Die Legende von Blut und Feuer

Es war einmal vor langer Zeit, als die Götter gar selbst noch auf Erden wandelten und gegeneinander Krieg führten. Prydracor, der Ewig Flammende, zog in den Kampf. An Seiner Seite Seine sieben Söhne, allen voran Destrutep, Sein Feldherr und General. Destrutep hatte einen Sohn, der die Leidenschaft und den Kampfesmut des Vaters mehr als nur personifizierte. Dies war Tiotep, der löwenhäuptige Prinz des Krieges, mein Herr. Er war es, in dem das Feuer der Leidenschaft und der Glorie brannte wie der hellste Stern am Firmament. Er war der größte aller Krieger und der Krieg, in den Er zog, war der größte aller Kriege. Lachend stürzte Er sich auf die feindlichen Heere und war ihre Zahl auch Million, nie sank Sein Banner in der Schlacht. Doch als die Alten selbst das Schlachtfeld betraten, spaltete sich der Himmel und die Erde sprang entzwei. Das Meer verschlang den Boden und die Berge spien Feuer. Es regnete Asche, Schwefel und Tod aus einem unheilschweren Himmel. Und danach war Stille…

Die Heerscharen der Ewigen waren aneinandergebrandet wie wütende Gezeiten und hatten das Land verheert. Die Völker der Menschen kamen aus den Höhlen, in denen sie sich verkrochen hatten, und sahen, aber sie verstanden nicht, was geschehen war. Die Schrecken der Schlacht hatten ihren Geist verwirrt und wie Tiere waren sie, ohne die Namen der Ewigen zu kennen, die sie geschaffen hatten. Und viele Leben sollten vergehen, bevor ein Volk erwachte, das in seinen Leibern die Stärke, in seinen Herzen den Mut und in seiner Seele die Wahrheit trug, dass der Ewig Flammende sich ihnen offenbarte.

Es war der Tag des brennenden Himmels, als Pyrdracor zu diesen Erwählten sprach und sie als Seine Kinder annahm. Er schickte ihnen Seine Söhne und deren Diener, sie zu lehren und zu führen. Und als sie gelernt hatten, sprach Er zu ihnen und sandte sie aus, das Wort von der wahren Lehre in die Welt zu bringen. Und das Wort war Krieg.

Priester und Missionare, sie alle zogen aus, um der Welt den Namen des Ewigen zu künden, doch allen voran zogen wir, die Diener des Prinzen des Krieges. Es waren große Tage und wir kämpften wie Löwen, brannten wie Feuer und tanzten den Reigen von Tod und Stahl, alles zur Freude unseres Herrn. Alinos, ein Land von Bauern und Händlern. Geschützt durch mächtige Städte der Küste und ihre Armeen. Ein Feind, der uns ebenbürtig war, doch kämpften ihre Truppen in der Art von Söldlingen, ohne ihr Herz in die Schlacht zu tragen und ohne das Feuer ihrer Seelen zu entfachen. Drana, Menschen edlen Mutes und feinen Geistes. Zurückgedrängt in ihre letzte Zuflucht kämpften sie mit dem wahren Mut der Verzweiflung. Voller Stolz zogen wir in diesen Kampf, denn waren die Dranaer uns auch zahlenmäßig weit unterlegen, so kämpften sie doch mit Herz.

Es war der Vorabend der Schlacht, als Alatep, ein Sohn des Justotep, in unser Lager kam. Tiotep begrüßte ihn mit Überschwang, die Freude über den bevorstehenden Kampf ließ ihn leuchten wie die Sonne. Alatep aber schien bedrückt, er trug eine schwere Last auf seinen Schultern und seine Miene war finster wie die Nacht. Er offenbarte sich meinem Herrn. „Wie sollen wir den Menschen Gerechtigkeit bringen, wenn wir selber keine Gerechtigkeit üben? Wie können wir mit mächtiger Hand einen schwächeren Feind einfach niederringen und es dann Gesetz und rechtens nennen?

Erinnerst du dich, Bruder, an jene aus Caldros? Ein kleines Händlervolk aus Alinos. Tief in ihren Herzen glauben sie an Pyrdracor, doch haben unsere Väter entschieden, sie mit Feuer zu schlagen wie alle anderen auch. Sie sahen keinen Ausweg mehr als zu fliehen. Ihre Schiffe liegen nun im Hafen von Drana. Und ihre Edlen beraten in dieser Stunde mit den Hohen von Drana darüber, ob sie bleiben sollen und sich dem sicheren Untergang stellen oder übers Meer fliehen. Ein Navigator aus Drana, der die Prinzessin aus Caldros geehelicht hat, hat angeboten, sie über das Meer zu führen in eine neue Heimat, wo sie frei leben können. Wie kann es sein, das unsere Taten die gläubigen Kinder dazu treiben, sich mit den Dienern des Nachtblauen einzulassen und mit ihnen Bande zu knüpfen? Dass sie sich mit ihnen verbünden, um ihr Leben zu retten? Zu retten vor uns, die wir doch kommen um ihnen den Glauben und das Leben zu bringen?“

Als er diese Worte hörte, verfinsterte sich das Antlitz meines Herrn.

„Was soll es mein Belang sein? Auch wenn sie uns verraten, so werden sie gute Gegner sein und einen würdigen Kampf abgeben. Und was soll das Gerede vom Überleben? Welchen Wert hat ein Leben, das nicht gelebt wird? Lebe in deinem Haus, bestelle dein Land und siehe zu, wie deine Kinder aufwachsen. Oder stirb jung an Jahren in der Hitze der Schlacht mit dem Feuer in den Augen und der heißen Glut im Herzen. Wäre solch ein Leben voll Feuer, wenn auch kurz an Jahren, nicht so unendlich viel wertvoller als ein dutzend anderer!“

„Ich wünschte mir, mein Herz würde so schnell schlagen wie das deine und mein Geist würde so heiß brennen wie der deine. Brennen nur im Hier und Jetzt. Heiß jede Sekunde leben, ohne an das Morgen zu denken. Doch ich bin geschlagen mit einem grübelndem Geist, der einem Köhlerfeuer gleich oft tagelang schwelt und nicht zu atmen weiß wie du es vermagst. Und wäre ich wie Tiotep und würde leben für den Kampf, so müsste mein Geist mich doch immerzu bremsen und mich fragen: Und morgen? Wenn diese letzte große Schlacht geschlagen ist? Wer wird mir morgen gegenüberstehen? An wessen Schwert kann ich mich morgen messen, wo dies doch die letzte Schlacht sein wird, die für lange Zeit geschlagen wird? Du weißt es besser als ich. Wenn die Sonne morgen untergeht, wird Drana besiegt sein. Danach steht nur noch Sundan und dort wird der Krieg in Gräben und hinter Mauern geführt und nicht auf dem Schlachtfeld.“

So redeten die Götersöhne die ganze Nacht und als der Morgen anbrach, sah mein Herr, dass in Neka die Tage des Heldenruhms sich für Ihn dem Ende neigten. So zog Er mit Alatep in den Himmel zu Seinem Vater und berichtete Ihm von dem Volk aus Caldros und wie diese noch an diesem Morgen Segel setzen würden, um diese Gestade zu verlassen. Nach einigem Für und Wieder traf Destrutep eine Entscheidung. Sein Sohn sollte die Caldrier auf ihrem Weg in die Neue Heimat begleiten. Wo auch immer sie in der Ferne auf wilde Barbaren treffen würden, wäre Sein Mut gefragt, um ihnen das Überleben in einer fremden Welt zu sichern. Vor allem aber sollte Er wachen über die Männer aus Caldros, auf dass die Zungen des Navigators und die Lehren des Mitternachtsblauen keinen Einzug halten sollten in den Herzen der Flüchtlinge.

Der Aufbruch

So gingen wir an Bord der Nemo: Mein Herr verkleidet als wandernder Schwertmeister und ein anderer der scharlachroten Schwadron und ich, als seine Schüler. Wie es die Art meines Herren war, fand er schnell Anschluss und unterhielt sich angeregt mit der Prinzessin der Caldrier, als ein wandernder Priester des Justotep beim Navigator vorstellig wurde, um um Mitfahrt zu bitten. Auf einen Wink meines Herren näherte ich mich dem Gespräch und mir wurde schnell gewahr, was mein Herr bezweckte. Denn in den Augen des fremden Priesters brannte ein Feuer, so tief und heiß, wie ich es nur in den Augen meines Herrn je gesehen hatte. Dieser Priester war Alatep, Sohn des Justotep und gekommen, um uns auf unserer Reise zu begleiten. Aber nicht nur mir wurde die wahre Natur unseres neuen Begleiters gewahr. Der Navigator Adran Himmelsturm sah Alatep in die Augen und sein Blick war wie die unergründlichsten Tiefen der dunklen See. Doch auch jetzt, da er wusste, wer ihm gegenüberstand, so sank sein Mut nicht. Kühn trat dieser Sterbliche dem Göttersohn entgegen und unterbreitete Ihm die Bedingungen. Niemals wieder sollte Er sein Schwert erheben gegen die Diener des Nachtblauen. Tief in Seinem Herzen sollte er jeden Zwist verbergen, der je zwischen den Ewigen gewesen war um diesen Völkern einen neuen Anfang zu erlauben. Wenig erfreut war Alatep, diese Forderungen aus dem Mund dieses Menschen zu hören, doch willigte er ein und begab sich an Bord. Als der Navigator sich umwandte, um wieder unter Deck zu gehen, streifte mich und meinen Herren sein Blick. Einen Moment traf sich der seine und meines Herren Glanz und es ward mir, als würden sie aufleuchten in beiderseitiger Erkenntnis. Da wusste ich, dass auch mein Herr das selbe Versprechen gegeben hatte, wie schwer es ihm auch gefallen sein mochte.

