an diesem Ort, war jede Tünche überflüssig. Er war wütend ob der Art, wie sie gestorben war. Er war wütend auf Ysander, der der erste gewesen war, ihm zu sagen, was geschehen war. Ysander hätte es besser wissen müssen, als sich einfach fortschicken zu lassen. Und Berengar! Was war eine Ritterbruderschaft wert, wenn man nicht füreinander einstand? Und dann waren es ausgerechnet die Äxte, auf die Vanion einiges gehalten hatte, unter deren Führerschaft Lorainne gestorben war. Ja, vielleicht tat er manchen Unrecht. Vielleicht hätte auch er Lorainnes Tod nicht verhindern können. Vielleicht war es der Wille der Götter gewesen, und vielleicht hatte Lorainne nur allzu gern ihr Lebensbuch geschlossen. Er wusste all das.

Aber es war so ungerecht. Sie war ihm genommen worden, nach allem, was sie miteinander, füreinander, gegeneinander durchgestanden hatten. Sie war fort, fort, fort, und alles, was nun noch blieb, war kalte, hallende Leere. Zu einem Nichts war sein Leben verkommen, all seine Taten galten ihm nichts in diesem Moment.

Er mühte sich nach Kräften, die giftigen Gedanken, die in ihm gereift waren, zu bändigen, aber es half nichts. Lorainnes Tod wäre nicht geschehen, hätte auch nur einer, der dort gewesen war, sich gesorgt. Sie alle hatten versagt.

"Er wird bezahlen. Sein Stand schert mich nicht."
« Letzte Änderung: 20. Jan 19, 20:47 von Vanion »
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Offline Isabeau Lioncoeur

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #97 am: 20. Jan 19, 22:08 »
Isabeau beobachtete den kochenden Ritter vor sich, ihr Gesicht wieder unergründlich.
Die Beziehung zwischen den beiden war nie einfach gewesen und durch Vanions Eidbruch für eine Zeit lang völlig zunichte gemacht worden.
Jetzt herrschten andere Bande zwischen ihnen, andere Verpflichtungen und Erwartungen.
Sie drückte Lorainne einen Kuss auf die Stirn und flüsterte ihr etwas ins Ohr, bevor sie aufstand.
Sie nahm ein einfaches Lederband von ihrem Hals, an dem ein Ahornblatt baumelte und legte es Lorainne um.
"Au revoir, mon Soeur, möge Lavinia dich in ihrem Schoß wiegen."

Sie wickelte die Decke wieder um sich und wandte sich zum gehen.
"Wenn ihr euch blindlings von eurem Zorn leiten lasst und all das zerstört was ihr in den letzten beiden Jahren aufgebaut habt, dann ehrt ihr weder sie noch ihr Andenken, Chevalier."
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sie bevor sie die Decke über den Kopf zog und leise den Raum verließ um unerkannt in ihr Zimmer zurück zu kehren.
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Offline Vanion

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #98 am: 20. Jan 19, 22:44 »
Isabeau hinterließ eine schwere Stille, in der er sein eigenes Herz klopfen hören konnte.

Die Mahnung der Baronin hatte ihn getroffen, auch wenn sie sanft gesprochen worden war. Ein Nachhall der Hand seiner Frau Minne wärmte seine kalte Schulter, und als er schwand, kniete der Ritter neben der, die ihn zum Ritter gemacht, nieder. Sanft strich er ihr übers Haar.

"Sag mir, was ich nun tun soll, Lorainne. Bitte sag es mir." Verzweiflung überkam ihn, und endlich, endlich begriff er vollends, dass Lorainne tot war. Dass sie nicht wiederkehren würde, dass keine Strafe, kein Lohn, keine Tat, die jemand vollbringen konnte, sie wiederbringen würde. Und warum, warum sollte jemand das auch tun? Sie hatte den Ritterstand geziert, gegen alle Widerstände. Hatte einen Krieg gefochten und gewonnen, das Lehen ihrer Vorväter zurückgewonnen, einem Kind ein Erbe hinterlassen, von dem noch Generationen singen würden. Einen Bauern hatte sie zum Ritter gemacht, und durch den Dienst an Lavinia hatte sie Buße getan für alle schlimme Taten, die sie auf Erden begangen.

Eine einzelne Träne rann seine Wange herab. Es war die letzte, die er um sie weinen würde.


Lorainne de la Follye des Joux, deren Ahnen vor über hundert Jahren über das große Meer gekommen waren, hatte diese Welt verlassen.



