Lavinia

Lavinia

Lavinia ist grundsätzlich eine gute Gottheit. Sie steht für alles, was einem halbwegs normalen Menschen wichtig ist: Frieden, Liebe, Einigkeit und dergleichen mehr. Sie beschützt die ihren, jedoch nicht durch Waffen oder gar Kriege, sondern indem sie einem jeden ihre Hingabe, Liebe und Zuneigung schenkt, der zu ihr betet. Sie schlägt keine Wunden, sondern heilt. Sie kämpft nicht, sondern schlichtet. Sie hasst nicht, sondern liebt.

Aspekte

Im Folgenden eine Liste von Aspekten, die dem Durchschnittsengonier einfallen, wenn von Lavinia die Rede ist. Ein Glaube mag nicht nur von Schlagwörtern leben können, dennoch sind sie nicht verkehrt, um einen kurzen Überblick über die einzelnen Aspekte geben zu können. Wichtig: die Ordnung sagt nichts über die Gewichtung aus.

Aspekte
Gnade Lavinia ist eine gute Gottheit. Sie straft nicht, wie Alamar es im Namen der Gerechtigkeit vielleicht tut, sondern vergibt. Sie schlägt keine neuen Wunden, sondern heilt alte.
Schutz, Bewahrung Wo Tior in Kampfeswut zerschlägt, wo Szivar voller List entzweit, wo Alamar in gerechtem Zorn vernichtet, kämpft Lavinia für Einheit, für Vollkommenheit, für Einigkeit, für die Wahrung des Ganzen.
Familie Sowohl die Hausgemeinschaft als auch die Blutsbande der Familie sind Lavinia heilig. Schützend und verbindend greift sie ein, wo immer es notwendig ist.
Minne Diese hohe Kunst erfreut Lavinia von Herzen, die Idee der Liebe kann dort wachsen und gedeihen.
Sexualität und Fruchtbarkeit Wo immer Kinder gezeugt werden, achtet Lavinia darauf, dass diese gesund und unversehrt zur Welt kommen. Auch wird sie oft und gerne nach vielen Kindern angefleht, doch nicht jeder dieser Wünsche wird erfüllt.
Liebe Ob nun ein schöner, guter Ehemann, oder doch nur eine flüchtige Liebschaft, oder gar die Liebe einer holden Maid zu einem tapferen Rittersmann: Lavinia näht die Lebensfäden zweier Menschen zusammen, wo sie nur kann.
Frieden Nichts liegt Lavinia mehr am Herzen als Einigkeit und Liebe. Krieg ist ihr zuwider, und nur in Friedenszeiten senkt sie ihren Samen in die Erde. Auch wacht sie über die hohe Kunst der Diplomatie und des Verhandelns, sowohl als Schlichter als auch als Verhändler.
Kunst Auch die hohen und schönen Künste erfreuen Lavinias Herz, ein Werk, vollbracht mit Hingabe und Liebe, kann ungeachtet der weltichen Qualität das Schönste für sie sein.
Errettung/“Saviour of souls“ Ein jeder Engonier wird nach seinem hoffentlich langen und erfüllten Leben ins Totenmeer gelangen. Hat ein Sterblicher die Regeln der Götter befolgt, werden diese auf seine Seele aufmerksam. Die Seelen göttergefälliger Sterblicher kann ein Gott in sein Totenreich führen. Es heißt, dass die mildtätige Lavinia Mitleid mit den meisten Seelen hat, die nicht von ihren Geschwistern auserwählt werden, und dass sie aus diesem Grunde diese errettet. Nur die wirklich schlechten Menschen verbleiben auf dem Totenmeer. Doch selbst der schwärzeste Sünder kann, so voll ehrlicher Reue erfüllt und von aufrichtigem Bedauern seiner Taten, aufsteigen vom Meeresgrund in die Hände der Götter.

Allgemeines zum Glauben

Im Großen und Ganzen gibt es nicht viele Unterschiede zwischen dem Lavinia-Glauben in Caldrien und in Tangara. Ein paar Begebenheiten sind jedoch erwähnenswert, daher soll der geneigte Leser im Folgenden Gelegenheit bekommen, sowohl Allgemeinheiten über den Glauben zu erfahren, als auch regionale Besonderheiten zu erfahren.