Kurze Zeit später legten wir ab. Zu den Schiffen, die den Caldriern gegeben waren, gesellten sich diejenigen aus Drana, die ebenfalls die Stadt verlassen wollten. Ich wusste, dass Drana nicht lange überleben würde, aber ihren Einwohnern schien dieser Gedanke sehr fern und nur wenige Schiffe begleiteten uns und suchten ihr Heil in der Flucht. Mir war schleierhaft, wie diese beiden so unterschiedlichen Völker im fernen Andarra, von dem der Navigator stets erzählte, zusammen leben sollten. Zu stark war der Hass der Menschen aus Drana auf den Flammenden und Seine Kinder. In unseren ersten Tagen auf See setzten wir oft bei Windstille zwischen den einzelnen Schiffen über, damit sich die Offiziere austauschen konnten und auch die Menschen zueinander finden konnten. Ein wenig fanden sie sich und manche freundeten sich an. Mein Herr hatte sich derweil für die Prinzessin der Caldrier erwärmt und umgarnte sie auf jedem Schritt, den sie tat. Ihr schmeichelte sein Werben natürlich, doch war sie mit Adran Himmelsturm vermählt und hielt treu zu ihm.

Eine Woche nachdem wir aufgebrochen waren, erreichte uns die Nachricht, dass Drana gefallen war. Die Nekaner hatten die Stadt erobert und geschliffen, so dass kein Zeichen mehr blieb, dass dort die Anhänger des blauen Drachen gelebt hatten. Hatten die Flüchtlinge aus Drana die Caldrier vorher gehasst, so verabscheuten sie sie nun zutiefst dafür, dass sie immer noch den Flammenden anbeteten. „Wie könnt ihr nur einen Gott anbeten, der euren Untergang befiehlt?“, so schrieen sie ihnen entgegen. Gerade neu begonnene Freundschaften zwischen den beiden Völkern wurden auf eine harte Probe gestellt oder zerschellten schon im Voraus an dem Wahnsinn, der langsam um sich griff. Es gab zwei Anführerinnen unter den Flüchtlingen aus Drana. Doch wo die eine, Aquila geheißen, versuchte, die Gemüter zu beruhigen und den Menschen zu erklären, da bäumte sich die andere geradezu auf und peitsche die Gemüter nur noch weiter auf.

Der Streit

Es war gerade Abend geworden und wir hatten uns auf der Nemo getroffen um zu beraten, wie weiter verfahren werden sollte. Der Navigator, Aquila, Alatep und Haria, die Aufbrausende, saßen an Deck des Schiffes und beratschlagten, während mein Herr abseits mit der schönen Prinzessin saß und ihr die Sterne und ihre Bedeutung erklärte. Wieder einmal steigerte sich Haria in eine wahre Hasstirade und mit jedem Blick auf meinen Herren wurde sie wütender, da dieser sich offensichtlich nicht die Mühe machte zu helfen. Doch dieses Mal entschied mein Herr, dass es an der Zeit war einzugreifen und ihr Einhalt zu gebieten. Mit dem Brüllen eines Löwen sprang Er von der Reling, auf der Er noch vor kurzen gesessen hatte und landete kampfbereit vor den Versammelten. Die Flammen des Ewigen umspielten seine Arme und formte eine Mähne um sein Haupt. Keine Zurückhaltung mehr, kein Verstellen, für meinen Meister war die Zeit der Heimlichtuerei vorbei. Doch Haria sank nicht der Mut angesichts des glorreichen Prinzen des Krieges, wie ich es schon bei so vielen gesehen hatte, mehr war mir, als habe sie schon die ganze Zeit darauf gewartet. Mit einem Kreischen, das meinem Herren in nichts nachstand sprang auch sie auf und ließ ihre Verkleidung fallen. Wie das tosende Meer umspielten sie die blauen Wellen Hydracors und der Speer, den sie plötzlich in der Hand trug, offenbarte die Zeichen Furathas. Sie war nicht eine Dinerin, sie war wahrhaftig Furatha, eine der sieben Töchter Hydracors, des mitternachtsblauen Drachen. Eine leibhaftige Göttin mit Macht gesegnet, wie sie Desrutep, der Vater meines Herren, besaß. Jeder von den beiden wusste, um welchen Gegner es sich handelte und jeder von beiden zog mit voller Absicht in die Schlacht, sich und seinen Weg zu beweisen. Als sie aufeinander prallten, erbebte das Schiff in seinem tiefsten Innern. Seit dem Krieg der Götter selbst hatte ich keinen solchen Kampf mehr gesehen. Wo mein Herr stark und schön wie das gleißende Licht war, da war Furatha wie sein Spiegel und dunkel wie die See. Sie umtoste ihn, wie ein Orkan auf tückischer See und er schlug zu mit all seiner feurigen Kraft. Wo er den Fuß auf die Planken setzte, entzündeten sie sich, da sie es nicht vermochten, seinem Feuer zu wiederstehen: Doch jedes Mal erloschen sie gleich darauf wieder ihn ihrem kalten Zorn. Höher und höher schraubten sie sich in die Lüfte, ein tödlicher Reigen aus Feuer und Wasser am Himmel, für alle weit sichtbar nun in ihrer beider wahren Drachengestalt, ineinander verbissen in dem tödlichsten aller Kämpfe.

Unterdessen standen an Deck Alatep und die mysteriöse Aquila nebeneinander und sahen den Kampf der Götter. „Es ist Tioteps Schuld“, sprach Aquila, „sein Werben um die Prinzessin hat dies bewirkt.“ „Aber mein Bruder weiß, dass sie ewig nur Himmelsturm lieben wird“, entgegnete Alatep, „er wird den Wunsch seines Vaters nicht gefährden.“ „Bist du dir sicher, Alatep? Und selbst wenn, es ist egal. Haria würde sich niemals damit abfinden. Ein jeder Blick, den Tiotep irgendeiner Frau zuwirft, ist für sie wie ein Stich ins Herz. Sie könnte alle haben, gleich ob Gott oder Mensch. Doch hat sich ihr Herz den Einzigen erwählt, dessen Treue und dessen Liebe sie nie erringen kann, weil er nicht fähig ist, jemand anderen als sich selbst zu lieben.“ „Tiotep!“ seufzte Alatep. „Ja“, entgegnete die Anführerin der Danaer, „meine Schwester hasst sich selbst dafür. Sie weiß, wie hoffnungslos es ist und sie weiß auch genau, dass sie sich nur verliebt hat, weil es hoffnungslos ist. Aller Zorn, alle Wut, die du dort oben siehst, hegt sie gegen sich und nicht gegen dein Volk.“ „Wir müssen etwas unternehmen. Das Schiff, die Menschen, sie werden durch diesen Zwist vernichtet werden.“ „Feuer und Wasser, wo der eine ist, da kann der andere nicht sein. Adran Himmelsturm irrt. So schwer es mir auch fällt, es kann keine gemeinsame Zukunft für unsere beiden Völker geben“, sprach Aquila, „sieh meine Schwester und deinen Bruder. So wird es vielen ergehen. Selbst die Macht der Liebe vermag sie nicht zu einen.“ „Auch mein Herz ist voll Trauer. Eine große Gelegenheit ist vertan. Doch sei gewiss, falls ich jemals meine Liebe verschenken würde, so wärst du es gewesen, Chreatha, Herrin des Wandels.“ „Du Schalk, du schmeichelst mir. Doch genug, lass uns unseren Völkern und den beiden Verdammten helfen. Wir müssen dem ein Ende bereiten. Rufe die brennenden Boten des Himmels und ich werde die Stürme befehlen.“ Mit diesen Worten sprang die junge Frau auf die Rehling und hinaus in die vom Kampf der Drachen aufgewühlte See. Alatep stand am Bug, breitete die Arme aus, gen Himmel und rief in der Sprache der Götter. Und die Himmel antworteten. In finsterster Nacht barst ein Feuer durch die Wolkendecke und schlug in die Wasser ein. Erst ein Strahl vernichtenden Feuers, dann ein weiterer und Augenblicke später barsten dutzende aus dem feuerroten Firmament und fielen auf uns herab. Zur gleichen Zeit erhob sich ein blauer Drache aus den Fluten, schlug mit dem Flügeln und brüllte die Wolken an, ihrem Befehl zu gehorchen. Um jede Feuersäule bildete sich ein Wirbelsturm, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Alle Stürme und alle Feuer verschmolzen zu einem einzigen riesigen Wirbel, der die Schiffe voneinander trennte. Während der Navigator selbst das Ruder in die Hand genommen hatte und mit aller Kraft gegen die göttlichen Gewalten rang, folgten ihm die Caldrier nach Osten, während die Schiffe aus Drana nach Westen gedrängt wurden. Mit einem letzten Blick sah Alatep dem blauen Drachen hinterher, der am Horizont verschwand und auf einem der Schiffe der Dranaer landete. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf meinen Herren und Furatha. Von ihrem Kampf geschwächt waren sie Spielbälle des beschworenen Unwetters geworden. Doch selbst dann ließen Sie nicht von einander ab und bekämpften sich immer noch verbittert. Mit einem letzten Aufschrei Seiner Macht rief der Sohn Justoteps das brennende Firmament an und ein Fels, groß wie drei Männer stürzte brennend herab und schmetterte die beiden kämpfenden Götterkinder auf das Deck der Nemo. Wieder in ihren menschlichen Körpern lagen Sie verletzt und erschöpft vor uns und ich wähnte schon, mein Herr habe zum ersten Mal einen Kampf verloren, als Er sich durch die ungeschlagene Kraft Seines Willen wieder regte und aufrichtete, um den Kampf zu beenden. Furatha lag an Deck und hatte das Bewusstsein verloren. Sie hatte den Kampf verloren und mein Herr hob die Hand um sie zu töten. Doch in dem Moment stürmte Adran Himmelsturm herbei und stellte sich schützend vor Sie, beide Arme weit ausgebreitet, den Todesspruch des Prinzen erwartend. Doch er war nicht unbewaffnet. Als mein Herr einhielt, um den Sterblichen beiseite zu schmettern wie eine lästige Fliege im Weg, sprach ihn der Navigator ohne Furcht an „Oh Tiotep, Prinz des Krieges, hast du dein Versprechen vergessen? In deiner blinden Wut hast du es bereits gebrochen, aber willst du nun alles beenden, was du selber bist?“ „Was weißt du schon Sterblicher, Elender?“ erwiderte mein Herr. „Ich weiß, dass Tiotep stolz kämpft und immer siegt, auch gegen die eigene Wut und den eigenen Hass. Ich weiß, dass Tiotep immer siegt, egal, wie viel es ihn kostet.“ Und als der Navigator diese Worte an meinen Herrn richtete, erlosch der Hass in dessen Augen. Schwer atmend blieb Er vor dem Navigator stehen. Dann zum ersten Mal wurde Er sich Seiner Umgebung gewahr. Er sah das Schiff, die Takelage verbrannt, das Deck rußgeschwärzt von Seinem Feuer und die Ruder im Sturm verloren. „Du hast Recht, Himmelsturm. Ich habe meinen Hass besiegt. Ich werde mein Volk in eine neue Heimat führen. Sie sollen mir so wichtig sein, wie einst mein eigner Ruhm für mich war. Ich werde meinem Volk eine guter Gott sein.“ „Nein, das wirst du nicht!“ spie ihm Haria entgegen, die gerade die Augen geöffnet hatte, aber immer noch am Deck des Schiffes lag, „nur der nächsten Prinzessin wirst du nachsteigen. Wenn es diese nicht sein wird, dann die nächste Herrscherin. Zusammenbrechen werden die Königreiche deines Volkes wegen dir.“ „Was willst du noch von mir, Wasserhexe? Was habe ich dir angetan, dass du, selbst nachdem ich dich besiegt und verschont habe, mich noch verhöhnst?“ entgegnete der Flammende Ihr. „Sie hat nur sich selber etwas angetan, Bruder“ beantwortete Alatep, der mittlerweile vom Bug des Schiffes zurückgekehrt war, die Frage meines Herren, „und sie verlangt nicht mehr und nicht weniger als dich und dein Herz, Bruder.“ „Ich werde jeden Kampf gewinnen. Auch, wenn er gegen mich selber ist und auch, wenn ich den größten Preis bezahlen muss. Wenn es mein Herz ist, nachdem es dich verlangt, du Sturmfurie, dann werde ich es dir geben.“ Mit diesen Worte griff Er in Seine Brust und durch das Fleisch und die Rippe zog mein Herr Sein schlagendes Herz aus Seinem eigenen Brustkorb. In Seiner rechten Hand reichte Er es Haria entgegen. „Meine Liebe, meine Sehnsucht, meine Freude an der Schönheit. Das alles soll dein sein und du sollst sie bewachen. Keine Frau, ob Göttin oder Sterbliche, wird mich vom dem Wege, den ich für mein Volk gehen will, durch irregeleitete Liebe abbringen.“ Haria richtete sich auf und nahm das schlagende Herz entgegen. Doch blickte sie nicht voller Ehrfurcht auf das Opfer meines Herren, sondern ihr Blick war getrübt von schwelendem Hass und etwas, so schien es mir, ward in ihr gebrochen. Sie ging zur Reling, doch drehte sie sich dort noch einmal zu uns um. „Eines Tages wirst du nicht mehr siegen, Tiotep, Sohn des Destrutep. Eines Tages wirst du nichts mehr sein und all deine Glorie und dein Ruhm wird untergehen. Dann werde ich frei sein, das schwöre ich.“. Mit diesen Worten sprang sie in die Tiefen des nächtlichen Ozeans und ward nie wieder gesehen.

