Stella hatte unbehelligt den Waldrand erreicht und vor ihr lag eine Wiese mit dem Hof, wo sie ihr Pferd vor dem Turnier untergestellt hatte. Sie blieb an einem der Bäume stehen und blickte sich noch einmal aufmerksam um. Hinter dem Hof lief in einigen Metern Entfernung die Straße entlang, die sie auf dem Hinweg genommen hatte. Die Sonne ließ den Morgennebel verschwinden und das Gras war noch nass vom Tau.
Dort erkannte sie einen Trupp von drei Mann, gerüstet und gut bewaffnet, die die Straße patroullierten. Sicherheitshalber ging Stella direkt in Deckung und kniete sich zwischen die Bäume.
Gut, dass die in der anderen Richtung unterwegs sind...
Sie beschloss, noch ein bisschen zu warten, bis der Trupp weit genug weg war bevor sie über die Wiese lief und nutzte die Zeit, um einen Blick in ihren Geldbeutel zu werfen. Das kalte Geld glitt zwischen ihren Fingern hindurch, als sie es zählte. Zwei Silber und 17 Kupfer - damit ließ sich doch noch etwas anfangen.
Als der Trupp weit genug weg war stand sie auf, warf nochmal einen Blick nach rechts und links und rannte dann über die Wiese zum Haus. Dort sah sie den kleinen Jungen der Familie, der die Hühner fütterte und aufblickte, als er sie kommen hörte.
"Da bist du ja wieder. Wir waren schon verwundert, dass du nicht vorgestern wieder hier warst oder zumindest gestern. Der andere hat sein Pferd schon geholt."
"Ja, es ist leider etwas dazwischen gekommen... Danke fürs weiter versorgen. Sag mal, sind hier viele so schwer bewaffnete Trupps unterwegs?"
"Ja, gestern waren schon ganz viele unterwegs, ich glaube auch im Wald. Sie suchen wohl eine Räuberbande oder sowas. Darum darf ich grade auch nicht vom Hof weg zum spielen... Manche sagen auch, sie suchen den grünen Ritter - aber das ist ganz schön dumm. Das ist doch nur ein Märchen. Das weiß doch jedes Kind..."
Wenn die wüssten...
"Danke. Sag mal, habt ihr noch ein paar Vorräte, die ich euch abkaufen könnte? Ich zahle auch gut. Und natürlich dafür, dass ihr mein Pferd länger hier versorgt habt."
"Da muss ich mal Mama fragen. Komm doch mit rein."
Eine Schüssel voll Eintopf und zwei Scheiben Brot später, die die Bäuerin, eine stämmige, kleine Frau Stella angeboten hatte, verließ Stella gesättigt und mit einem großen Sack mit Kartoffeln, Kohl, Äpfeln, Ziegenkäse und drei Kaninchen, die sie aufs Pferd geschnürt hatte den Hof.
Sie saß auf und ritt auf den Wald zu, als ein Pfeil knapp neben ihr im Boden einschlug und sie den Trupp bemerkte, der dort gerade aus dem Wald auf sie zugestürmt kam.
Verdammter Mist, das war ganz schön knapp
Auf der Stelle wendete sie ihr Pferd und drückte ihm die Hacken in die Seite. Es bäumte sich auf und schnaubte missmutig, nicht erfreut über den unsanften Umgang als er angaloppierte.
Ja, ich weiß...
Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, bevor die Kämpfer bei ihr ankamen und hatte so auf dem Pferd jetzt auch keine Probleme damit, sie abzuhängen als sie ihr Pferd weiter in Richtung Straße antrieb und hörte das Fluchen hinter sich.
In diesem Moment fuhr ihr ein stechender Schmerz durch die rechte Seite, der ihr Sterne vor den Augen tanzen ließ und ihren Blick trübte. Ein Pfeil hatte sich tief in ihren Oberkörper gebohrt, nahm ihr den Atem und das Blut färbte ihre blaue Tunika dunkel.
Sie sackte in sich zusammen und versuchte dabei krampfhaft, sich auf dem Pferd zu halten, das mittlerweile den Weg erreicht hatte. Direkt in den Wald und zum Lager zurück konnte sie nicht, das wäre zu auffällig, also müsste sie einen Bogen reiten. Zu lange durfte sie aber auch nicht brauchen, sonst würde sie ihre Aussage darüber, wann sie zurück wäre nicht halten können.
Gut, dass man ihr noch die anderen Wege zum Lager erklärt hatte...Bei jedem Satz, den ihr Pferd tat spürte sie die Spitze des Pfeils, doch sie musste erst weiter weg kommen, sonst hätten sie sie doch schnell wieder eingeholt. Sie galoppierte also noch ein ganzes Stück den Weg entlang, der sie nun langsam wieder in den Wald führte.
Da hinten hinter der Biegung sollte der andere Weg in den Wald den Berg hoch führen....
Zum Glück waren die Wege hier trockener als auf der anderen Seite des Berges und die Spuren würden schwer zu finden sein, sofern sie etwas vorsichtig war.
Im Schritt ging es den Hang hinauf, bis sie die nächste Weggabelung erreichte. Dort gab es noch einmal ein gerades Stück, das sie nutzt um die Verfolger weiter abzuhängen.
Einige Zeit später erreicht sie gegen Mittag das Lager, sich mit letzter Kraft auf dem Pferd haltend. Der langsame aber stetige Blutverlust hat neben den Schmerzen durch den Pfeil seinen Tribut gefordert.