Lavinia ist eine Hauptgottheit Engoniens. Das bedeutet, dass jedes Kind ihren Namen kennt, und ein Großteil der Menschen in Tangara und Caldrien zu ihr betet. In Andarra und Silvanaja wird Lavinia nicht wirklich verehrt, jedoch gibt es auch dort Gläubige. Die Kirche Lavinias ist keine straff organisierte Institution. Vielmehr gibt es von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, immer wieder kleine Schreine, Tempel und Klöster, vor allem in Tangara findet man Prediger, die der Dorfgemeinschaft angehören, aber in ihrem eigenen kleinen Haus wohnen und keinem Tempel o.ä. vorstehen. Priester sind oftmals normale Mitglieder der Gesellschaft, keine entrückten oder weltlich erhobenen Menschen.

Der Priesterschaft liegt das Wohl aller Menschen sehr am Herz, daher findet man fast überall, wo ein größerer Tempel steht, auch Kindergärten oder Schulen, in denen kostenfrei lesen und schreiben gelehrt wird. Die meisten Engonier können jedoch ob ihres täglichen Handwerks kaum die Zeit aufbringen, diese Schulen zu besuchen.

Der Eintritt in den Dienst an Lavinia ist mit jedem Lebensjahr möglich, doch erst mit dem 16. Geburtstag kann eine junge Frau oder ein junger Mann in den offiziellen Novizenstatus erhoben werden. Dann beginnt sie/er mit Wanderschaften von Tempel zu Tempel, um bei möglichst verschiedenen Menschen sein Handwerk zu erlernen. „Handwerk“ meint sowohl die Fähigkeit, körperliche Wunden heilen zu können, wie auch die Fähigkeit, für das Seelenheil eines jeden Menschen wohltuend handeln zu können. Das Noviziat ist meist nicht auf einen festen Zeitraum begrenzt, sondern wird anhand des Lernfortschritts und der Reife des Novizen bemessen. Nur selten kommt es vor, dass ein Tempel eine Zeit vorgibt.

Da die Kirche ohne eine großartige Hierarchie auskommt, gibt es auch nur wenige Titel. Dennoch sind die wenigen, die es gibt, erwähnenswert:

  • Novize
  • Amabilis / Agapima (mit einem normalen Priester vergleichbar)
  • Amata (Hohepriester)

Der Glaube in Tangara

Das vorherrschende Symbol Lavinias in Tangara ist die Rose. Mal eine mit Stamm und Dornen, dann wieder nur die Blüte, eine wirkliche Vorgabe gibt es nicht. Sowohl weiße, rote als auch blaue Rosen sind schon vorgekommen (man munkelt gar über eine schwarze!), eine übergeordnete, allgemeingültige Farbsymbolik scheint es jedoch nicht zu geben.

Der durchschnittliche Tangaraner sieht in Lavinia eine mollige, wohlmeinende Mutter. Er sieht weniger das Ideal der Liebe (wie der Caldrier), sondern freut sich vielmehr über die Zuneigung und Aufmerksamkeit, wie ein Kind es bei seiner leiblichen Mutter tun würde. So kommt es auch, dass der Tangaraner kein Problem damit hat, seine bäuerlichen Wünsche Lavinia mitzuteilen: sei es nun das Beten um gesunde, dicke Kinder, um einen gutaussehenden, reichen Ehemann, oder einfach das Flehen nach einem langen, erfüllten Leben mit wenigen Krankheiten. Oft wird auch in Hurenhäusern zu Lavinia gebeten: die Mädchen und Frauen, die das Pech haben, als Huren ihr Geld verdienen zu müssen, bitten oftmals darum, dass die Freier großzügig sind bzw. überhaupt bezahlen, dass ihnen körperlich nichts geschieht und auch, dass sie nicht schwanger werden. In wenigen, meist teureren Bordellen (die, die sich Aufpasser leisten können und bei den Damen auf Hygiene sowie bei den Herren auf eine gewisse Solvenz achten), findet man auch einen kleinen Lavinia-Schrein.

In Lavinias Namen sammeln Priester oft Spenden für Obachlose, Kranke, Ausgestoßene und andere Menschen, denen das Leben übel mitgespielt hat, außerdem sind sie oftmals für Hochzeiten und Beerdigungen “zuständig”. Während in Caldrien solide Kloster das Erscheinungsbild des Glaubens dominieren, existieren in Tangara vor allem viele kleine Tempel, Armenhäuser und dörfliche Schreine.