Adran Himmelsturm und die Prinzessin trieben die Besatzung zusammen, die sich vor Angst unter Deck verkrochen hatte. Sie löschten die letzten Brände und hielten das schwer beschädigte Schiff davon ab zu sinken. Als die Sonne rot im Osten aufging, standen der Navigator und die Prinzessin Arm in Arm am Steuer und beobachteten, wie die Schiffe längsseits gingen und die Matrosen sich daran machten, die Schäden zu reparieren. Wie durch ein Wunder hatten alle Schiffe den Sturm überstanden und waren nach einigen Reparaturen bereit, weiter zu fahren. Alle Caldrier hatten die kämpfenden Drachen am Firmament gesehen, aber niemand wusste, dass mein Herr es war, der den schwersten Kampf seines Lebens ausgetragen hatten. Die Caldrier und die Dranaer waren getrennt worden, aber alle sahen es als den Willen der Götter und bejubelten den neuen Weg, der nun ganz klar vor uns lag. Glatt wie ein alinesisches Seidentuch war der Ozean, als der Navigator die Schiffe in den Sonnenaufgang, unserer neuen Heimat entgegen steuerte.

Ankunft in Andarra

In den Wochen, die dann kamen, hätte unser Mut sinken sollen, denn der Weg über die See war hart und beschwerlich. Aber ganz im Gegenteil waren alle voll von Tatendrang vom ersten bis zum letzten Tag unserer Reise. Keiner der Männer aus Caldros hatte jemals ein Schiff gesteuert, aber unter der Führung des Navigators und mit Hilfe einer Handvoll Dranaer, die auf unseren Schiffen vom Rest ihres Volkes getrennt worden waren, gelang es uns, jedes Hindernis zu überwinden. Nach drei Wochen war es endlich so weit. Wie Adran Himmelsturm vorausgesagt hatte, sahen wir am Morgen des nächsten Tages Land vor uns. Eine steile Küste warf sich dem Meer entgegen und oben auf den steilen Klippen waren Bäume, ganz und gar von Frost und Reif überzogen. Wir hatten schon die ganzen Tage zuvor gemerkt, dass es kühler geworden war. Wo es früher in Neka ein oder zwei Wochen des Schnees gegeben hatte, so schien unsere neue Heimat wohl zumindest den ganzen Winter durch weiß zu sein. Wir segelten noch ein Stück gen Osten und landeten in einer Bucht, die windgeschützt war und versprach, unseren Schiffen ein guter Ort zur Rast zu sein. Kaum lagen wir vor Anker und hatten die Segel eingeholt, da erschienen am Ufer Menschen und sahen zu uns herüber. Wilde, in Felle und Tierhäute gehüllt und mit einer Furcht in den Augen, die wir uns damals nicht erklären konnten. In den kommenden Tagen lernten wir sie aber kennen, diese wilden Menschen, vom Stamme der Bergonen, wie sie sich nannten. Wir tauschten mit ihnen Güter und Essen und einige von uns waren willkommen an ihren Feuern und in ihren hölzernen Hütten. Adran Himmelsturm verstand ihre Sprache und einige von uns begannen ebenfalls schnell, sie zu lernen. Wir zogen die Schiffe an Land, denn der Winter verhieß noch strenger zu werden und die ganze Bucht sollte einfrieren. Dieser Winter wurde hart für uns, doch mit Hilfe der Bergonen gelang es uns zu überleben. Sie verloren allerdings nie die Angst vor uns und trachteten auch nicht danach, ihre Abneigung vor unseren Waffen aus Stahl und den Schiffen zu zeigen. Denn wie wir erfuhren, mieden sie das Meer und alles, was über einen bronzenen Speer hinausging. Sie sagten, Stahl und behauener Stein würde die Seele nehmen und entsagten sich diesem vollkommen. Tief im Winter, als die Kälte am fürchterlichsten war und unser neues Volk hungerte, zog mein Herr aus in die Wälder um zu jagen. Seit Er Haria sein Herz geschenkt hatte, wurde Er anders. Die Leichtigkeit und Leidenschaft war gänzlich von Ihm abgefallen. Er lag des Nachts nicht mehr bei den Frauen oder saß mit uns an den Feuern der Menschen, sondern stand für sich alleine weitab des Lagers und blickte in die Ferne. Nun wollte Er alleine in die Wälder gehen, doch mein Bruder und ich begleiteten Ihn, um mehr Nahrung zu den Menschen bringen zu können. Es dauerte nicht lange und Sein Speer erlegte einen Elch und zwei Rehe. Wir machten uns gerade daran, sie zurück ins Dorf zu tragen, als wir das Heulen von Wölfen hörten, die uns unsere Beute streitig machen wollten. Früher hätte es weniger als dieser deutlichen Herausforderung eines würdigen Gegners gebraucht, um das Feuer des Kampfes in meinem Herren zu entfachen. Doch nun nahm Er lediglich Seinen Speer und machte sich zum Kampfe bereit. Ohne einen Kampfesschrei, ohne selber anzugreifen hielt Er stand, als die Wölfe aus dem Dickicht sprangen. Kühl und berechnend tötete Er einen nach dem anderen, während wir an Seiner Seite fochten. Als sie bereits zu einem Dutzend tot zu unseren Füßen lagen, erschienen am Rande der Lichtung auch noch andere Tiere. Schneekatzen, groß wie Ochsen, Bären und Elche waren dort und angeführt wurden sie von einer riesigen weißen Wölfin. Endlich ein würdiger Gegner für meinen Herren, doch anstatt Seinen Kriegsschrei erschallen zu lassen in den dunkeln Wäldern dieser neuen Welt, starrte Er dem Biest nur in die Augen und sprach kühl: „Ich werde dich töten. Du und dein Hofstaat werden mein Volk nähren und durch den Winter bringen.“ Die große weiße Wölfin knurrte tief und laut und sprach: „Das vermagst du nicht, Tiotep, Sohn des Flammenden. Deine Brüder sind weit weg und du bist für dich alleine im Land meiner Mutter. Hier herrscht die Mutter allen Lebens und ihr Wort ist Gesetz. Ihr Wort heißt überleben und du bist nicht stark genug.“ Mit diesen Worten stürmten die Biester auf uns ein und wir verteidigten uns so gut es ging. Nicht lange dauerte es, da waren mein Bruder und ich geschlagen. Er war des Todes nahe und ich begraben unter dem Kadaver eines Elches, so dass ich den Kampf meines Herren gerade noch mit ansehen konnte. Er tötete viele Biester, doch schlugen sie Ihm auch schwere Wunden und dann kam die Wölfin über Ihn, riss Ihn zu Boden. Die schweren Krallen auf den Schultern meines Herren hatte sie Ihn zu Boden geworfen und hielt Ihn nieder. Doch bevor sie Ihn tötete, richtete sie noch einmal das Wort an Ihn: „So ich dich besiegt habe, so wird es deinem Volke gehen. Der Winter wird sie in die Knie zwingen und auch der letzte von ihnen wird der Kälte und dem Frost zum Opfer fallen. Sie werden vom Antlitz dieser Welt getilgt und niemals wieder wird ein Mann ihren Namen sprechen.“ Mein Herr, der sich, wie mir schien, mit seinem Tode ohne eine Regung abgefunden hatte, geriet nun in Rage. In seinen Augen brannte das alte Feuer und loderte empor wie Öl in den Opferschalen des Ewigen. Das Blut, das aus Seinen Wunden auf den schneebedeckten Waldboden floss, ward plötzlich wie Feuer und fing an zu brennen. Mit der übermenschlichen Kraft des Löwen warf mein Herr die Wölfin von sich ab und sprang auf die Beine. Sein Haupt umspielten die Flammen des göttlichen Drachen wie eine Mähne den Löwen. Sein Kampfesschrei erfüllte den Wald und diese neue Welt, wie der eines Löwen die Steppe und kündete allen von nah und fern von der Herrschaft meines Herren. Die Biester stürzten sich erneut auf Ihn, doch konnte sie Ihm nicht beikommen. Das Feuer der Leidenschaft ward wieder entbrannt in meinem Herren und die Tiere fielen zu dutzenden, wo sie standen. Dann stürzte mein Herr sich auf die weiße Wölfin und rang sie nieder. Schlag um Schlag trieb Er sie zurück, bis Er sich auf sie schwang und sie mit bloßen Händen zu Boden drückte. Als Er sie niedergerungen hatte und das weiße Biest regungslos, aber noch am Leben vor Ihm lag, ließ Er seinen Siegesschrei erschallen. „Ich und mein Volk, wir werden nicht nur überleben, wir werden herrschen. Zu Ehren den Flammenden werden wir uns dieses Land Untertan machen. Höre, Herrin der Wälder! Zum Anspruch meiner Herrschaft nehme ich die weiße Wölfin zur Gemahlin. Sie wird mein Weibe sein und unser Volk verbinden mit dem Land, das wir bewohnen.“ Vom Kampfschrei meines Herren angelockt waren die Männer und Frauen von den Schiffen gekommen und jubelten Ihm zu. Tiotep geleitete die Wölfin, seine Gattin, in den Wald und war für sieben Tage und sieben Nächte nicht mehr gesehen. Die Männer brachten die toten Biester zu den Schiffen und ins Dorf, wo sie sie haltbar machten und den Rest des Winters von ihnen zehren konnten.

