Eine Aufgabe war es, was sie brauchte. Etwas, das sie tun konnte, um sich nicht in ihren Gedanken zu verlieren. Hier bei ihren Freunden und Verbündeten sah sich Kydora derzeit nicht als große Hilfe... Früher da war sie mal besser darin gewesen Trost zu spenden und den Leuten Beistand zu leisten. Doch die Zeiten änderten sich nun mal. So war das eben.
Und so hatte sie beschlossen einer anderen Aufgabe nachzugehen. Atos hatte nicht nur hier bei Graufelden sein Unwesen getrieben. Nein auch in anderen Dörfern und Landstrichen in der Nähe des Arden und Ulds waren die Spuren seines finsteren Handelns zu finden. Kydoras Griff um das Stäbchen in ihrer Linken wurde fester. Was Atos hier getan hatte, hatte er sicher auch woanders getan und ihr Ziel war es, diese... Menschen-Fallen loszuwerden. Es würden gewiss nur kleine Erfolge sein, aber auch die zählten.
Zwei Tage waren vergangen seit den Ereignissen...seit Maugrim... Kydora lenkte ihren Fokus wieder auf die bevorstehende Aufgabe. Sie schaute auf die kleine Reisegruppe, welche nun zusammen mit ihr abreisefertig etwas außerhalb des Lagers stand. Eine überschaubare Gruppe, aber sie deckte die wichtigsten Fähigkeiten ab. Und in einer kleinen Gruppe wären sie zudem schneller und flexibler unterwegs.
"Ich habe ja schon erzählt worum es geht. Wir sollten also alle die Augen nach diesen Dingern offen halten." Die junge Silvanaja hielt eines der Seuchenstäbchen hoch, das sie hier in der Umgebung zerstört hatten. "Meine Vermutung ist, dass sich diese Dinger an Waldrändern und Weihern finden könnten. Diese Seerosen und schwarzen Rosen könnten gute Hinweisgeber sein. Enid und Lyra wissen, welche ich meine. Ebenfalls vermute ich diese Stäbe an Orten, wo Leute gelebt haben oder viele Leute vorbeikommen. Dörfer, Höfe oder auch Kreuzungen von Handelswegen..."
Sie atmete kurz durch und sortierte ihre Gedanken, derweil sie das Stäbchen wieder sinken ließ.
"Wenn man sich einem dieser Stäbchen zu sehr nähert, schwächt es einen sofort. Die Auswirkungen sind unterschiedlich, aber im Kern ist es immer eine Krankheit, die einen befällt. Ich weiß, dass Lyra das aufheben kann. Yorik, ich vermute, dass du auch eine Hilfe sein kannst in einem solchen Fall. Da diese Stäbe leicht zu übersehen sind, würde ich vorschlagen, dass ihr beiden, Lyra und Yorik, nicht nebeneinander hergeht. Erwischt es einen von euch, kann der jeweils andere helfen. Wenn ihr beide gleichzeitig in so eine Falle tappen würdet, hätten wir ein Problem."
Kydora stellte ihren Rucksack auf dem Boden ab und begann das Stäbchen darin zu verstauen. Sie hatte gewiss irgendwas übersehen. Irgendwas bei diesem Vorhaben hatte sie vermutlich übersehen, doch kam sie nicht dahinter, was es sein könnte. Sie hatte sich lange darüber Gedanken gemacht, doch vielleicht war ihr Urteilsvermögen auch ein wenig von ihren Emotionen getrübt. Sie wusste es nicht. Aber sie wollte zumindest einen Versuch wagen, wenigstens irgendetwas zu tun. Und ein Risiko gab es immer.
"Wenn noch jemand Ideen oder dergleichen hat, gerne raus damit. Ich werfe schließlich auch nur Gedanken in den Raum, die ich mir gemacht habe." Sie richtete sich wieder auf und schulterte den Rucksack. "Ansonsten würde ich vorschlagen, dass wir uns erstmal zum nächstgelegenen Dorf aufmachen. Enid war ja eine Weile in der Gegend unterwegs und müsste uns hinführen können. Und wir sollten immer die Augen offen halten, aber das hatte ich ja schon gesagt..."