Der Durschnittstangaraner denkt zunächst und als erstes an folgende Ideen:

  • Familie
  • Nächstenliebe
  • Barmherzigkeit

Der Glaube in Caldrien

Während in Tangara die Rose als Symbol Lavinias dominiert, findet man in Caldrien auch oftmals eine (stilisierte) Kirschblüte vor. Hier, im kalten Norden Engoniens, steht Lavinia nicht nur als Göttin der Familie, der Nächstenliebe und des Friedens an erster Stelle, sondern wird auch als Göttin der Künste, der Fruchtbarkeit und der Sexualität wahrgenommen.

Grade im gehobenen Volk meint man jedoch nicht die platte Fortpflanzung, wenn man in Lavinias Namen um ihre Liebe bittet, sondern eher das stilisierte Ideal der Liebe, sozusagen die Idee der Liebe. Doch auch im Namen der Verständigung, Mediation und Diplomatie ruft man Lavinia an, oft werden Verträge in ihrem Namen oder unter ihrer Anrufung unterzeichnet. Die Mutter gilt als Lebensspenderin, doch auch im Tod ist sie gnädig: sie ist die Barmherzige, die die verlorenen Seelen im Totenmeer vor dem Versinken bewahrt und ungeachtet ihrer guten oder schlechten Taten im Leben in ihre Arme holt. Zuletzt ist noch zu sagen, dass dem Caldrier, der von Stand ist, die Ehe heilig ist, und Lavinia diejenige ist, die die Ehe schützt und gedeihen lässt. So wird eine Frau, die unverheiratet einem Kind das Leben schenkt, egal ob von Stand oder nicht, zwar ein wenig schräg angesehen, doch wird ihr keiner einen Strick daraus drehen oder sie darüber gar beleidigen. Doch eine verheiratete Frau, die die Ehe nicht ehrt, gilt als schmutzige Metze, ganz so wie der Ehemann, der seine Angetraute betrügt, mit Verachtung bestraft wird und seine Ehre in Frage gestellt wird.

Beim einfachen Volk wiederrum ist das relativ egal, wenn ein Kind außerhalb einer Ehe zur Welt kommt – dann ist’s eben so.

Zu letzt ist noch zu sagen, dass der Caldrier besonderen Wert auf die Hausgemeinschaft legt. Daher finden allmorgendlich gemeinschaftliche Segnungen im Namen der Mutter statt. Es wird jedoch meist nicht der Segen für einzelne Personen erbeten, sondern vielmehr wird darum gebeten, die Hausgemeinschaft als Ganzes zu schützen, sowie deren Einheit und Einigkeit. Dies geschieht, so kein Priester da ist, durch den Vorsteher der Hausgemeinschaft, egal ob nun von Stand oder nicht. Oftmals wird auch eine Heiligengeschichte dabei vorgetragen, um anschließend mit frohem Mut ans Tagewerk zu gehen.

Dem durchschnittlichen Caldrier werden beim Gedanken an Lavinia die folgenden drei Aspekte einfallen:

  • Die Familie und die Hausgemeinschaft
  • Die Minne und das Ideal der Liebe
  • Der Totenglaube und die Idee, niemals im Totenmeer versinken zu müssen

Der geneigte Leser wird bei seinen Reisen durch Caldrien immer wieder auf kleinere und größere Klöster stoßen, in denen nicht selten das Lesen, Schreiben und auch die hohe Kunst der Kalligraphie gelehrt wird. Auch wird er in zahlreichen Dörfern Schreine vorfinden, die heiligen und seligen Männern und Frauen gewidmet sind. Nicht zuletzt gibt es zahlreiche Heiligengeschichten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Innerhalb der Klöster herrscht meist eine straffe Hierarchie, eine generelle Rangordnung gibt es jedoch nicht.

Der Ritus

Im Folgenden eine Abhandlung über die Unterschiede des caldrischen, vornehmlich nordcaldrischen, zum tagaranischen Ritus, betreffend der Verehrung Lavinias.

Auszug aus dem Dokument, welches während dem Konklave im Jahre des Heils 225 n. J. unter der Schirmherrschaft seiner Gnaden, des Emilie Lioncoeur, entstanden ist.