Eine neue Heimat

Alatep, der im Dorf geblieben war, missfiel die Tat meines Herren. Die Bergonen eröffneten uns, wir könnten nicht bleiben, da wir die Mutter verärgert hätten. Wir sollten, sobald der Frühling anbricht, nach Westen wandern und uns dort eine neue Heimat suchen. Dies taten wir auch und nachdem mein Herr aus den Wäldern zurückgekehrt war, brachen wir auf. Wir zogen über das Land, denn nur die Männer aus Drana wollten jemals wieder ein Schiff besteigen. Die Stimmung unter den Menschen hatte sich verändert. Alle waren fröhlich und voller Zuversicht, eine neue Heimat zu finden. Viele der Frauen trugen Kinder, die im Frühling geboren werden sollten. Adran Himmelsturm war auch guter Dinge und es schien, als sei eine große Last von seinen Schultern gefallen. Ebenso wie die Prinzessin, obwohl sie wohl das Werben meines Herren vermisste. Nach einer langen Reise kamen wir an einer warmen Bucht an, die scheinbar noch niemand für sich beanspruchte. Das Land war fruchtbar und wir ließen uns nieder. Wir errichteten die ersten Häuser und nannten die neue Stadt Caldros und unser neues Land Caldrien, wie jenes, aus dem die Menschen fliehen mussten. Im zweiten Jahr gebar die Prinzessin Adran Himmelsturm eine Tochter und im Jahr darauf einen prächtigen Sohn. Es hätte nicht besser laufen können und das Land und die Stadt wuchs und gedieh. In den Jahren, die da kamen, ward Alatep ganz in seinem Element. Zusammen mit Adran Himmelsturm und der Prinzessin regierte er das Volk. Als ein weiteres und schließlich ein drittes Dorf gebaut wurden, legte er fest, wer dort herrschen sollte und gab ihnen einen Kodex, an den sie sich halten sollten. Mein Herr dagegen zog sich immer weiter zurück und beteiligte sich nicht am Aufbau. Oft streifte Er mit Seiner Gemahlin durch die Wälder und weit entfernten Gebiete der neuen Küste und ward manchmal für Jahre nicht gesehen. Alatep ließ aber keine Tempel errichten zu Ehren des Flammenden und auch Adran und die Prinzessin hegten keinerlei solche Absichten. So kam es, dass bis zum Tode der Prinzessin und des Navigators in hohem Alter kein einziger Tempel erbaut wurde und Pyrdracor in den Herzen der Menschen in Vergessenheit geriet. Zum Begräbnis der beiden Führer erschienen fast das ganze Volk aus nunmehr sechs Städten und der letzte gebürtige Dranaer und Alatep hielten die Totenmesse. Am Höhepunkt der Feier offenbahrte Alatep sich dem Volk der Caldrier in Seiner wahren Erscheinung und sprach zu ihnen „Volk von Caldrien. Einen langen Weg seit ihr gekommen um erneut zur Herrschaft aufzusteigen. Nun werdet ihr in meinem Namen als neues Volk über diese Erde herrschen. Wie Adran Himmelsturm werde auch ich in den Himmel steigen, um euch von dort aus weiter Herrscher und Vorbild zu sein. Der Navigator wird euch nachts ein Leitstern sein und ich werde am Tage als brennende lebensspendende Sonne am Firmament wohlwollend auf euch herabsehen. Vom heutigen Tage an sollt ihr mich als Alamar, Herr der Sonne lobpreisen.“ Zu meinem Herren schließlich sprach Er: „Komm Bruder. Folge mir in den Himmel und sei deinem Volk ein Held.“ Und so folgte Tiotep seinem Bruder, denn seit Er Sein Herz verloren hatte, hielt Ihn nichts mehr in den weltlichen Gefilden. Seine Leidenschaft hatte Er wieder gefunden, zumindest zu einem Teil. Sein Feuer war nun Sein Volk, das Ihn brauchte und Ihm vertraute. Mit Ihm kehrten auch mein Bruder und ich zurück an die Tafel der Götter, doch wurden wir oft zurück in die Welt der Sterblichen geschickt um nach dem Rechten zu sehen, so dass ich euch weiter berichten kann, wie es unserem Land erging.

Das caldrische Imperium:

Caldrien wuchs und gedieh. Es schloss Pakte mit den Zwergen im Gebirge und erschloss das Land bis in den Osten, wo die Bergonen wohnten und in den Süden zum Eisenwall. Die Caldrier wurden immer zahlreicher und als sie sich nicht weiter ausbreiten konnten, erklärten ihre Herrscher, dass sie den anderen Völkern nun ihre Zivilisation und ihr Gesetz bringen sollten. Es wurden Tempel gebaut zu Ehren Alamars und Tioteps. Mit Alamars Hilfe sollte das Wort der Gerechtigkeit zu den Gesetzlosen gebracht werden und Tioteps Feuer sollte ihnen dabei den Weg weisen. Im Geiste meines Herren wurden Soldaten ausgebildet und es war wie einst, als wir aus Neka auszogen, um der Welt das Wort des Flammenden zu verkünden. Unsere Armeen brannten über den Eisenwall hinweg und eroberten Land um Land. Hinter unseren Armee zogen die Priester des Alamar und brachten Gesetz und Zivilisation zu jenen, die keine hatten. Die Andarrianer, das Volk, zu denen die Bergonen gehörten, aber begehrte auf und sie wollten das Wort des Herren nicht hören und nicht danach leben. So zogen wir auch gegen sie in den Krieg. Doch sie verbündeten sich mit den Elfen aus ihren Wäldern und leisteten erbitterten Wiederstand. Immer mehr Krieger folgten dem Weg Tioteps und mit Seinem göttlichen Feuer und Seiner Leidenschaft schafften die Armeen es schließlich, die Wilden zu bezwingen. Die Elfen zogen sich zurück in ihre Wälder und die Andarrianer lebten nach dem Gesetz. Als die Tage des Krieges vorbei waren, war das caldrische Imperium zehnmal größer als vorher. Zahllose Völker waren unterworfen worden und hatten sich dem Imperator angeschlossen. Ein goldenes Zeitalter begann und Frieden und Wohlstand herrschte im ganzen Reich. Die Wege und Straßen waren sicher. Ein Reisender konnte die monatelange Reise von Andarra bis Teriamas hinter sich bringen, ohne ein einziges Mal belästigt zu werden.

