Er zog die Hand aus der Erde heraus. Die Hand eines viel jüngeren Rikhards. Eines Rikhards, der sich noch nicht den Namen Kraftweber gegeben hatte. Mit der anderen Hand strich er die Erdkrumen von seinem Handrücken. Tief sog er die Luft ein. Schmeckte das Leben im Boden. Hörte die Vielfalt des Waldes. Spürte den Wind, der über seinen Rücken strich, und all das vereinigte sich mit dem ständigen Gluckern und Plätschern und Rauschen, dass der Fluss Aines, den er spüren konnte, mit sich brachte.
Dann schlug er die Augen auf.
"Und? Wie war es? Sag schon!"
Die Stimme klang glockenhell in seinem Schädel nach, und geschärft, wie seine Sinne waren dröhnte sie laut, aber das machte ihm nichts aus.
"Es war unglaublich! Ich hab's wieder gespürt! Es ist, als würde ich meine Finger in einen kalten Bach halten, als könnte ich mit der hohlen Hand schöpfen, formen, es - es ist toll! Ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen, als könnte ich die ganze Welt bewegen! Ich kann kaum erwarten, es meinen Eltern zu sagen! Sie werden so stolz auf mich sein!"
Das fröhliche Lachen, das ihm begegnete, erfüllte ihn mit Stolz und machte ihn glücklich.
"Ja, das werden sie, Rikhard! Es ist ganz schön selten, dass einer von uns diese Fähigkeiten zeigt. Ich frage mich, was der Schamane sagen wird. Er kann wirken, durch die Kraft der Geister, vielleicht kann er dir etwas beibringen!"
Die beiden Kinder sprangen begeistert auf, fassten sich bei den Händen und rannten los.
Rikhards Hand zitterte, seine Knöchel waren weiß. Als er seinen Griff löste, fiel die Erde völlig zusammengedrückt zu Boden. Tränen rannen aus seinen Augen. Die Erinnerungen, so mühsam fortgeschlossen, über Jahre eingesperrt in eine Kiste aus dicken Balken, brach sich Bahn.
"Reiß dich zusammen!"
Die Zähne zusammengebissen, die Hände zu Fäusten geballt, das Gesicht zu einem Ausdruck verkrampfter Anstrengung verzogen, war Rikhard nicht in der Lage, dem Schamanen eine Antwort zu geben.
"Wenn du die Kontrolle verlierst, übernimmt es dich! Schließ es ein!"
Und Rikhard nahm alle Kraft zusammen. Er spürte den Fluss, hörte das Gluckern, freute sich, damit zu spielen, darin einzutauchen - "Nein! Bekämpfe es!"
Der Junge verstand nicht, warum er es bekämpfen musste. Verstand nicht, warum er nicht, wie vorher, einfach bunte Funken erzeugen konnte, kleine Dinge schweben lassen konnte, oder sich einen Menschen in diesen glitzernden, leuchtenden Linien anzuschauen, die ihn so schön aussehen ließen. Aber er hörte auf dem Schamanen. Der wusste schließlich, was gut für das Dorf war.
Rikhard konzentrierte sich. Stück für Stück richtete er seine Mauer auf. Staute den Fluss, der mit aller Macht gegen Rikhards Willen ankämpfte. Das Wasser wurde sein Feind.
Dann brach der Damm. Rikhard wurde in die Luft geschleudert, Funken stoben umher, und als er auf dem Boden aufschlug, wurde ihm alle Luft aus den Lungen gepresst. Bevor ihn die Ohnmacht umfing, hörte er eine Stimme sagen: "Seht ihr? Er ist gefährlich, ich sage es euch..."