"Das, was du sagst, tut gut. Ich glaube, ich muss erstmal meinen eigenen Frieden finden und mit mir selbst ins Reine kommen. Savaric war mein Onkel, und der Ritterstand alles, worauf ich hin gearbeitet habe. Lass mich zumindest meine Familie beerdigen - ich möchte nicht verschwinden, nicht nochmal weglaufen. Ich bin mir sicher, dass wir uns spätestens zum Fest der Grenzen wiedersehen, und wenn ein wenig Zeit ins Lande gegangen ist und ich Gelegenheit bekomme, zu zeigen, dass ich kein schlechter Kerl bin, dann sitzen wir bestimmt bald wieder irgendwo beisammen und erzählen uns Geschichten."
Er streichelte über die Mähne seines Pferdes.
"Vielleicht besuche ich Lorainne. Mir scheint, dass vieles zwischen uns steht, was unausgesprochen geblieben ist. Sie dient nun Lavinia, was ich niemals tun kann. Lavinia Genetrix wird nicht gerade auf mich lächeln, glaube ich."
Er schwieg kurz, aber Lyra konnte sehen, dass Vanion nicht zu unglücklich wirkte. Zwar waren seine Träume zerstört, aber eine große Last schien von seinen Schultern gefallen zu sein.
"Das Wichtigste war, zurückzukehren. Ich war voller Scham, weil ich wusste, dass ihr euer Leben riskiert, um Lorainne beizustehen, während ich mich dahinter versteckte, nicht gegen meine Familie vorzugehen. Eines wenigstens bleibt mir: ich bin zurückgekehrt. Ich hab mich gegen mein Blut gestellt und für Lorainne entschieden. Ich habe am Ende Savaric getötet, und so schrecklich diese Tat war, sie war die logische Konsequenz der letzten Jahre. Diese Tat war mein größter Sieg, und meine größte Niederlage. Ich fühle mich, als sei ich wieder am Anfang. Kein Bauer, kein Ritter, nicht ehrlos, nicht ehrenvoll. Es liegt nun bei mir - ich verstecke mich nicht länger hinter Lorainnes Röcken - oder ihrer Rüstung.. ich verstecke mich nicht hinter Loyalitäten und Pflicht. Ich habe die Gelegenheit, zu zeigen, wer ich bin. Meine eigenen Entscheidungen zu treffen, in vollem Umfang. Die erste dieser Entscheidungen lautete, zurückzukehren, und die Konsequenzen sind brutal. Und doch war es richtig. Vielleicht, und nur vielleicht, wartet irgendwo ein Ritterschlag auf mich, und vielleicht wartet auch irgendwo der Tod in einem kalten, feuchten Straßengraben. Aber ich werde aufrecht meinen Weg gehen, mich vor niemandem verstecken. Ein Hohepriester Alamars und eine Baronin Caldriens verachten mich, doch meine Schuld an Silas ist bezahlt. Meine Pflicht an Lorainne ist getan, und wenn ich eines gelernt habe, dann, dass der Ritterstand nicht durch Geburt, sondern vielmehr durch das Handeln bestimmt wird. Ich mag kein wahrer Ritter sein, aber das ist niemand. Diese Hochzeit war eine szivarsgefällige Farce, und sie ist vorüber. Der Täuscher hat erneut verloren, doch er verfolgt seine Feinde. Seine Diener und ich werden immer und immer wieder aufeinanderprallen, und ich werde, so gut ich kann, meinen Teil leisten. Diese Geschichte mit den Steinherzen.. das hört sich doch nach etwas an, wo ich etwas ausrichten kann, nicht wahr?"