Zu der Zeit kam es, dass sich die Väter der beiden jungen Götter ihrer Söhne erinnerten und mit ihnen das Nekanische Kaiserreich. In Neka war gerade der Brüderkrieg vorüber und der neue Kaiser Meron brauchte eine Gelegenheit, die blutrünstigsten unter den Soldaten außer Landes zu beordern, damit sie dem Wiederaufbau Nekas nicht im Wege standen. Eben diese Gelegenheit bot ihm das Caldrische Imperium und er befahl seinen Generälen, die einstigen Brüder wieder heim ins Reich zu holen, auf dass Caldrien ein Teil des Nekanischen Kaiserreiches werde, wie es einst Caldros hätte sein sollen. Mit ihnen kam Desrutep, der himmlische Vater meines Herren und Dessen Sohn und neuer General Gladius, Tioteps Bruder. Hoch über dem Caldrischen Imperium auf dem höchsten der hohen Berge trafen sie das erste Mal wieder aufeinander. Wo mein Herr stets die Leidenschaft des Kriegers und das innere Feuer der Wut und des Kampfes war, da war Sein Vater der kühle Taktierer, der weise General, der hinter den Truppen die Befehle erteilt und die Schlacht zu einem siegreichen Ende führt. Gladius war das absolute Gegenteil von Tiotep. Ganz in Eisen gekleidet und bar jeder Emotion war Er nicht mehr als ein Schwert, als ein Werkzeug in den Händen des Generals Desrutep. Die Verachtung stand meinem Herren offen ins Gesicht geschrieben, als Er auf Gladius geringschätzend herabsah. „Seid mir gegrüßt Vater, aber wer ist das? Ist dies der Lakai, der den langweiligen Krieg gegen Sundan für mich weitergeführt hat? Sieh, was ich hier aufgebaut habe, Vater! Sieh meine Krieger aus so vielen Völkern. Sieh die Tempel und Herzen von wahren Kriegern.“ „Ja mein Sohn“, antwortete Desrutep „du hast wahrlich ein Volk geschaffen, das dem Ewgen würdig ist. Einen neuen Krieg wird es geben, wenn der Imperator deines Reiches sich weigern wird, dem Nekanischen Kaiser zu dienen. Alatep hat dich betrogen. Statt Tempel zu Ehren des Ewgen zu errichten haben die Menschen Tempel zu seinen und deinen Ehre erbaut. Wir werden das Land erobern und dies ändern. Aber du wirst hier nicht kämpfen, du gehst zurück nach Neka und wirst dort wieder mein General sein.“ „Aber Vater. Ich bin ihr Held ich will sie in den Kampf führen. Die Caldrier und die Kriegerorden Nekas. Es werden würdige Kämpfe sein. Schlachten, die in Epen auf ewig besungen werden. Auf den Schlachtfeldern wird Geschichte geschrieben mit Blut als Tinte des Schicksals. Hier werden Helden gemacht. Was kümmert es mich, wenn Alatep seinen Vater Justotep verrät? Ich lebe allein für den Kampf ich werde auf ewig der Prinz des Krieges sein und deine Schlachten fechten Vater.“ „Ich hatte gehofft, deine Verantwortung für dein Volk hätte dich geändert. Aber nein, du bist so hitzköpfig wie immer. Hier brauche ich jemanden, der nicht nur den Krieg führt und große Schlachten schlägt, sondern einen General, der siegt und gleichzeitig die Absicht hinter diesem Angriff erfüllt. Ein Sieg, der die Kriegerorden überleben lässt, würde dem Kaiserreich nicht dienen.“ entgenete der Gott des Krieges. „Dann gib diesen würdigen Krieger einen ehrenvollen Tod durch meine Hand und die meiner Soldaten, so wie sie es verdienen.“ forderte mein Herr erneut. „Nein, mein Sohn.“ entgegnete Desrutep, „Die Entscheidung ist gefallen. Gladius wird die Truppen Nekas anführen. Wenn du Anteil an diesem Kampf haben willst, dann folge meinem neuen General und stehe ihm zur Seite. Aber seinem Urteil wirst du dich beugen.“

Und es kam, wie Justotep es vorhergesagt hatte. Meron, Kaiser von Neka, befahl dem Caldrischen Imperium sich zu unterwerfen und die stolzen Caldrier lehnten ab. Truppen marschierten auf. Krieger, Ritter und Helden betraten die Schlachtfelder, aus denen die Legenden von Morgen geschaffen werden. Tiotep scharte die rote Schwadron um sich und wir zogen wieder in den Kampf. Feuer brannte, Blut floss und der Kriegsschrei meines Herren ließ die Himmel der neuen Welt erzittern. Er warf die Kriegerorden in die schwierigsten Kämpfe, keine Schlacht war zu riskant, kein Manöver zu gewagt, als dass die Truppen meines Herren es nicht gewagt hätten. Wenn die Ordenskrieger starben, dann taten sie dies in würdigen Schlachten und gegen würdigen Gegner. Wurden sie besiegt, dann erfreute sich mein Herr an dem Mut und der Tapferkeit seiner Caldrischen Krieger, die ebenfalls mit seinem Namen auf den Lippen fochten. Denn auch wenn mein Herr nie selber einen seiner Kämpfe verloren hatte, so waren ihm die Nekanischen Ordenskrieger und Caldrischen Kämpfer lieb und teuer, auch wenn sie eine Schlacht verloren. Solange sie tapfer kämpften, heldenhaft starben und das Feuer in ihrem Herzen trugen, liebte sie mein Herr wie seine eigenen Kinder.

Wochen des Krieges wurden zu Monaten und Monate zu Jahren. Wo mein Herr stets eine Schlacht führte organisierte Gladius den Krieg. Wenn ein Sieg zu kostspielig war, da trat er gar nicht erst an. Eine Belagerung mit schwerem Gerät und über Monate zog er immer einer verlustreichen Schlacht vor. Gladius führte den Krieg mit Handwerkern, die Kriegsmaschinen bauten, mit Händlern, die Nachschublinien hielten und mit Räubern, die ebenjene des Gegners zerstörten. Er führte einen langen Krieg und hatte Erfolg. So seine Erfolge immer weiter wuchsen, umso mehr war ihm mein Herr ein Dorn im Auge. Tiotep ließ sich nicht kalkulieren, seine Taktiken nicht in Zahlen und Tabellen aufschreiben. So rief Gladius seinen Bruder an den Feldherrentisch und sprach zu ihm. „Du führst Schlachten, die nicht geschlagen werden müssen. Stürmst Bergfesten, die du mit Tagen der Belagerung ohne Schwierigkeiten hättest einnehmen können. Du kostest uns zu viel. Der Ausgang des Krieges ist nicht länger gewiss. Es ist nun von Nöten, das wir sicher vorgehen und nichts gefährden.“ „Sicher? Was du sagst ist nicht als Feigheit Bruder.“ spie ihm Tiotep förmlich ins Gesicht. „Wir sind die Enkel des ewig Flammenden. Wir sind geboren um zu Kämpfen und nicht uns hinter Mauern zu verschanzen. Mit ist gleich was du sagst, in dir ist die Glut schon lange erloschen, wenn es überhaupt einen Funken wahren Mutes jemals in deiner Seele gab.“ Ruhig und ohne jede Regung begegnete Gladius meinem Herren „Deine Worte zeigen nur allzu deutlich, dass du nicht geeignet bist, die Kriege unseres Vaters zu führen. Du wirst von nun an nur noch auf Schlachtfeldern kämpfen, auf denen ich auch stehen werde. Solltest du dich weigern, was ich jetzt schon in deinen Augen sehe, dann wird dich unser Vater zurück nach Neka schicken und du wirst keinen Anteil mehr an diesem Krieg haben.“ Die Wut im Gesicht meines Herren gänzlich missachtend deutete Gladius nur mit einem Finger Seiner gepanzerten Hand auf die Karte. „Middenheim, dort werden wir morgen angreifen. Du wirst die Truppen an der Front führen und ich werde kommandieren.“ Damit drehte er sich um und verließ das Zelt. Mein Herr, voll der Rage, brannte in seinem größten Zorn und mit ihm brannte das Zelt und alles ringsum. Doch tat er wie ihm geheißen und am Tage darauf standen wir vor der Himmelswacht, der Burg, die Middenfelz und damit das Tor zur Hauptstadt bewachte.

Die Schlacht um Caldrien

Welle um Welle an tapfren Kriegern brandete gegen die vier mächtigen Festungen, die den Weg ins Herz des Imperiums bewachten. Angriff um Angriff wurde zurückgeschlagen von den caldrischen Verteidigern, die mit dem Mut und der Gewissheit kämpften der einzige Schutz zu sein, den ihre Heimat noch hatte. Als mein Herr und die rote Schwadron das Schlachtfeld betraten hatte sich schon die Dunkelheit des ersten Tages über die Klippen gelegt und die Krieger die uns folgten blickten aus müden, aber entschlossenen Augen zu meine Herren empor. Der General der Nekaner hatte die Fürstin der Caldrier im Namen von Gladius um Verhandlungen gebeten und sich an einem Ahnenstein der Caldrier mit ihr getroffen um ihr die Ausweglossigkeit der Situation klar zu machen und sie mit guten Konditionen zur Aufgabe zu bewegen. Gladius hatte sein Ziel so gut wie erfüllt und nun musste nur noch das Imperium dem nekanischen Kaiser beitreten und er wäre zufrieden gewesen. Als der Friedensschluss fast besiegelt war erfuhr mein Herr von den Verhandlungen und blind vor Zorn auf seinen Bruder ob all der sinnlos gefallenen Soldaten stürmte er der Verhandlungsplatz. Der Ahnstein, dem Adran Himmelsturm geweiht, explodierte in einer Feuersäule und sowohl Caldrier, als auch Nekaner fielen zu Boden ihren Gott erkennend. Das Feuer des ewig flammenden umspielte meinen Herren und seine Schwadron, als er den General der Nekaner anschrie: „Keine Bedingungen wird es geben, keine Zugeständnisse. Sieg oder Niederlage, dafür haben die Menschen hier gekämpft und nichts anderes schulden wir ihnen. Wir werden kämpfen und wir werden siegen, bis sich jeder einzelne dem Worte Pyrdracors beugt.“ Der General nickte kurz und ging zu seinen Männern um den erneuten Angriff zu befehlen, doch war es die Fürstin der Caldrier, die aufstand und meinem Herren in die Augen blickte und sprach: „Dann hört meine Worte Tiotep, löwenhäuptiger Prinz den Krieges, Herr über Feuer und Blut. Wir Caldrier sind frei und frei werden wir leben, oder frei werden wir sterben und wir werden uns nicht vor Neka beugen, denn mein Gott hat uns gelehrt für das zu kämpfen an das wir glauben und entweder zu siegen, oder unterzugehen.“ Als mein Herr ihrer zum ersten Mal gewahr wurde, war es wie damals. Ich kann mich noch genau daran erinnern, als wir in Drana im Hafen lagen und er das erste Mal Illeya Himmelsturm gesehen hatte. Ich kann es nicht mir Worten beschreiben, aber es war Respekt, Stolz und auch Hochachtung, wie er sie nicht einmal vor andren Göttern empfindet, die in seinen Worten mitschwangen. „Tapfere Worte Fürstin. Ihr seid eine wahre Erbin der Prinzessin. Nun, dann lasst den Worten Taten folgen.“ und mein Herr ließ ein Brüllen hören, wie ich es seit dem Kampf mit Haria an Bord der Schiffe nicht mehr gehört habe, als wir losstürmten. Wie fallende, brennende Sterne schlugen wir in die Breschen der Mauern ein und wie wütendes Feuer fegten wir durch die Schildwälle und Stellungen der Caldrier. Mit dem Mut der Verzweiflung stellten sie sich uns entgegen und wusste sich, dass ihr eigener Gott die angriff, so hielten sie Stand, was auch immer es kostete. Die Fürstin war überall zur Stelle, wo einem der Krieger der Mut sank, wo einer ihrer Getreuen fiel und starb, da weinte sie, doch nie lockerte sich der Griff ihrer Schwerthand und nie sank ihre Stimme, mit der sie ihre Krieger zum Aushalten drängte.

