Die vergangenen Tage ließen sich für Eponine vor allem in Listen messen, Listen mit Einladungen, Terminen, Bestellungen, noch zu verfassenden Briefen, Titeln und Memoranden, so dass sie sich einerseits wünschte, sie hätte die Kurzschrift offizieller Kanzleien gelernt, wo Nachrichten, die nur sie selbst wieder lesen musste doch ohnehin schon aus mehr Kürzungstideln bestanden als aus vollständigen Wörtern, andererseits war sie frohum jeden Tag, der nicht in einer Katastrophe endete. Selbst Vanion lebte ja noch, auch wenn der Auftritt fast etwas Vermessenes gehabt hatte. Große Geste, aber nicht zu Ende gedacht? Na, irgendein alter Stein war sicherlich verschollen genug um ihn den Chevalier suchen zu lassen.
Und dann der Tag nach dem Ball. Der Tag danach definierte sich dadurch, dass man zwischen dem Tag davor und dem Tag danach geschlafen hatte, also musste es der Tag danach sein, auch wenn die Sonne seitdem nicht wieder untergegangen war. Eponine, die selbst das Gefühl hatte, bestenfalls eine Stunde geschlafen zu haben - denn wozu waren Bälle sonst gut, als dazu, sich um den eigenen Schlaf zu betrügen, während man die Kleider der hochedlen und edlen Damen bewunderte und Höflichkeiten mit stattlichen Herren tauschte - wurde bei der Lektüre der Depesche schlagartig wach.
Ein Schelm, wer dabei denkt, wäre der Inquisitor nicht gewesen, wär's der Dämon auch nicht.
"Qui, Madame.", und mit einen unterdrückten Gähnen "Fast schade, non?"
Die offensichtlichen Auswirkungen wie eine Stärkung der Inquisition in Hanekamp beiseite hoffte Eponine allerdings, dass dieses Geschehen keine direkten Auswirkungen auf Goldbach hatte. Dämonen fielen bekanntlich nicht ohne Einladung aus den Wolken, aber für Madame und auch den Goldbacher Hofmagier konnten sich in den letzten Tagen viel zu viele Menschen verbürgen. Wozu aber dann die Eildepesche?