Sie ritten um eine Wegbiegung des Waldes und weit am Horizont sah man den Bergfried von Burg Goldbach.
Wie ein Wahrzeichen ragte er in den blauen Himmel. Auf ihrem Weg an diesem wunderbaren leicht windigen Alamartag begegneten sie einigen Holzfällern und einem Wagen vollbeladen mit Stroh. Auf Höhe der Reiter angebkommen verbeugte sich das Gesinde kurz und machte so weit es ging Platz.
Die Sonnenstrahlen trafen auf ein Stück Stoff, das unter dem Mantel herausschaute und ließen einen darauf gestickten Falkenkopf in seiner ganzen weißen Pracht erleuchten. Der grüne Stoff auf dem das Emblem genäht worden war hatte die Farbe von frischem Tannengrün.
"Noch einen halben Tag und wir sind endlich da, Messire" Der angesprochene antwortete ohne sich umzudrehen.
"Oui, Écuyer. Ich freue mich auf ein heißes Bad und ein anständiges Essen." Ein leiser Seufzer folgte dem Gesprochenem. "Damit es nicht so lang für dich wird bis wir dort sind trage mir die Pflichten eines tugendhaften Knappen vor !"
Der Knappe seufzte nun seiner Seits doch er tat es so leise, dass der Chevalier es nicht bemerkte.
Zu einem vollkommenen Manne gehört, daß er wohl reiten kann und daß er mit Verstand etwas von der Erde aufnehmen kann.
Zum zweiten gehört, daß er schwimmen kann und im Wasser tauchen und sich vom Bauch auf den Rücken wenden und krümmen kann.
Zum dritten gehört zu einem vollkommenen Mann, daß er mit Armbrust und Bogen umzugehen weiß.
Zum vierten muß er auf Leitern klettern können, das wird ihm wohl nützen im Kriege, auch ist es gut, an Seilen und Stangen klettern zu können.
Zum fünften muß er behende sein und wohl turnieren, streiten und recht und redlich stechen können.
Zum sechsten muß bei Tisch er sich gut benehmen können, tanzen und hofieren, auch soll er Brettspiel (Schach) verstehen und alles, was ihn noch zieren mag."
"Sehr richtig.", bestätigte er den Jungen und sprach weiter,
"Ein unweiser, dummer Edelmann ist der sich vor nichts schämt. Er ist einem gekrönten Esel gleich, der den Hunden ausgeliefert ist. Was frommt einem seine edle Geburt, wenn er sich an keinem Ort weder in Worten noch in Taten geziemend benehmen kann? Nun nenne mir die reglen zu Tisch wenn du mit Leuten von Stand dinierst. "
So fuhr der Junge fort:
"Kein Ritter soll zusammen mit einem anderen von ein und demselben Löffel essen.
Wer nicht imstande ist, mit dem Löffel seine Speise aufzunehmen, der schiebe sie nie mit den Fingern drauf.
Bevor er trinkt, wische er sich den Mund ab, damit das Fett nicht in den Weinbecher tropfe.
Es ziemt sich nicht, während des Essens auf dem Tisch zu lümmeln.
Beim Essen kratzt man sich nicht bloßer Hand, wenn etwas an der Kehle zwickt.
Zwickt es so stark, daß man kratzen muß, dann kratzt man besser mit dem Gewand.
Es ist keine gute Sitte, ein angebissenes Brot wieder in die Schüssel einzutunken.
Auch einen abgenagten Knochen legt man nicht in die Suppenschussel zurück.
Wer gerade Essen in seinem Munde hat, der trinke nicht wie das Vieh......."
So ritten die beiden weiter in Richtung der Burg zu Goldbach.