Wie gewannen immer mehr an Raum. Stellung um Stellung, Wall um Wall nahmen wir ein und die Toten und Verwundeten säumten unseren Weg, als ich meine Herren folgte, der das Burgtor selber angriff. Die reinste Freunde in den Augen, die pure Leidenschaft in seinem Kampfschrei, es war wieder wie einst, bevor er sein Herz an diese Wasserhexe verschenkt hatte. Als wir sie in die Burg zurückgedrängt hatten hielten wir ein und Tiotep betrachtete seine Caldrier. Ein Kampf Schild an Schild, das war ihrer nicht wert und er verbeugte sich vor der Fürstin und zog sich mit der roten Schwadron zurück.

Doch dann endete es jäh, wie es begonnen hatte. Galdius hatte des Ausfall der Soldaten eingeholt und beorderte die Nekaner zurück, bis nur noch mein Herr und seine Schwadron kämpften. Verwirrt, zornig und wütend fuhr mein Herr seinen Bruder an. „Wie kannst du es wagen? Wir sind so kurz vor dem Ziel. Lass sie jetzt stürmen, wir können sie bezwingen.“ „Ja, das könnten wir Tiotep. Aber es würde zu viel kosten. Wir ziehen uns zurück und regeln den Rest mit einer Belagerung. Durch deinen ungestümen Angriff haben wir schon zu viel verloren, dass es nicht mehr sicher ist, ob wie die zweite Burg halten können. Abmarsch, auch du und deine Schwadron. Sofort!“ Un die Leidenschaft, die meinen Herren gerade noch getrieben kochte über und schlug um in blanke Wut. Mit einem Hasschrei, wie ich ihn seit Aeonen nicht gehört habe stürzte er sich auf seinen Bruder Gladius und hieb auf ihn ein. Er tanzte den Reigen des Todes, den Tanz, bei dem man alles vergisst, bei dem nichts mehr zählt, als der Moment, der Tanz, bei dem man über sich hinauswächst von Lust und Leidenschaft getragen mehr als alles, was man je war und Gladius parierte. Der stählerne Koloss setzte seinen Schild und wiederstand meinem Herren. Während Schlag auf Schlag auf ihn eintrommelte blieb er bar jeder Regung wartete und dann stieß er zu. nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Schild traf er meinen Herren in den Magen und mein Herr fiel. Noch währenddessen brauchte der stählerne Gigant seinen Schwertarm auf seinen Bruder herab und schlug ihm auf den Rücken und zu meinem Entsetzen und dem der ganzen Schwadron blieb er liegen.

„Auf Befehlsverweigerung steht der Tod, doch ich bin nicht der der dich strafen wird, denn Brudermord ist der größte Frevel am Ewgen. Doch unser Vater wird davon erfahren und er wird dich richten. Du bist nichts andere, als ein tollwütiger Hund und als solcher gehörst du getreten.“ und während mein Herr seine letzten Kräfte sammelte um wieder aufzustehen und den Kampf weiter zu führen trat im Gladius den eisenbewehrten Schuh ins Gesicht und mein Herr fiel hinten über und blieb mit dem Gesicht nach oben liegen.

Es fing an zu regnen als Gladius davonschritt und meinen Herren und die Schwadron vor den Toren der Burg zurückließ. Das Wasser löschte unsere Feuer und unsere seidenen Gewänder hingen nass an uns herab. Der löwenhäuptige Prinz des Krieges war noch nie besiegt worden, er hatte im Zeitalter der Götter gekämpft gegen Feinde die um eine vielfaches mächtiger gewesen waren als er, er hatte Furatha besiegt und die Natur selbst unterworfen und nun war er besiegt worden. Vor einem Bruder, den er verachtete, dessen Art zu kämpfen ein Frevel an allem war, was ihn ausmachte und in der Niederlage hatte man ihn noch nicht einmal würdevoll getötet, sondern einfach im Dreck vor den Augen seines Volkes liegen lassen. Bei uns Sterblichen sagt man eine Welt bricht zusammen, doch wie kann man so etwas beschreiben, wenn diese Welt die zusammenbricht eben jene ist, die ihn definiert. Mein Herr war eines und nur eines jemals gewesen. Er war aus einem einzigen Gefühl seines Vaters in die Welt gebohren wurden. Er war dieses Gefühl, Fleisch und Feuer geworden durch die Macht der Götter. Die Leidenschaft des Sieges. Nicht mehr und nicht weniger. Die Leidenschaft hatte Furatha ihm genommen und nun hatte ihm sein Bruder den Sieg entrissen. Es heißt Götter hören auf zu existieren, wenn sie nicht mehr für etwas stehen und ich erwartete, dass mein Herr sich auflösen würde, doch das tat er nicht. Momente, die mir wie Jahre vorkamen lag er im Regen, bis sich die Caldrier langsam trauten sich uns zu nähern. Es war wiederum die Fürstin, die als erste voranschritt. Ihre langen Haare waren nass, ihren Helm hatte sie im Kapf verlohren und sie blutete aus einer Wunde über der Stirn, aber ihr unbändiger Wille war immer noch nicht gebrochen. Ich habe kaum einen Sterblichen gesehen, der in unserer Gegenwart keine Angst hatte, doch diese Frau ging an der roten Schwadron vorbei ohne eine Regung auf unseren Herren zu. Sie weinte immer noch um ihre gefallenen Kämpfer doch als sie vor Tiotep stand wich ihre Trauer etwas anderem. Mich packte die Furcht, zum ersten Mal in meinem Leben, denn was auch immer mit meinem Herren geschehen sollte, würde er Mitgefühl sehen, würde denken sie hielte ihn für Schwach, dann wäre ihr Leben verwirkt. Denn was auch immer Tiotep nun war, eine Sterbliche hätte ihm niemals widerstehen können. Doch meine Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet. Tiefe Demut und Flehen lag in den Worten der Fürstin als sie sich an meinen Herren richtete. „Herr wir brauchen euch. Ihr seid unser Schwert ihr seid unser Wille, ihr seid unser Gott.“ und als alle Krieger der caldrischen Verteidiger niederknieten und zu ihm beteten und flehten, da erhob sich mein Herr und ging mit der Fürstin durch das Burgtor in die belagerte Burg des Feindes und wir folgten ihm auf dem Fuße.

Wie der Löwe zum Wolf wurde

Die Tage der Belagerung wurden zu Wochen und Wochen zu Monaten. Wir kämpften nun auf der Seite der Cladrier, den mein Herr hatte das Flehen der Fürstin erhört und hatte sich ihr angeschlossen. In ihrer Verzweiflung gab ihr mein Herr halt und sie waren oft zusammen gesehen, wie sie die Verteidigung planten und den Krieg besprachen oder zusammen das Bett teilten. Aber als er verloren hatte, da hatte sich mein Herr verändert.Wo er früher einen Ausfall nach dem anderen geführt hatte, da leitete er nun einen Verteidigungskampf in den in Gladius gezwungen hatte. Er stürmte nicht mehr glorreich voran, denn er wusste, dass es zu viele das Leben kosten würde. Er suchte sich die Kämpfe aus, die er gewinnen konnte. Denn viele kleine Siege, das brauchte er um zu überleben. Egal ob sie glorreich waren oder durch Hinterlist und Tücke gewonnen wurden, ein Sieg war ein Sieg und brachte sie ein Stück näher dahin alles zu überdauern. jeder von uns bewirkte es und die meisten seiner Schwadron veränderten sich auch. Waren wir doch früher wie die aufrechten Löwen gewesen, die um Ruhm und Glorie kämpfte, so waren wir nun wie Hunde, die tapfer, aber verzweifelt ihren Herren verteidigten, egal, was es kostete.

Ich kann mich noch ein einen Abend erinnern, an dem wir zusammen saßen und sich einer meiner Brüder bei den anderen beschwerte, die so freiwillig den neuen Weg eingeschlagen hatten. „Wie könnt ihr nur das aufgeben, was wir alle sind. Seht wir verändern uns. Hunde haben keine Ehre, Hunde werden getreten und geschlagen und dürfen bestenfalls die Knochen vom Tisch ihres Herren aufsammeln.“ Dies hörte die Fürstin und zum ersten Mal wendete sie sich an uns. „Ihr seid keine Hunde tapfre Krieger, noch werdet ihr jemals welche sein. Es gibt noch ein andres Tier, das bitter kämpft um zu überleben und genauso stark ist, wie der Löwe. Treu, doch keines Mannes Untertan ist der Wolf, das Wappentier meines Vaters und seiner Väter vor ihm. Für Stolz und Glorie hat der Wolf keinen Sinn, aber für Stärke und Treu gegen jeden Feind, der sein Rudel bedroht und trotzdem ist er frei und niemandem außer seiner Familie verpflichtet.“ Da wussten wir alle, dass sie war gesprochen hatte und welchen Weg unser Herr gehen würde und dass die rote Schwadron ihm dorthin nicht würde folgen können, sondern nur seine treuen Wölfe.

Die Kämpfe wurden unerbittlicher und verlustreicher und keiner wagte aufzugeben, bis Gladius alles auf eine Karte setzen musste. Ein massive Angriff gegen die Hauptburg war alles, was die Verteidigung rechtzeitig brechen würde um zu verhindern, dass der General der Fürstin Hilfe holen konnte und so rollte die unerbitterliche Front auf die Caldrier zu. Ich habe nie davor und niemals danach so viel Entschlossenheit in den Herzen von Menschen gesehen und ich war lange Zeit der Diener Tioteps, des Prinzes des Krieges und habe wahrlich viele Schlachten gesehen. Ein jeder Caldrier wusste, dass er sterben würde und ein jeder Caldrier tat dies aus freien Stücken und mit voller Absicht und sie alle starben, keiner floh. Für jeden Toten verloren die Nekaner mindestens Drei der Ihren doch auch sie wichen nicht uns schließlich standen sie den letzten der roten Schwadron erneut vor dem Burgtor gegenüber und vielen reihenweise vor dem Schwert meines Herren. Keine Heldentaten, keine Glanz und keine Glorie. Es war Gemetzel, Blut, Sterben und Wut, die meinen Herren Leib um Leid, Schwert um Schwert voranbrachte, bis er im tiefsten Gemetzel erneut seinem Bruder Gladius gegenüberstand.

