Nun, da der größte Trubel vorbei war, spürte Vanion die Müdigkeit und die Erschöpfung. Die durchwachte Nacht forderte endlich ihren Tribut, und mit Maugrims Tod schien auch der letzte Rest des Feuers von Destrutep, das ihn seit den Ereignissen in Tailon Orikos stetig warmgehalten hatte, niedergebrannt zu sein.
Lorainne war auf dem Weg zu ihrem gezäumten Pferd. Er sah ihr traurig hinterher. Die Heldentaten, die sie in diesen Tagen verbracht hatte, davon wagte er nicht zu träumen. Alleine war sie dieser Schülerin hinterhergestürmt, was für Mut, was für Aufopferung hatte das gezeigt!
"Das wird dein Tod sein, eines Tages", murmelte er.
Es war seltsam, Zeuge geworden zu sein. Zeuge einer Geschichte, die gewiss noch größer werden würde als die eigentliche Heldentat. War es nicht ritterlich zu nennen, was Maugrim getan hatte? Er mochte kein Mann von Stand gewesen sein, aber das Edle, was den Adel und nicht zuletzt das Rittertum speiste, das Edle, was der fruchtbare Boden war, aus dem ehrenvolle Taten sprossen, das hatte auch ihn erfüllt. Maugrim, Priester des Tormentor!
Vanion setzte sich an einen der Holztische des Lagers, und gedankenverloren griff er nach der Feder und dem Tintenfass, die gleich vor ihm standen.
Wie leer sind deine Augen nun.
Und deine Hände so schwer.
Bist du schon weit von dannen,
Und hörst mich nicht mehr.
Unter dem flackenden Lichte
Bist du so traurig und alt,
Und deine Lippen sind grausam
In ewiger Starre gekrallt.
Morgen schon ist hier das Schweigen
Und vielleicht in der Luft
Noch das Rascheln von Kränzen
Und ein grauer und aschender Duft.
Aber die Nächte werden
Leerer nun, Jahr um Jahr.
Hier wo dein Haupt lag, und leise
Immer dein Atem war.
Die Tränen trockne,
Lass ab von diesem Zweifeln, Klauben,
Vor dem das Beste selbst zerfällt,
Und wahre dir den vollen Glauben
An diese Welt trotz dieser Welt!
Schau hin auf einer Dame Züge,
Die lächelnd auf den Säugling blickt,
Und fühl's, es ist nicht alles Lüge,
Was uns das Leben bringt und schickt.
Und, Herze, willst du ganz genesen,
Sei selber wahr, sei selber rein!
Was wir in Welt und Menschen lesen,
Ist nur der eigne Widerschein.
Gewiss eine halbe Stunde saß er da, und während er die Worte schrieb, rann eine einzelne Träne seine Wange herab. Mehr erlaubte er sich nicht. Streng gegen sich selbst musste er sein, denn er war nun ein Ritter und musste stark sein, um der Schwachen willen.