…so muss uns doch bewusst sein, dass nicht der eine Ritus mehr Wohlwollen in den Augen der Göttin besitzt als der andere. Vielmehr dient ein jeder Mensch der Göttin so, wie er es am besten vermag. Die einen durch ein sittsames Leben, welches der Gemeinschaft förderlich ist, die anderen durch Festlichkeiten und große Opfer.Während der tangaranische Ritus ein großes Augenmerk auf die körperliche Liebe und Verbundenheit zwischen Mann und Frau legt, so sind die caldrischen Auslegungen ursprünglicher und mehr der Gemeinschaft verpflichtet.

Selbstverständlich werden auch hier Ehen im Namen Lavinias geschlossen, aber die Verehrung innerhalb der Familien zeigt mehr den Aspekt des künstlerischen Schaffens und der familiären Bande im Sinne der gegenseitigen Sorge und Zusammengehörigkeit. Nicht selten übernehmen die Geweihten in den Dörfern und Weilern nicht nur die traditionellen Aufgaben eines Geweihten, sondern sind auch Priester und Lehrer zugleich.

Ein offensichtlicher Unterschied ist die Wahl des Symbols, welches für Lavinia steht. Während in Caldrien die traditionelle Kirschblüte weit verbreitet ist und im Handwerk sowie der Kunst Verwendung findet, so ist es in Tangara die Rose, welche die Assoziation von Lavinia und Liebe unterstreicht.

Eine weitere Besonderheit Caldriens ist sicherlich die Verehrung Lavinias durch die adligen Familien. Auch sie schätzen die lichte Göttin und huldigen ihr. Die Verehrung von Lavinia als Behüterin der Familie hat in den adligen Familien eine besondere Konnotation bekommen, da sie die Wichtigkeit der Abstammung und des vererbten Blutes zu unterstreichen scheint. Zudem sehen sie in ihr den Quell der Minne und somit Ritterlichkeit. Während Alamar die herrschende Ordnung so bestimmt hat und Tior den kriegerischen Aspekt vertritt, so ist es doch Lavinia, die in ihrer Güte keine Verrohung der Männer zulässt und sie durch die Minne den höchsten Idealen zuführt.

An dieser Stelle muss der Begriff der hohen Minne, wie er in Caldrien verstanden wird, definiert werden. Zu oft versteht man darunter das Freien des Mannes um das Weib, welches seine Gemahlin werden soll. Dies ist, wenn überhaupt, die niedere Minne.

Die hohe Minne jedoch ist das Geschenk Lavinias an die Menschen Caldriens, mit dem Sie einen Kontrapunkt zum notwendigen Übel des Krieges schafft. In der Minne verehrt der Ritter das Ideal der Courtoisie in Gestalt einer Dame. Die Beziehung zwischen der Dame und dem Ritter ist rein platonisch! Während der Ritter seinen beschwerlichen Weg geht, so hat er in Gestalt der Dame ein Leuchtfeuer, an dem er sich in seinen dunkelsten Stunden richten kann. Sie kann ihm den Weg aus der Finsternis des Kampfes und Blutvergießens weisen und ihn vor dem Sturz in die Verrohung und ein von niederen Gelüsten regiertes Leben bewahren. Die Dame zeichnet den Ritter vor allen anderen aus, in dem sie ihm ein sichtbares Pfand überlässt. Dieses trägt der Ritter in seinen Schlachten mit sich, in ihrem Namen erstreitet er den Sieg oder duldet stumm die Niederlage.

Gerät die Dame in Gefahr, so ist er das Schwert und Schild an ihrer Seite, bereit jedweden Makel durch sein Blut reinzuwaschen. Die Dame wiederum trägt eine schwere Verantwortung, soll sie doch das Ideal sein, nach dem der Ritter strebt: mildtätig ist sie und großherzig, nicht putzsüchtig und auch nicht prassend. Voll liebevoller Sorge bereitet sie dem Ritter bei seiner Heimkehr einen Trunk mit eigenen Händen zu und bindet seine Wunden. Unterliegt er, so steht sie ebenso an seiner Seite wie beim Sieg. Bitterer als jede Wunde ist das Wissen, sie enttäuscht zu haben.

Durch all dies wird Lavinia gepriesen, jeder Dienst an der Dame ist ein Dienst an ihr.

Das Gebot der Nichtgewalt

Männern und Frauen, die den Gottesdienst an Lavinia verrichten, ist es grundsätzlich untersagt, Gewalt jeglicher Art einem Kinde Lavinas anzutun. Dies ist nicht mit einer Waffenlosigkeit gleich zusetzten. Dieses Gebot umfasst mehr als nur eine Bloße Waffenlosigkeit, meißt beruft man sich den folgenden, vor-jeldrikischen Text:

Einem jeden Diener der Göttin sei es untersagt, einem geliebten Kinde unser aller Heiligen Mutter Unheil angedeihen zu lassen.Ob durch Wort oder Tat, Eisen oder Zauber, durch die bloße Hand oder durch niedere Handlanger; ein jeder, der dieses Wort gebrochen, steht nicht länger in der Göttin Gunst.