Ihr Knappe würde wachen in ihrer letzten Nacht.
« Letzte Änderung: 20. Jan 19, 23:34 von Vanion »
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Offline Ulrich

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #99 am: 21. Jan 19, 02:30 »
Im Kloster, und auf der Reise war er nur ein Schatten gewesen. Niedergeschlagen im leichten kalten Nieselregen inmitten Firngards. Der Wälder und Wiesen um die er einst gekämpft hatte. Alles fühlte sich taub an. Die Umgebung dunkel und hinter Nebel. Sein Arm lag in einer Schlinge und er dachte gar nicht mehr daran ihn weiter zu rühren.
Sie hatten La Folley erreicht und das erste was durch den Schleier der Taubheit drang war Anders Schrei. Es riss ihn hoch und in ihm brach etwas. Beschützen, dass war alles, was er wollte. Und nun war es so gekommen. Niemand anders als der Täuscher war an dem hier Schuld. Alles nur ein Spiel für ihn... Lorainne war am selben Ort gestorben, andem sie zur Ritterin wurde. Reine Ironie und er wusste ganz genau das der Listige nun in seinem Reich saß und lachte. Er konnte es hören.
Anders hatte ihn nur kurz angesehen aber vielleicht nichteinmal erkannt. Vanion war in ihrer Nähe gewesen und später hatte Berengar sich ihr angenommen. Und Ulric würde in Lorainnes Nähe bleiben bis sie ihre letzte Ruhe gefunden hatte. Er saß lange Zeit in dem Raum indem Lorainne aufgebahrt war. Irgendwann, es war schon längst dunkel geworden, war er hinaus gegangen und hatte sich auf einen Stuhl gesetzt. Von dort aus erkannte er wie die Baronin in eine Decke gehüllt den Raum betrat indem die Chevallier lag. Er nahm es nur noch halb wahr und schlief kurz darauf ein.



« Letzte Änderung: 21. Jan 19, 02:59 von Ulrich »
Im Krieg werden mutige Menschen Helden.
Feiglinge kehren lebendig nach Hause zurück.
(Andrija Talic)

Offline Lorainne

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #100 am: 21. Jan 19, 06:16 »
Der kommende Morgen war Still, trotz der Betriebsamkeit. Die, die frühstücken wollten, Taten das schweigend. Es war eine dieser unheimlichen Art von Stille, die aufkam, bevor ein gewaltiger Sturm losbrach.
Fulk hatte sich in seine besten Gewänder gekleidet und grüner samt leuchtete förmlich im lichte. Das Grün der La Follyes.

Und dann, als die Spannung fast nicht zu ertragen war, trafen die ersten Gäste ein. Erst nur einige Bauern, der Müller samt Familie, André, der Holzfäller, Bruder Johann aus Roquefort,  netten und seine Familie, Menschen, die lorainne gemeint und geschützt hatte. Die Menschen, für die sie gestorben war.
Erst kamen sie nur vereinzelt die kleine Straße, die von der großen reichsstraße abzweigte, entlang, dann in einem nicht enden wollenden Strom.
La Follye schien aus allen nähten zu Platzen.

Offline Simon de Bourvis

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #101 am: 21. Jan 19, 10:38 »
Es wäre falsch gewesen, zu behaupten, Lorainne de LaFollye de Joux sei besonders beliebt gewesen.
Nein.
Für jeden, der sie bewundert, geschätzt oder gemocht hatte, gab es jemanden, der sie verachtet, verflucht oder verleumdet hatte.
Doch eines konnte man mit Fug und Recht behaupten: Den wenigsten war sie gleichgültig gewesen.

Als sich an diesem Morgen der Nebel einem Leichentuch gleich über dem  Land lag, machten sich die, die ihr ihren Respekt zollen wollten und die, die sehen wollten, dass sie wirklich tot war, auf. Dazu kamen jene, die sich so ein Ereignis nicht entgehen lassen wollten.

Schon aus Höflichkeit waren da die Ritter der benachbarten Lehen.
Lorainnes Lehensherr, der Baron von Blanchefleur selbstredend, mit den Rittern in seinen Diensten.
Entfernte Verwandte aus Oscronne.
Der eine oder andere Ritter aus Beauxchamps.
Und natürlich die, die sie noch aus dem Krieg kannten.

Nach Brauch und Sitte hatten die Damen ihre besten Kleider aus den Truhen geholt, die Ritter in voller Rüstung hatten die Helme poliert und ihre Banner, Penons und Wipel zeigten stolz die Wappen ihrer Häuser.