Die Welt und die Götter hielten den Atem an, als diese beiden Titanen wieder aufeinander trafen und den Kampf auf neue begannen, den mein Herr zuvor verloren hatte. Früher war der Kampf Tioteps Kunst, ein Tanz und Reigen des Todes voll vollendeter Perfektion, doch nun war es blutiges Gemetzel. Keine Ästhetik, kein Tanz, sondern bittere und brutale Schlachterei. Kein Hieb verschwendet, kein schritt zuviel und keine Schwachstelle ungenutzt. Eine Schwachstelle, wie unter der Armbeuge von Gladius Schwertarm, durch die mein Herr sein Schwert unerbittlich in den Rumpf seinen Bruders treib, bis dieser auf dem Platz zusammenbrach. Sein Schwert steckte in seinem Bruder und so griff sich mein Herr einen Speer. Kein Mitleid, kein Pardon, der Stärkere gewinnt und hat als einziger das Recht zu überleben. In dem Moment riss mich die Fürstin zur Seite, als sie mit ausgebreiteten Armen vor Gladius sprang um ihn zu beschützen, wie dies einst Adran Himmelsturm bei Furatha getan hatte und mein Herr stieß zu. Der Speer durchbohrte beide mit einem einzigen Stoß durch das Herz der Fürstin und den Hals von Gladius.

Als er bemerkte, was er getan hatte fiel mein Herr auf die Knie und schloss seine Geliebte in die Arme. Zwei letzte Worte verließen ihre Lippen, bevor sich ihre Augen für immer schlossen „Dein Bruder.“ Mein Herr dagegen wandte sich nur ab nahm die Fürstin auf die Arme und trug sie zu ihrer Burg. Ohne Worte sammelten sich die letzten Duzenden Überlebenden Sterblichen um ihn. Als die Burg in Flammen aufging und die Feuer ihr den Weg ins Jehnseits wiesen warf mein Herr seinen Kopf zurück und bekannt zu heulen. Es war kein Brüllen eines Löwen, es war kein triumphaler Kampfschrei, es was das Heulen eines Wolfes. Wo mein Herr früher eine Mähne aus feurig goldnem Haar und Feuer hatte, das wuchs jetzt nur noch schwarzer dunkler Pelz. Die edlen Züge des Löwenhäuptigen Prinzen des Krieges wurden bestialischer, dunkler, zur Schnauze eines Wolfes.

Wo Gladius von seinem Bruder getötet worden war barst der Himmel entzwei und die finstre Nacht färbte sich flammenrot als Desrutep auf seinem flammenden Streitwagen auf die Erde herabkam. Eine Stimme erschall über dem ganzen Land: „Brudermord! Ein Unsterblicher wurde durch die Hand seiner Bruder getötet. Die Gesetze der Götter wurden entweiht. Du bist für immer verstoßen Tiotep aus den Hallen des Flammenden und seiner Kinder hier sollst du gefangen sein und bleiben und sehen, wie dein Volk vernichtet wird. Du bist nicht mehr von unserem Blut.“ Aus dem Leib von Gladius formte er Ketten und band den Wolf, der einmal sein Sohn gewesen war an Händen und Füßen und Hals, auf das er niemals mehr frei auf Erden wandeln dürfe.

Epilog

Wir verabschiedeten uns von unserem Herren. Die rote Schwadron war ein Teil Tioteps gewesen, würde aber nie ein Teil Tiors werden können. Mein Herr blickte uns noch einmal an, als wir traurig vor ihm knieten. Ein stummes Versprechen lag ins seinen Augen, oder vielleicht wünschten wir uns nur alle es zu hören. Das am Ende aller Tage, wenn die Götter einst wieder selbst auf Erden wandeln und er seine Fesseln sprengen würde, dass wir dann erneut Seite an Seite mit ihm in den Krieg ziehen werden.

Fin

Tja, das ist das Ende meiner Geschichte, der Legende von Blut und Feuer und das Ende der Geschichte von Tiotep, dem löwenhäuptigen Prinz des Krieges. Wie es weitergeht? Also ihr wisst doch das Ende von jeder Geschichte ist der Anfang einer anderen, neuen Geschichte. Diese neue Geschichte beginnt damit, dass fünf andere Götter zu dem gefesselten Tior kommen und ihm ein Angebot machen sein Volk zu retten, wenn er sich ihnen anschließen würde. Dadurch, dass Gladius mit seinem letzten Angriff nicht rechtzeitig Erfolg hatte schafft es der Imperator seine Truppen auf der Westseite der Furt in Stellung zu bringen und der Hauptmann der Fürstin konnte rechtzeitig Hilfe holen und so konnten die Nekaner besiegt werden und die Caldrier waren frei. Aber diese Geschichte wird jemand anderes erzählen, nicht ich.

Vorgeschichte Nr. 1 (die epische)

In welcher erzählt wird vom alten Streit der Götter, dem Untergang des ehrhaften und löwenblütigen Tiotep und dem Entstehen des rasenden und wolfsköpfigen Tior

De Leonis qui in Lupum mutavit

Und es begab sich zu der Zeit, als die Kinder des Flammenbringers aus den Bergen kamen und die Stiefel der Legionen zermürbten die Saat des Meeres. Als die Mauern der letzten Stadt des alten Reiches erzitterten unter den Schlägen des jungen Imperiums. Als das einzige Heil der Menschen des Bundes die Flucht war. Als nur noch das Meer Hoffnung barg und nur noch die Schiffe Dranas Rettung versprachen. Als sich die Mutigen unter der Führung des Navigators sammelten; bereit, ihre Zukunft fern der Heimat zu suchen. Nur er und seine beiden treuen Gefährten sollten gemeinsam stark genug sein, um dem Sturm zu trotzen; nur sie sollten weise genug sein, ihren Weg durch die Nebel zu finden; nur sie sollten gerecht genug sein, die Prüfung der Zeit zu bestehen; nur ihnen war es bestimmt, unsere Vorväter in ihre neue Heimat zu führen und dort ein neues Reich des Sommers zu erbauen: Caldrien. Und als die Zeit bereit war und die Menschen jene große Kraft in sich entdeckt hatten, welche sie über das Meer getragen hatte und welche als zarter Samen in ihren Herzen gesät nun als mächtiger Baum in ihren Taten blühte, erst da offenbarten die Gefährten des Navigators sich ihrem Volke als Alamar und Tiotep, welche die Stärke und die Weisheit ihres Volk auf die Probe gestellt hatten und sie nun belohnten. Und es begann eine Zeit des Friedens und des Wachsens. Häuser und Straßen wurden errichtet, Städte erblühten, Felder wurden bestellt und große Ernten eingeholt. Und es sollte sein wie ein ewiger Sommer, in dessen warmem Schein das erwählte Volk erblühte. Doch auf jeden Sommer folgt der Herbst und jedem Baum ist es bestimmt, seine Blüte zu verlieren und niederzugehen, wenn die Zeit es will. Höre, Volk von Caldrien, glückliches Volk des Sommerreiches, Kinder der Reisenden: Der Diener des Flammenbringers naht und mit ihm naht Gladius, das Schwert des Zornes, welches reiche Ernte halten wird, bis es zerschellt an der Brust des Stürzenden…

Auszug aus einer Handschrift, gefunden in den Ruinen der Akademie zu Ayd Owl, datiert auf das Jahr 10 vor Jeldrik

Lang, lang ist es her, da ging ein tiefer Riss durch das Pantheon Nekas, jenes aufstrebende imperialistische Großreich, welches sich anschickte, die Welt zu erobern. Man hatte gerade einen guten Teil des angrenzenden Festlandes befriedet und schickte sich an, nun auch die letzten beiden kleineren Nachbarn zu unterwerfen, bevor man erstmal innehalten und sich zum Kaiserreich erklären konnte. Besagte kleine Nachbarn hatten weniger rosige Zukunftsaussichten. Während einige unverbesserliche Heldenmutige zurückblieben, um sich zwanzig zu eins gegen die einmarschierenden Legionen zu werfen, hingen einige andere mehr am Leben und flohen übers Meer. Zeitgleich entschieden sich im Götterhimmel zwei vom Leben enttäuschte Engel, endlich einmal etwas Neues auszuprobieren und gingen kurzerhand mit den Menschen mit. Ihre Namen waren Alatep und Tiotep, doch an diese Namen erinnert sich heute fast niemand mehr… Zusammen mit den wagemutigen Hasenfüßen aus der Stadt Caldros verließen sie Neka und erreichten das Land, welches heute als Engonien bekannt ist. Und hier, fern der expansionistischen Gefräßigkeit ihrer Väter, errichteten sie ein Reich der Treue und der Ehre. Ein Reich des ewigen Sommers, in welchem Aufrichtigkeit und Tapferkeit herrschten, in welchem die Starken die Schwachen stützen und in dem nur der arm war, der arm im Herzen war… Erstaunlicherweise gelang es den beiden, diesen Zustand ziemlich lange aufrecht zu halten. Und das, was nach ein paar Generationen zustande gekommen war, nannte sich mit Fug und Recht „Imperium“. Das Caldrische Imperium. Es hielt fast 250 Jahre lang. Doch nach jedem Sommer kommt der Herbst, so auch in diesem Fall. Der Herbst kam in Form von nekanischen Kriegsschiffen. Angeführt von den Veteranen eines schweren nekanischen Bürgerkriegs kamen die Legionen Nekas. Und mit den Legionären kamen auch die Götter Nekas. Um es noch schlimmer zu machen, nicht irgendwelche Götter aus dem Pantheon, sondern direkt die Väter der beiden geflohenen Engel. Neben dem tobenden Krieg gab es also auch einiges an zänkischem Streit zwischen Vätern und Söhnen. Besonders Destrutep und sein ehemaliger Lieblingssohn, der heißblütige Tiotep, stritten sich bitter. Immerhin war der Vater hier mit dem Befehl, die Caldrier zu unterwerfen und wieder ins nekanische Imperium einzugliedern. Eine Zeit lang beugte sich Tiotep dem Willen seines Vaters, doch als sein Bruder Gladius, auch die Kriegsmaschine genannt, auftauchte und mit ehrloser Konsequenz und kalkulierter Effizienz den Krieg führte, brannte Tioteps Zorn immer heißer, bis er schließlich wutentbrannt seinen Bruder erschlug. Doch dazu später mehr. Destrutep verbannte seinen mordlustigen Sohn und kettete ihn zur Sicherheit an. Die Ketten schmiedete er aus dem toten Leib Gladius, der zu großen Teilen eh aus Metall bestand. Alatep oder Alamar, wie der zweite Engel sich jetzt nennen ließ, war inzwischen nicht untätig gewesen und hatte seinerseits nach Verbündeten gesucht, um gegen Neka zu bestehen. Er fand sie bei einigen anderen lokalen Gottheiten, namentlich: Aine, Lavinia und Naduria. Zusammen mit einem etwas zwielichtigen Gott namens Szivar erdachten sie einen verwegenen Plan und nahmen den inzwischen stark geschwächten Tiotep in ihre Reihen auf. Kurze Zeit später tauchte Jeldrik, der von eben diesen Göttern gesalbt war, auf und führte die Völker Engoniens siegreich gegen Neka. Alatep blieb Alamar und aus Tiotep wurde Tior. Das Band zwischen Vätern und Söhnen war zerrissen und das neue Pantheon Engoniens stand. Und wieder konnte eine andere Geschichten erzählt werden bis zum heutigen Tag, an dem eben dieses Pantheon zu zerbrechen droht.