Doch gleich wie schwer die Tat, gleich wie schwarz das Unheil, durch harte Buße, ehrliche Reue und hohe, gute Taten soll die Sünde fortgewaschen werden können, denn Lavinia ist nicht grausam, sondern voller Großmut und Gnade.“

Oft gibt es Streitereien der Priester, wie genau das Wort ‚Unheil‘ zu definieren ist. Auch streitet man darüber, wie weit der Begriff ‚geliebtes Kind‘ tatsächlich geht, ob damit generell Lebewesen gemeint sind, oder doch nur Menschen, oder nur gute, edle Menschen. Im Grunde gilt jedoch, dass ein Priester, der mit einer Waffe erwischt wird, erstmal seeehr schräg angesehen wird.

Heiligensagen

Heilige/r Attribute Geschichte
Dara, Schutzherrin der Liebenden und der Friedens suchenden Anmutig, Würdevoll, Gnädig Einst begab es sich, dass eine Fehde zwischen zwei Baronen zu einer Schlacht führte. Die junge Dara, eine Schwester des einen Kontrahenten, war dort, aber vor allem, um der Schlacht zuzuschauen mit ihrem Gefolge. Jeder Zoll ihrer Gestalt war anmutig anzusehen, aber wie viele junge Dinger war sie beschäftigt mit trivialen Kleinigkeiten. So sah sie von weitem dem Kampfe zu, sah die glänzenden Rüstungen der Ritter und das Flattern der Fahnen. Schließlich war der Kampf vorbei und ihr Bruder hatte den gegnerischen Baron gefangen gesetzt. Die Ritter kehrten, einige verletzt, zurück und ließen sich von den Priestern versorgen. Aber Dara wollte nun die Stätte des Sieges begutachten und ritt mit ihren Zofen, noch während ihr Bruder beschäftigt war, einfach zu dem Schlachtfeld. Dort offenbarte sich ein Bild des Grauens für die junge Adelige. Noch nie hatte sie so viel Blut und so viele verletzte schreiende Menschen gesehen. Die Bauern, die dort gekämpft hatten, waren kaum gerüstet gewesen, einige hatten noch nicht einmal einen Helm gehabt. Dieselben Waffen, die den Rittern Schnitte und Blessuren beigebracht hatten, hatten hier Gliedmaßen abgetrennt und blutige Wunden geschlagen.Viele hätten in ihrer Situation sich umgedreht und wären geflohen. Doch Dara erinnerte sich an die halbvergessenen Lehren ihrer alten Agapina und fand in ihrem Herzen ein merkwürdiges Verlangen. Ihrem Herzen folgend stieg sie von ihrem Pferd und befahl ihren Zofen, dasselbe zu tun. Zögerlich folgten diese ihren Befehlen und zerrissenen die schönen Tücher, um die Wunden der Bauern zu verbinden. Dara legte selber ebenfalls Hand an und als die Ritter ihres Bruders kamen, war sie bis zu den Knien mit Schlamm und Blut bedeckt. Doch ihre Augen strahlten und als die Ritter sie fortbringen wollt, da richtete sie sich auf und sprach:

„Euer Tagwerk habt ihr getan und ich sehe eure Handarbeit in jeder Wunde und an jedem Toten hier. Nun lasst mich das Wenige tun, was noch möglich ist, auf dass diese Väter und Söhne, Mütter und Töchter zu ihren Familien zurückkehren mögen. Denn das ist letztlich das Gebot eines jeden Kindes Lavinias: Nicht zu verletzten, sondern zu heilen. Nicht zu zerstören, sondern zu erschaffen. Und diesem Gebote folge ich von nun an.“

Sie drehte sich um und als sie den nächsten der Sterbenden in den Arm nahm, spürten alle, wie er Frieden fand. Und keiner der Ritter wagte es Hand an sie zu legen. Von jenem Tage an folgte Dara einem anderen Ruf und widmete ihrer Herz Lavinia.

