Die Ankunft der Adligen im Gesindesaal löste große Bewegung unter den anwesenden Bediensteten aus. Wer saß, stand auf, es wurde den hohen Herrschaften zugenickt, geknickst, sich verbeugt, einige kamen auch heran und hießen ihre Herrin und den Ritter willkommen.
Der Raum war mäßig durch einfache Laternen, Öllampen und zwei Kohlebecken beleuchtet. Das Gesinde nutzte das Holzgebälk an den Übergängen von Wänden zur Decke, um mittels langer Seile und ungefärbter Stoffbahnen einige Bereiche abzutrennen und so ein wenig Privatsphäre zu schaffen. An den Wänden und in diesen abgetrennten Nischen lagen mit Decken, Fellen und Kissen bestückte Strohsäcke, einfache Truhen und grobe Regale enthielten das persönliche Habe des Gesindes.
Bänke, Hocker und einfache Tische standen im Raum verteilt, hier und da konnte man sehen, wormit der ein oder andere bis gerade beschäftigt gewesen war. Eine Tunika und Nähzeug lagen auf einem Tisch nahe einer Kerze, ein Paar schlichter Holzschuhe entstanden nahe eines Kohlebeckens - der Boden war voller Holzspäne, Strickzeug - ein fast fertiger Schal aus besonders dick gesponnener, kuscheliger Wolle - war rasch auf einem Hocker abgelegt worden, auf einer Truhe standen zwei schlichte Tonbecher, ein Krug und ein lederner Würfelbecher, offenbar ging jemand der Köchin zur Hand - ein Brettchen, ein Messer und eine Schale voller Zwiebel- und Lauchgemüse standen auf einem Tisch bereit und in einer Ecke wartete ein Spinnrad darauf, dass die Arbeit daran wieder aufgenommen würde.
Da rasch ersichtlich wurde, wohin ihr Weg die Baronin führen würde, traten die Leute lächelnd zur Seite und wandten sich wieder ihren Beschäftigungen zu, sobald die beiden Adligen an ihnen vorbei gegangen waren.
Noch bevor sie die verhängte Nische erreicht hatten, trat hinter dem Laken die Hebamme "Mère Amma" hervor. Die rundliche, ältere Frau hatte bereits den Großteil Goldbachs auf die Welt geholt und war bei allen Personen der Baronie gleichermaßen geachtet und beliebt.
"Ah Madame! Da wird sich Fleur aber freuen!"
Sie knickste auf die für sie so typische Art und wandte sich dann wieder um, damit sie den beiden Herrschaften den Stoff zur Seite halten konnte.
In der mit einigen Kerzen angenehm beleuchteten Nische lag eine strahlende, ziemlich frisch aussehende Fleur auf einem sehr großen Strohsack, der mit Fellen, Decken und Kissen geradezu dekadent bepolstert war. In ihren Armen, geradezu verschwindend klein in all den Decken, lag ein kleines, rosiges Neugeborenes und schlief zufrieden...