Wären sie sich sonst auf der Strasse begegnet, so hätte es wohl nicht wenige kleine und grössere Streitereien gegeben, ein paar Duelle oder auch eine waschechte Prügelei.

An diesem Tag nickten sie sich auf der Strasse nur eisig zu und hielten ihre Zungen im Zaum.

Sie würden heute nicht nur eine der Ihren zu Grabe tragen, nein sie würden ihren Stand, ihr Land und ihre Art zu leben und zu sterben feiern.

Nun war Lorainne der Gegenstand von viel Getuschel und unzähligen Gerüchten gewesen.
Der Vater angeblich von den eigenen Bauern aufgeknüpft, angeblich aber entkommen und bis zu seinem Tod im Verborgenen in Fehde mit den Nachbarn, fast wie ein Strassenräuber sagte man.
Sie selbst unter falschem Namen in den Knappenstand getreten, dann die bekannten Geschichten von dem Mädchen dass im Krieg war und als erste Frau zum Ritter wurde.
Das Duell mit Simon de Bourvis.
Ihre zahlreichen Verlobungen, ihre Hochzeit bei der der Bräutigam erschlagen wurde.
Ein Kind aus einer geheimen Liebschaft, manche sagten: geheimen Heirat.
Und ihre Zeit in Lavinias Orden. Als niederste der Niederen.
Am Ende ein Tod auf dem Feld, nicht schnell und sauber, sondern langsam und dreckig.

Ihr Andenken war schwierig. Da war zuviel Absonderliches, als dass man es hätte gutheissen können. Aber auch zuviel Besonderes, als dass man sie hätte verdammen können.

Am Ende zählte für die Meisten vor allem eines: Eine Firngarderin, eine Ritterin, war im Kampf gefallen. Im offenen Kampf war sie unbesiegt geblieben, nur feige von hinten hatte der Feind sie überwinden können.

Für einen Tag würde das Gezänk also verstummen, bis sie Lorainne de LaFollye den Respekt erwiesen hatten.

Simon zupfte an seinem neuen Surcot herum und besah sich die Reiter, die nah und fern auf der Strasse zu sehen waren, die Banner, die sich vor und hinter ihm im leichten Wind wiegten, die leuchtenden Farben der Wappen und nickte.
Angemessen, fand er, dann trieb er sein Pferd weiter und schloss zu seinem Lehensherren auf.

Wir wollen wie Kinder sein,
nämlich dumm und 1,30.

Offline Jeremias

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #102 am: 21. Jan 19, 11:54 »
Die Nachricht hatte Voranenburg schnell erreicht und nach einer kurzen Absprache innerhalb der Familie hatten sich Damian und Leonie mit ihrer Tochter als Vertreter des Grafen gen Norden aufgemacht. Die Kutsche war modern und mit einem kleinen Metallofen versehen, damit auch das jüngste Mitglied der Voranenburger Familie mitreisen konnte.
Begleitet wurde die Reisegesellschaft neben dem kleinen Gefolge der beiden Priester von einer Abteilung Gardisten in gräflichem Livree. Diese sorgten auch dafür, dass die Kutsche auf der kleinen Straße nach Follye trotz des wachsenden Stroms voran kam. Und auch wenn viele einfachen Leute das gräfliche Wappen nicht erkannten, so erkannten und respektierten sie die daneben hängenden Zeichen der Sonne Alamars und der Kirschblüte Lavinias.

Fulk dagegen erkannte das Grafenwappen sofort und wusste, wer da auf den Hof gefahren war. Als Damian und Leonie ausstiegen, sah er ihnen beiden in die Gesichter. Während Leonie den Frieden einer Laviniapriesterin ausstrahlte und in ihrem Arm ein zufriedenes Kind lag, merkte man Damian eine innere Anspannung an. Sein Gruß gegenüber Fulk war kurz und knapp und während sich ihr Gefolge um die Kutsche kümmerte, ließen sich die drei Voranenburger den Weg zur Kammer weisen.

