Still nahm Vanion die Kleine auf seinen Schoß. "Darf ich vorstellen? Jeanne Bachlauf, meine Tochter. Ich komme zwar nicht von hier, aber ich halte einen caldrischen Namen für angemessen." Als die Amme hektisch in den Raum kam, sagte er ein paar beruhigende Worte zu ihr, dankte freundlich und schickte sie wieder fort. Er klopfte Yorik auf die Schulter. "Vielleicht ist es interessanter, was nicht in dieser Truhe ist." Vanion erinnerte sich an eine Feierlichkeit bei den Yorks, wo Lorainne ein großes, in Leder gebundenes Buch bei sich gehabt hatte. "Lorainnes Tagebuch endet einige Zeit vor der Hochzeit. Sie wird weitergeschrieben haben, denke ich. Aber tragen wir doch erstmal zusammen, was wir haben. Wir haben - nichts." Erwartungsvoll schaute Vanion in die Runde. Niemand schien zu verstehen. "Nichts, gar nichts!" Jetzt lächelte er. "Keine Spuren, keine Leiche, keine Lösegeldforderung - jedenfalls noch nicht. Glaubt ihr wirklich, dass eine Bande Gesetzloser das könnte? Die können wir ausschließen. Der Kult Szivars erwacht im Forêt d'Artroux, und am Morgen des nächsten Tages ist alles so, als wäre das nie geschehen - der Wald wirkte vor meiner Abreise friedlich. Ihr alle seid länger dort geblieben als ich. Von weiteren Angriffen hättet ihr mir erzählt, schätze ich. Ich weiß, dass die Männer des Grünen Ritters - " auf Otus' verständnislosen Blick erklärte Vanion: "- diese Bogenschützen, die vom Hang aus die Kultisten niedergeschossen haben! Ich lief hoch zu ihnen und fragte sie nach Lorainne," Was euch wohl kaum eingefallen ist, aber ihr wart ja damit beschäftigt, mich für einen Idioten zu halten "und sie sagten nur, ich solle keinem von Roqueforts Männern trauen. Dieser Zahlmeister kommt später, zahlt alle aus und findet nur Hohn und Spott ob der Tatsache, dass Lorainne verschwunden ist. Das alles schreit für mich nach dem Werk des Täuschers und nicht nach einem dummen Zufall oder gar caldrischer Politik." Er schwieg kurz, dann fuhr er fort: "Nun, der einzige, der den Angriff auf den Tross überlebt hat, bin ich. Vielleicht bin ich ja selbst mit den Angreifern im Bunde?" Vanions ironisches Grinsen trug nicht wirklich dazu bei, die Stimmung zu heben.
"Wir haben nichts, wir können nur vermuten. Wir haben Tote und Verwundete, Lebende und Verschwundene. Und wir haben - " Vanion sah einen nach dem anderen an: "Einen Valkensteiner Rekrut, der wohl kaum auf Befehl seines Vorgesetzten hier ist und Ärger bekommen wird", sein Blick wanderte zu Yorik, "einen Anführer, der grün hinter den Ohren ist", dann zu Zume, "eine Sylvanaja, die nicht weiß, was ein Knappe ist", und zuletzt zu Boniface, "und einen Lehrling, der aus irgendeinem Grund hier ist, der nach, wenn ich mich recht entsinne, Andarra unterwegs ist. Eine weite Reise für jemanden in Eurem Schuhwerk. Achso, und wir haben mich. Einen Knappen ohne Ritter." Das ist doch der Stoff, aus dem Marius' Geschichten gewoben sind. Nur dass diese Geschichten erlogen sind. "Was glaubt ihr denn, was wir hier tun können? Ich reise nach Uld, morgen oder übermorgen. Dort habe ich Freunde, die helfen können - vielleicht."