Tiors Tempel

[Kassandra Wolfsgeheul]

"Ich."
Der Krieger, der an der gegenüberliegenden Seite den Kampfplatz betrat, war in jeglicher Hinsicht ein angemessener Gegner für Aras. Er war ebenso groß wie dieser und in den Schultern womöglich noch breiter. Er trug in jeder Hand eines der Übungsschwerter.
An seiner Kleidung fand sich kein Hinweis darauf, dass er zum Tempel gehörte.

[Aras]

"Fein. Dann soll es so sein."

Aras betrat den Ring und machte sich kampfbereit. Die Waffe hier er in Grundstellung, es galt abzwarten. Der Krieger hatte einen leichten Vorteil durch das verwenden zweier Waffen. Ob dieser damit auch umgehen vermochte war eine andere Frage. Ruhiger Geist, ruhige Klinge. Aras Miene erstarrte zu Stein und sein Blick war erfüllt von Zorn.

[Kassandra Wolfsgeheul]

Sein Gegner sah das ganze offenbar anders als er. Er stürmte plötzlich und ohne weitere Vorwarnung auf Aras zu, während seine Klingen parallele Bögen beschrieben und auf Aras linke Seite zielten.

[Aras]

Unbeeindruckt wartete Aras auf den passenden Moment und legte seinen Oberkörper nach rechts, während er gleichzeitig zu einem Angriff ausholte der seinen Gegner am linken Bein treffen sollte.

[Kassandra Wolfsgeheul]

Leider war er nicht schnell genug, denn sein Gegner knickte seine Waffen im letzten Augenblick ab, traf seine Schulter und drehte sich von ihm weg, ohne das ihn Aras' Waffe traf. Der Kampf wogte eine Weile hin und her, wobei der Novize aber deutlich mehr Schläge einstecken musste, als sein Gegner. Es schien, als ob dieser nicht mit aller Kraft schlagen würde.

[Aras]

Aras schrie auf. Laut und ungehemmt, versuchte er seine restlichen Energiereserven zu bündeln. So einfach wollte er sich nicht schlagen lassen.

[Kassandra Wolfsgeheul]

Als Aras sich mit vollem Einsatz in den Kampf warf, reagierte auch sein Gegner. Die Angriffe wurden heftiger, die Schläge brutaler. Der Krieger schaffte es immer wieder seine Deckung zu durchbrechen  und ihm mehr als einen empfindlichen Tritt zu verpassen. Die Schläge, die Aras landete waren ebenso wuchtvoll, aber bedeutend seltener.
Als sein Gegner auf ihn eindrang, traf das Übungsschwert ihn am Kopf und über seinem rechten Auge öffnete sich eine Platzwunde. Das Blut tropfte ihm in die Augen und das Gesicht und dies schien der letzte Faden zu sein, der seine Zurückhaltung völlig verschwinden ließ.
Mit einem wütenden Knurren drang er auf Aras ein und begann nun auf ihn einzuprügeln. Dies hatte nichts mehr von einem Übungskampf auf sich, dies war nun bitterer Ernst.

[Aras]

Der junge Novize kannte dieser Art von Ausbrüchen nur zu gut. Nun hieß es verdammt schnell zu handeln. Die Aussichten waren nicht berauschend, sein ganzer Körper fühlte sich an wie eine einzige große Masse durchgeklopften Fleisches. Und die Schläge und Tritte die sein Gegner ihm nun verpasste, waren noch um längen heftiger. Im Geiste jedoch blieb er eisern. Wenn es Tiors Wille war, hier in diesem Ring zu sterben, dann solle es so sein, kämpfend bis aufs letzte Blut. Aras lies sich einige Schritte zurückdrängen und zu Boden schleudern. Er griff nach einer handvoll Sand und warf sie dem Krieger in die Augen. Kurz darauf stürzte sich der Novize mit einem Geschrei, das die Kampfgeräusche in der Halle kurz übertönte, auf seinen Gegner.