Kaius, Schutzherr der geliebten Lavinias Glaubensstark, Gnädig/Vergeben, Würdevoll Als Kaius kurz vor seiner Entrückung in den grossen Städten Andarras predigte, wurde er gefragt, wie man die Gnade Lavinias erwerben könnte. Er antwortete: „Mein gesamtes Leben lang habe ich versucht, selber diese Antwort zu finden. Daher kann ich euch als gealterter Mann einen ersten Hinweis geben. Die gnadenvolle Göttin schaut mit Wohlwollen auf diejenigen Diener herab, die selber voll Gnade sind. Hat euch ein Feind etwas Böses getan oder ein Rivale euch herabgewürdigt, so vergebt ihnen! Denn was er Böses getan hat, dass wird euch die Herrin vielfach zurückzahlen und die Würde, die er euch zu nehmen versucht hat, ist ein Geschenk der Göttin und kann nicht genommen werden. Enthaltet euch auch des Richtens über euer Gegenüber, denn das Gericht sprechen die Götter. Wir sind keine Flamines, die in die Herzen der Menschen blicken wollen, sondern diejenigen, die diese Herzen heilen. Seid voller Liebe, denn die Herrin gab uns den Auftrag, die Liebe vor denen, die Wut und Kampf bringen, zu verteidigen.
Folgt all diesen Dingen und ihr habt den ersten Schritt getan. Dann widmet euer Leben diesen Dingen und denkt jede Minute an die Gebote der geliebten Herrin und ihr habt den zweiten Schritt getan. Und den dritten Schritt erkläre ich euch, wenn ich ihn gegangen habe.“
Seinen Zuhörer wurde schwer ums Herz, als sie dies hörten, denn viel wurde verlangt. Doch Kaius beruhigte sie: „Höret, ihr Kinder der gnadenvollen Mutter Lavinia! Ihre Gnade verspricht es uns, darauf zu vertrauen, dass wir dereinst in ihren Armen aus dem ewigen Meere getragen werden, auch wenn wir nicht diese Schritte gehen können. Denn auch die kleinen Kinder und die Umnachteten werden von ihr genommen und vor den Göttern sind wir alle nur wie diese!“
Lentus, Schutzherr der Verheirateten und der Familie Treue, Tapfer, Liebevoll Lentus, vor kurzem zum Amabilis geweiht, war auf dem Weg zurück zu seiner Frau und seinen zwei Kindern in einem Dorf in der Nähe Neldans. Doch in den damaligen Zeiten gab es vielerorts Banditen und einer solchen Truppe fiel er in die Hände. Sie schlugen ihn mit ihren Stöcken und nahmen ihn mit in die weiten Steppen Silvanajas, wo sie ihn an Händler aus dem Süden verkauften.
Lange irrte Lentus durch fremde Länder und viele Geschichten berichten von seinen Abenteuern, die er auf der Heimreise erlebte. Denn kaum einer kannte das kleine, junge Land Engonien und seinen göttergesalbten Kaiser Jeldrik und niemand konnte ihm den Heimweg zeigen.
Eine Begebenheit geschah wie folgt: Nach einigen Jahren Herumirrens war Lentus mit einer kleinen Reisegesellschaft am Hofe von König Utha angelangt. Dort halfen sie ihm bei einem Problem mit einigen nahen Schwarzmagiern. Beeindruckt von Lentus bot Utha ihm die Hand seiner Tochter Sara an und damit das Erbrecht an dem Königreich. Lentus sprach zu dem König: „Hochverehrte Majestät! Es ehrt mich, dass ihr mich so hoch belohnen wollt, doch kann ich diese wunderschöne junge Frau nicht ehelichen. Unter den Augen meiner Herrin Lavinia habe ich mein Versprechen einer jungen Frau gegeben, meinem geliebtem Weibe. Nicht Gold noch Edelsteine, noch Folter oder Todesgefahr könnten mich von diesem Gelübde entbinden. Daher erbitte ich eure Entschuldigung, wenn ich die Belohnung ausschlage.“ König Utha war einerseits zornig über die Ablehnung und andererseits gerührt über die Treue des Lentus und verbannte ihn nur aus seinem Reiche.
Lavinia jedoch erschien ihm in seiner Vision und zeigte ihm den rechten Weg zu seiner Frau. Und mit ihrer Gnade und Führung sollte er schließlich zu seiner Familie zurückkehren.
Tallius, Schutzherr der Seefahrenden und der Toten Tapfer, Fürsorglich, Humorvoll Tallius, ein fleißiger Fischer aus Stejark und fürsorglicher Familienvater, war lange Jahre seiner Arbeit nachgegangen. Er war kein reicher Mann, aber ihm und seiner Familie ging es gut, bis eines Tages sein ältester Sohn krank darnieder lag. In dem kleinen Dorf gab es keinen Priester, war es doch die Zeit der großen Orkkriege. Also gab er seine mageren Ersparnisse für einen Quacksalber aus, der seinem Sohn helfen sollte. Doch es reichte nicht, also zog er öfter und länger aufs Meer hinaus und versuchte immer größeren Fang zu erhaschen um das Geld zu erlangen. Doch er achtete immer weniger auf Wetter und See und so wurde er eines Nachmittags von einem der berüchtigten Stürme überrascht, die ihn und sein kleines Boot hin- und herwarfen.
Uralte Ängste wurden wach vor dem Meer der Toten und Tallius fing laut an zu beten und flehte Naduria um Gnade und Lavinia um die Rückkehr zu seiner Familie an. Doch die Wellen schlugen höher und höher und zerschlugen sein Boot. Und als er, erschöpft von dem Kampf gegen die Naturgewalt, langsam im Meer versank, war ihm, als sähe er zwei Frauen. Die eine Frau gewaltig und groß, bekleidet mit Sturmwolken und ein Gesicht wie ein wilder Sturm, die stolz über dem Meere stand und ihre Hand nach ihm ausstreckte. Die andere Frau, umhüllt von einem Kleid aus Kirschblüten, die schützend vor ihm schwebte, viel kleiner als ihr Gegenüber und doch unverrückbar. Und ihre Stimme klang wie das Flüstern der Eltern, die die Ängste der Kinder vertreiben:

"Schwester, dieser Mann war stets ein guter Vater und ist in dein Reich nur für seinen Sohn gefahren. Schenke ihm deine Gnade!"
Donnergrollen antwortete ihr: "Seine Opfer waren nicht genug und impertinent war er, zu glauben, mich und das Meine zu zähmen! Dafür soll er zahlen!"
Und das Wasser schloss sich immer fester um Tallius, dunkel wurde es. Doch wie aus der Ferne hörte er eine laute Stimme, laut wie das Brüllen der Löwin vor ihren Jungen: "Nein, Schwester! Ich fordere diesen Mann für mich, sein Leben sei meines! Ich stehe zwischen den Menschen und jedweder Gewalt, ob die deine oder die deines Geliebten."
Und eine sanfte Hand schien ihn hochzuheben, kurz bevor er für immer im Meer versank und als ihm dunkel vor Augen wurde, erkannte er die Frauen wieder.
Er erwachte am Strand vor seinem Dorf in der Dunkelheit der acht und lief sofort zu seiner Familie. Seine Frau war außer sich vor Sorge, doch er schritt sofort zu seinem Sohn, kniete nieder und betete:
"Herrin Lavinia, geliebte Göttin,
so wie du mich emporgeholt hast aus dem Meere,
so hole diesen hier vom Ufer zurück.
Schütze meine Familie vor Krankheit und Tod,
darum bitte ich."
Und sein Sohn schlug die Augen auf und ward gesund und die Familie und das ganze Dorf ward ergriffen von diesem Wunder. Nach diesem Tage erbaute Tallius einen Tempel, gewidmet der Göttin Lavinia und pflanzte einen Hain von Kirschbäumen. Und er verbreitete die Kunde der liebevollen Göttin, der Beschützerin der Menschheit und viel Volk kam und bat um ihren Schutz vor den Gewalten von Krieg und Meer.

Die Kulte Lavinias

Allgemein

Die Vergebende (Lavinia Venia) und die Rächende/Strafende (Lavinia Ultrix): Alte Wunden werden geheilt, Sünden vergeben. Jeder ist ein Kind Lavinias, außer er verrät sie (indem er seine Sünde nicht bereut, nicht ausreichend opfert etc.), dann rächt sie sich -vgl. hierzu Hera, Diana, Aphrodite, Venus…. indem sie im hiesigen Leben den Schoß der Frau unfruchtbar werden lässt, die Ehe von Streit erfüllt ist, bis der Fehler eingesehen wird. Dann vergibt Lavinia sofort un segnet ihn mit all den Dingen, die ihm zuvor verwehrt blieben.