Vorgeschichte Nr. 2 (die romantische)

In welcher erzählt wird vom traurigen Los zweier Herzen, die so heiß füreinander brannten und so schnell füreinander schlugen, dass sie beide fast daran zerbrachen.

Als die Schöpfung noch jung war, waren die meisten Dinge recht simpel geregelt. Feuer und Wasser, hell und dunkel, heiß und kalt. Erst mit der Zeit kamen kompliziertere Konzepte hinzu – wie ehrenhaft und hinterlistig, dumm und klug, geradlinig und kompromissbereit. Natürlich auch Gut und Böse…. Nicht alles wird durch die Zeit verbessert. Auch bei den Göttern wurden die Dinge mit ebenjener Zeit komplizierter. Und so geschah eines Tages, was nie hätte geschehen sollen. Eine Tochter Hydracors verlor ihr Herz an einen Sohn Pydracors und umgekehrt. Das Ganze könnte nun in eine einfache Liebesgeschichte mit traurigem Ende münden, doch leider war auch dies etwas komplizierter. Denn die beiden, die sich da plötzlich näher kamen, waren… In der blauen Ecke der Arena: Furatha! Sinnlichste und rachsüchtigste Tochter Hydracors. Herrin der Gefühle und des Sturms. Und in der roten Ecke der Arena: Tiotep! Mutigster und kampflustigster Sohn Destruteps. Herr des Duells und des guten Kampfes. Das erste und bislang einzige direkte Zusammentreffen der beiden endete beinahe in einem Desaster für alle Beteiligten. Sie waren beide an Bord desselben Schiffes; eben jenes Schiffes, mit dem die Flüchtlinge aus Neka entkamen. Denn außer den Menschen aus Caldros hatten sich auch die letzten Überlebenden des Königreichs Drana mit eingeschifft und man wollte zusammen fliehen. Während Tiotep zusammen mit den pyrdracorgläubigen Caldriern vor seinem Vater floh, begleitete Furatha die hydracorgläubigen Dranaer in ihre neue Heimat. Auf See kam man sich näher und das Naturell der beiden Götterwesen sorgte mehrfach fast für die Zerstörung der Schiffe. Hassliebe umschreibt nur sehr grob, was zwischen den beiden vorging. Beide betrachteten sich gleichermaßen als würdigen Gegner als auch als erstrebenswerte Beute. Außerdem hielten sie sich gegenseitig für unerträglich arrogant und geradezu ekelhaft anziehend. Schließlich waren es die beiden vernünftigeren Begleiter der zwei Hitzköpfe, die für Ruhe sorgten. In der roten Ecke der Richterloge: Alamar! Richtender und weiser Sohn Justoteps. Der immerhin Schuld daran war, dass er und sein Vetter hier waren. In der blauen Ecke der Richterloge: Creatha! Erschaffende und inspirierende Tochter Hydracors. Die kein Interesse hatte, die gesamte Expedition an die blinde Wut ihrer Schwester zu verlieren.

Man trennte sich auf dem Meer und die beiden Expeditionen gingen getrennte Wege. Die Caldrier kamen im späteren Engonien an. Die Dranaer fanden ebenfalls Land und nannten es Condrana (in ihrer Sprache soviel wie Neues-Drana), heute Condra. Creatha begleitete sie und half zusammen mit ihrer Schwester Furatha, eine neue Heimat zu errichten. Was Furatha ihrer Schwester jedoch nicht verraten hatte, war, dass sie sich von ihrem Geliebten ein „Andenken“ mitgenommen hatte. Sein Herz. Sie trug es lange mit sich herum, bis sie auf eine recht gewagte und ausgesprochen spontane Idee kam. Sie hatte einen Sterblichen gefunden, der so nah an Tiotep dran war, wie es für einen Menschen eben ging. Sie pflanzte ihm das Herz des Gottes ein und bereitete ihre Hochzeit vor. So sollte sie schließlich doch noch kriegen, was sie wollte. Leider hatte noch jemand von der Geschichte Wind bekommen: Justotep, Sohn Pyrdracors und Vater Alateps und erklärter Gegner von Furatha, sah was geschah und sah sich genötigt einzugreifen. Er schickte seine Diener hin, um das Herz seines Neffen wieder nach Hause zu holen. Der Plan war einfach und misslang. Zwar schafften sie es, den Sterblichen zu töten und ihm das Herz zu entreißen, aber genau in dem Moment griff Furatha ein und zeigte ihnen, warum man sie die Rachsüchtige nennt. Doch sie war sehr erschöpft; erneut hatte sie ihren Liebsten verloren, und legte sich zur Ruhe und träumte sich in eine bessere Welt. Sie schlief fast 250 Jahre, bis ein paar Helden kamen und sie weckten. Das Herz aber lag schutzlos in der Gegend herum, bis Creatha kam und sich darum kümmerte. Sie nahm es und pflanzte es in den Stamm eines Baumes. Drumherum erschuf sie eine Burg, denn sie wusste durchaus, wie gefährlich die Macht des Herzen sein könnte, wenn es in die falschen Hände geriete. Und tatsächlich fing das Herz mit den Jahren an, seine Umwelt zu „vergiften“. Jeder Mensch, der eine Weile in der Nähe blieb, neigte zu plötzlichen Wutanfällen oder unerklärlichen Zuständen von Heldenmut und großer Dummheit. Die Situation wurde immer schlimmer, doch schließlich kam einer der Jünger Mesits vorbei und machte der Sache mit einem gezielten Stoß seines Servions ein Ende. Natürlich tötete er das Herz damit nicht, sonst wäre unsere Geschichte recht kurz, sondern schickte es nur schlafen. Bis irgendwann irgendein Dummkopf kommen wird und den Dolch herausziehen wird…

Vorgeschichte Nr. 3 (die politische)

In welcher erzählt wird vom jungen Streit der Menschen, der entbrennt an einer alten, lang vergessenen Burg. Doch was als Politikum beginnt, führt vielleicht ein Land in den Krieg, getrieben von dem Machthunger einer Stadt und dem Rachedurst einer einzelnen Frau.

Die letzten Tage des Bürgerkrieges: Die Rebellen haben sich formiert und ziehen, angeführt von dem Hohepriester Therion gen Tharemis, um die Hauptstadt gemeinsam mit den verbündeten Truppen anzugreifen. Auf ihrem Weg liegt Schieferbruch, die Stadt der reichen Händler. Die hauptsächlich deswegen reich sind, weil sie fleißig mit den Nekanern zusammenarbeiten und brav tun, was der König sagt. Was dann geschieht, wird in den Geschichten heute wahlweise als die Nacht der Rache oder als die Blutnacht von Schieferbruch bezeichnet. Es wundert also wohl kaum, dass es in Schieferbruch einiges an Meinung gegen die ehemaligen Rebellen gibt, welche sich heute Archonten nennen und als Hoher Rat Condra regieren. Es gärt und brodelt nun schon einige Jahre. Im letzten Jahr wird der Zorn und der Hader Schieferbruchs zunehmend handfest. Die mächtige Fuhrmannsgilde hat ihr Gildenhaus in Schieferbruch und kontrolliert zunehmend die Straßen des Landes. Auf den Ruinen der einst geschliffenen Palisaden wächst eine neue und mächtige Stadtmauer und die Dragoner der Schiefergarde bilden derzeit die schlagkräftigste Kavallerie-Einheit Condras. Schieferbruch bereitet sich für einen Krieg vor. Einen Krieg, den sie diesmal zu ihren Bedingungen führen werden. Hinter all diesen Vorbereitungen stehen der Hass und der Machthunger einer Frau: Aggripina Edlenviel. Frau des eigentlich ganz verträglichen Rowan Edlenviel, mächtigster Händler Schieferbruchs und Mitglied des Hohen Rates von Tharemis. All diese Vorbereitungen sind natürlich nicht unbemerkt geblieben. Die Stimmung ändert sich merklich.Seit einiger Zeit trinkt man in den Schenken wieder auf den König, genauer gesagt auf die Königin. Und mitten in dieser ohnehin schon aufgeheizte Atmosphäre erscheinen plötzlich eine Gesandtschaft der Zwerge und verkündet, dass sie kommen, um einen alten Vertrag mit den Menschen einzulösen. Sie wollen eine Burg zurückgeben, die sie vor Jahrhunderten von den Menschen gepachtet haben: Die Sternenwacht. Interessanterweise liegt diese Burg an einem Pass durch die Retekberge weit südlich von Schieferbruch. Für Schieferbruch wäre sie ein sicherer Rückzugspunkt und die einzige Möglichkeit, südlich der Berge zu gelangen. Für den Rat bedeutet die Burg zunächst einmal eine Möglichkeit, sich gegen die immer mal wieder marodierenden Orks aus dem Süden zu wehren. Gleichzeitig wäre die Burg aber auch gut geeignet, Schieferbruch in die Zange zu nehmen, falls die Händler was versuchen.