Robert beobachtete Gerhardt aufmerksam und bemerkte ab und an den unterschwelligen Funken von Hilflosigkeit in der Mimik des Hauptmanns, während er seine Tirade über sich ergehen liess. Andere, sehr viele Andere, hätte er für diese Worte nicht nur zum Krüppel gemacht, dennoch besann er sich bei Gerhardt eines Besseren und antwortete ihm mit ruhiger Stimme, die bar jeder Emotion war:
"Hauptmann Gerhardt Gleitzbach! Ich werde Dir deinen Ausbruch nachsehen, da ich die Gründe hierfür verstehe und wir gemeinsam viel durchgemacht haben, aber Du solltest darüber nachdenken, dass Du hier noch immer mit einem Oberst sprichst! Ein Oberst im Beurlaubtenstande zwar, aber immernoch ein Oberst! Und wenn Du endlich mal die Bücher lesen würdest, die Du zu deiner Beförderung erhalten hast und die dort drüben achtlos auf dem Boden liegen, wüsstest Du, dass mein Kommando ruht, nicht aber mein Dienstgrad! Also hüte Dich davor, mir Belehrungen erteilen zu wollen oder ich schwöre Dir, ich marschiere noch in dieser Stunde in die Kommandantur, zerreiße mein Pensionsgesuch und kehre nur zurück in den aktiven Dienst um dir den Arsch soweit aufzureißen, dass Varim einmal mit seiner gesamten Truppe hindurch marschieren kann ohne auch nur einmal im Dunkeln zu stehen! Haben wir uns da verstanden, Herr H-a-u-p-t-m-a-n-n?!"
Robert wartete erst gar nicht lange auf eine Antwort, sondern atmete tief durch und fuhr dann in freundlicherem Ton fort:
"In gewisser Weise hast Du Recht... - Ich hätte die Angelegenheit mit de Gries schon vor Jahren erledigen sollen, bevor er zu den Eisenwölfen gewechselt ist. Aber Thaddäus, entschuldige, General Graf von Reichsfeld, unser hiesiger Provinzverwalter und Militärkommandant, riet mir davon ab. Er war damals Hauptmann als der Vorfall sich ereignete und hat alles mit angesehen; war ja schließlich sein Kommando... - Aber was schwelge ich in Erinnerungen. Offenbar will de Gries die Fehde wieder aufleben lassen? Dann lass ihn kommen. Ich habe schon schlimmere Winkelzüge des Officiums überstanden. Um die Generalität müssen wir uns hingegen keine Sorgen machen, diese hängt viel zu sehr an den Lippen meines Mentors Thaddäus und er würde sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn er die Sache offiziell macht. Ganz davon abgesehen, hasst er de Gries mindestens ebenso sehr wie ich. Trotzdem wurmt es mich, nicht zu wissen, was de Gries plant... - Nun, dann bleibt wohl nur zu hoffen, dass die Generalität endlich meinem Pensionsgesuch entspricht. Dann ist nämlich die Inquisition für meine Person zuständig und de Gries kann sich seine Fehde sonst wohin stecken."
Erneut machte Robert eine kurze Pause.
"Wo wir gerade bei unseren ganz persönlichen Fehden sind... Wie steht es denn um dein Verhältnis mit der Schwefelbraut?! Ich habe sie lange nicht mehr in deiner Nähe gesehen?!"