Sie nickten Ulric zu, der vor der Kammer saß und betraten die Kammer. Leonie übergab ihre gemeinsame Tochter ihrem Mann, der mit dunklem Blick auf den Körper Lorainnes schaute. Dann kniete sich die Laviniapriesterin nieder und betete leise. Vanion hörte nur einen Fetzen: „...und geliebte Lavinia, als deine Vertreterin vor den Menschen und deine geliebte Tochter, bitte ich dich, nimm den Schatten von deiner Dienerin Lorainne und runzelne nicht länger die Stirn. Nimm sie auf in deinen Schoß und schenke ihr deine Gnade, ...“

Als Leonie fertig geworden war, nahm sie das Kind und ließ Damian in der Kammer zurück. Dieser schaute sich Lorainne noch einmal an. Dann schaute er Vanion an. „Danke für die rechtzeitige Nachricht und die Gelegenheit.“ Er holte tief Luft und Vanion konnte in den Augen des Alamarpriesters sowohl Trauer wie auch Wut sehen. „Vielleicht kannst du mir beizeiten berichten, wie die Umstände ihres Todes waren...“ Noch bevor Vanion etwas sagen konnte, schob er nach: „Aber nicht jetzt. Hinter uns auf der Straße waren noch mehr Banner von hohen Häusern. Wenn du oder Fulk Hilfe brauchst, sag es mir.“
Er drehte sich um und verließ langsam die Kammer, warf dabei noch einen letzten Blick auf die tote Ritterin und berührte sie kurz an der Stirn.

Offline Lorainne

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Antw:La Follye, 267 n.J.
« Antwort #103 am: 21. Jan 19, 12:35 »
Plötzlich machte sich Unruhe breit. Man hatte eine weitere Reitergruppe entdeckt, das Banner flatterte unruhig im Wind. Ihre Ankunft war befürchtet worden, kam also nicht unerwartet. Dennoch hatte man gehofft, sie würden nicht kommen, doch die Familie konnte man nicht fernhalten.
So ritt die Gruppe in den Hof, ein weißes, schlangenartiges Wesen auf grünem Grund.
Marnois!
Auf schicksalhafte Weise hatte Marnois die Entfremdung zwischen Jules de la Follye und seinem Herren bestimmt, hatte er es doch gewagt, die Tochter des damaligen Barons zu heiraten, entgegen aller Vernunft.
Mit Marnois Verband man seit dem bruderkrieg vor allem Zank und Streit.
Nichtsdestotrotz hatte marnois lorainne unterstützt, als sie im ihr Lehen focht.
La Follye war stets Anlass des gezänks gewesen und nachdem die eine Fehde unter Rittern beigelegt war, war es an lorainne gewesen, die aufkeimende Fehde zwischen den Baronin zu verhindern. An dem Tag war sie ins Kloster eingetreten, da sie sich an ihre schwüre gegenüber ihren Herrn gebunden sah, sich aber nicht gegen ihre Familie stellen konnte. Sie wusste, wie sehr Vanion gelitten hatte, hin und her gerissen zwischen seinen Pflichten.

Fulk seufzte. Das hier ist doch kein Jahrmarkt!

Offline Berengar von Thurstein

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« Antwort #104 am: 21. Jan 19, 12:47 »
An diesem Morgen stand Berengar früh auf. Er nahm ein reinigendes Bad, rasierte sich, ließ sich die Haare schneiden und frische verbände anlegen wo ihm noch immer die Rippen schmerzten. Seine Kleidung für den Anlass bürstete er sehr sorgfältig aus, und brachte dann schwarze Schärpen auf seinem Wappen, dem Wappen des Königreiches Lichttal und dem Vergissmeinnicht des Bundes der Wehrenden Streiter vom Spital der gnadenvollen Mutter Lavinia an. Sein Schwert gürtete er nicht, sondern schlang den Waffengurt, welcher mit der Schwertscheide fest verbunden war, als Friedensschlinge um das Gefäss der Waffe, und brachte sehr sorgfältig die Ehrenbänder am Griff an.

Anders war auf eigenen Pfaden unterwegs und würde später zu ihm hinzu kommen. Und so machte er sich auf, um sich zu den anderen zu gesellen. Nach außen trug er eine Mine aus Ruhe und Fassung zur Schau, doch wurde dies mit jedem bekannten Gesicht mehr und mehr auf die Probe gestellt.

Schließlich entschied er sich, als ausländischer Ritter ohne große Relevanz auf diesem Grund und Boden einfach nicht ins licht der Aufmerksamkeit zu rücken, und würde im Gegenteil darauf warten ob man ihn ansprechen würde. Je weniger er über die Tage nahe der Stadt Engonia sprechen musste, um so lieber war es ihm. Jeder Bericht, den er abgegeben hatte, war wie eine neue Verwundung gewesen. und allmählich kam er an den punkt, wo er glaubte, den Schmerz nicht mehr ertragen zu können...
"Der Krieg hinterlässt uns um so Vieles ärmer, als er uns vorgefunden hatte."

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