[Kassandra Wolfsgeheul]

Der Sand blendete seinen Gegner für kurze Zeit, so dass er ihn unter sich begraben konnte. Aras rechnete jedoch nicht damit, das dieser sich so schnell erholen würde und wurde in einem unbedachten Augenblick herumgeworfen. Sein Hinterkopf machte mit dem Boden Bekanntschaft und vor seinen Augen tanzten Sterne.
Eine Faust erwischte ihn knapp unter dem linken Auge und er fühlte die Knochen dort brechen. Aber das schlimmste war, das er die Faust, die ihm langsam aber sicher die Kehle zudrückte, nicht zu fassen bekam. Die Ränder seines Blickfeldes wurden unscharf und das Rauschen in seinen Ohren schwoll immer weiter an.

[Aras]

Aras versuchte mit letzter verbleibenden Kraft sich gegen sein Ende zu behaupten, jedoch dauerte bis ihm schwarz vor Augen wurde. Mit letzter Kraft versuchte er den Namen seines Gottes über seine Lippen zu bekommen, bevor er niederging.

[Kassandra Wolfsgeheul]

"GENUG!"
Eine Stimme donnerte über den Ring hinweg und der Druck von Aras Kehle schwand schlagartig.

[Aras]

Einige Sekunden dauerte es, bis der junge Novize sich langsam zu rühren begann. Mühselig jappste er nach Luft. Er drehte sich auf den Rücken, versuchte sich aufzurichten, was ihm allerdings nicht gelang. Er schaffte es, mit den Armen gestützt, sich hinzusetzen und versuchte irgendwas wahrzunehmen. Sein Kopf pochte so stark, das er die anderen Stellen seines Körpers kaum noch wahrnahm.

[Kassandra Wolfsgeheul]

Als er einen Blick zur Seite warf, sah er seinen Gegner, der nun selber nach Luft japsend auf dem Rücken lag.
Über beiden stand eine Frau. Ihr langes Haar fiel in ein Gesicht, das auf der rechten Seite von Narben geteilt war. Der Lederharnisch über dem rotschwarzen Gewand war zerkratzt, die Armschienen schlicht. An ihrer Seite baumelte eine Axt, die einzige sichtbare Waffe.
Sie musterte den Krieger, dessen Gesicht langsam eine bläuliche Färbung annahm und ging neben ihm in die Hocke. Sie griff an sein Gesicht und benetzte ihre Fingerspitzen mit dessen Blut, bevor sie sie an seine Kehle führte.
Kaum hörbar murmelte sie eine kurze Litanei und packte dann das Gesicht, um dem Mann in die Augen zu schauen.
"Atme!"
Als ob ein Bann von ihm genommen worden wäre, begann der Mann gierig Luft zu holen.
Die Frau hielt sein Gesicht weiterhin fest im Griff. Als sie sprach, war ihre Stimme wie Eis:
"Zorn ist Kraft, Wut die Wurzel allen Kampfes. Verliere dich in ihr und du verlierst dein Ziel. Tior braucht Krieger, keine Dummköpfe. Es gibt eine Zeit für Berserker. Hier und jetzt ist sie nicht."
Sie wischte ihre Hand am Hemd des Mannes ab und stand auf. Sie warf einen Blick auf Aras und dann zu einem der Akolythen.
"Bringt den Welpen in die Kapelle." sagte sie, bevor sie sich umdrehte und den Platz verließ.

[Aras]

Ehrfürchtig senkte Aras sein Haupt, zwar hatte er diese Frau noch nie in seinem Leben gesehen, jedoch wusste er um wem es sich bei dieser Frau handeln musste.
Als sie verschwunden war, biss der junge Novize die Zähne aufeinander und versuchte sich erneut zu erheben. Langsam, schmerzvoll und unsicher schaffte er es, aber aus eigener Kraft.

[Kassandra Wolfsgeheul]

Die Akolythin, die ihm das Übungsschwert gereicht hatte, packte ihn am Ellenbogen und stützte ihn. Sie deutete auf Aras Waffen, die dort lagen, wo er sie vor dem Kampf hingelegt hatte.
"Beeil dich, sie hasst es zu warten."
Sie machte keine Anstalten seine Waffen zu berühren, sondenr wartete bis Aras fertig war, um ihn dann mit schnellen Schritten zu einer Kuppel an der Nordseite des Hofes zu bringen.