In Hinblick auf das Meer des Todes: Die Seele bleibt solange dort, bis die Sünden eingesehen und bereut werden, dann nimmt Lavinia diese Seele auch zu sich (Lavinia Recepta- die Aufnehmende)

Die Versöhnende (Lavina Placatio) Diplomatie ist eine Eigenschaft, die man Alamar zuschreiben könnte, jedoch geht es hier nicht um die Einhaltung von Verträgen, sondern vielmehr um Versöhnung nach einem Streit, ohne dass die Schuld zugewiesen und ein Kompromiss ausgehandelt wird. Hier ist die Versöhnung ohne Bedingungen gemeint, denn wenn Bedingungen gestellt werden, ist der Friede dahin, wenn sie gebrochen werden.

Die Schützende (Lavinia Tutulina) Streit soll gar nicht erst entstehen, insbesondere diejenigen, die sich nicht selber schützen können, müssen von ihr geschützt werden (sei es das kleine Kind, die alten und gebrechlichen, die Schafherde vor den Wölfen oder der Betrunkene auf dem Weg nach Hause… hier wird jeder vor Gefahren geschützt, der diesem Schutz bedarf

Aspekte für die Liebe

Lavinia als Göttin der Eintracht und Brüderlichkeit (Lavinia Concordiae): Damit ist zB die Freundschaft gemeint bzw. die platonische Liebe, aber eben auch „Einheit“ Sie wird zb von einer Zunft angerufen, um Streitigkeiten beizulegen. Vor einem wichtigen Treffen (sei es das Zunfttreffen, eine Ratsversammlung oder sonst irgendein Treffen, bei dem persönliche Begehrlichkeiten vor einem einem Ziel der gemeinschaft zurücktreten sollen) wird ihr geopfert, damit es keine Unstimmigkeit gibt. Die Gemeinschaft ist also wichtiger als der Einzelne, dies kann natürlich auch auf privaten Belange zutreffen (wobei ich bezweifle, dass vor einem Familientreffen Lavinia Concordiae angerufen wird…)

Lavinia als „Unser Aller Mutter“ (Lavinia Mater) oder (Lavinia Patrona)

Lavinia als Schutzpatronin der Familie, des Heims und des Herdes (Lavinia Genetrix)

In dieser Form wird Lavinia als „Stammmutter“ verehrt, die Blutlinie und Abstammung spielt hier also eine übergeordnete Rolle, was sicher eher für den Adel und reiche Kaufmannsdynastien wichtig ist. Diese Verehrung spielt sich auch eher im privaten ab- ähnlich wie Vorfahrenverehrung. Als Schutzheilige der werdenden Mütter wird sie als „die ans Lichtbringende“ (Lavinia Lucifera) bezeichnet.

Kleinere Kulte

Lavinia Virilis: Sie ist für das Glück der Liebenden zuständig, damit ihre Liebe sich erfüllt und wachsen und gedeihen kann (hierbei ist die Ehe bspw. Nicht wichtig)

Lavinia Lubentina: Als Göttin der sinnlichen Lust, sei es im Ehebett, oder im Bordell.Natürlich gibt es dazu keine großen Tempel für und sie wird auch nicht in der Öffentlichkeit verehrt, sondern nur privat.

Lavinia Cupiditatis: Sie ist zuständig für die leidenschaftliche Hingabe zu einer Aufgabe. Sei es der Drache, der im Rahmen eine Minneaufgabe getötet werden soll, oder eben das Schaffen der Handwerker und Künstler, die von ihr die besondere Inspiration erhoffen

Lavinia Admoneta: In dieser Ausprägung hofft man auf Lavinias Hilfe nicht die falschen Entscheidungen zu treffen oder drohendes Unheil zu erkennen.

Lavinia Sanata: Als Schutzpatronin der Heiler/Helfer

Es gibt sicherlich noch viele weitere kleine Kulte, die spielen aber nicht so eine große Rolle oder sind lokal begrenzt. So unterschiedlich wie das Verständnis von Liebe ist, sind auch die vielen Kulte. Prinzipiell aber gilt: Man ist nicht Priester/in eines dieser Kulte, sonder steht über diesen Kulten und weiß, welchen Aspekt Lavinias man für welches Begehren anrufen sollte, zu welchem Heiligtum man pilgern sollte oder auf welchem Schrein man opfert. In den großen Laviniatempeln könnte es verschiedene Schreine für die verschiedenen Ausprägungen geben.