Sagen und Legenden aus Engonien

Die Geschichte des Adran von der Aue

„Jahrzehnte und Jahrhunderte vor unserer Zeit herrschte Krieg. Die Mannen eines hohen Herrn kämpften unerbittlich und tapfer gegen die Krieger eines anderen. Die Streiter prallten aufeinander, wieder und wieder wogten die Reihen aufeinander zu, und sie waren zahlreich und stark und unbeugsam wie das Meer. Speer brach an Schild, Schwert schlug gegen Schwert, und das Klingen und Hämmern und Donnern der Schlacht klang bis in den Himmel empor, und der Himmel verhüllte sein Antlitz und die Wolken weinten. Schon sechs Jahre und sechs Monate und sechs Wochen und sechs Tage wogte die Schlacht, als die Wolken aufhörten zu weinten und der Himmel wieder zum Vorschein kam. Doch Ach! und Weh! Der Himmel war nicht länger hell und blau und schön, nein! Schwarz war er, schwarz und ohne jedes Licht! Denn die Götter hatten sich abgewandt von dem Schmerz und dem Blut und dem Tod, der sein blutiges Mahl hier Jahr um Jahr gehalten hatte!

Und so begab es sich, dass die Schlacht kein Ende fand! Krieger um Krieger war zu Boden gesunken, gar schaurig verstümmelt! Morsche Schädel und schwärendes Fleisch, und Seelen, voll von Rache und Blutgier und Leid! Die Toten erhoben sich, wieder und wieder und wieder, um eine Schlacht zu kämpfen für einen Herren, dessen Namen sie längst vergessen hatten. Alleine ihre Feinde kannten sie noch, und nichts als die Namen ihrer Feinde erfüllte sie noch.

Und über dieses Feld der unseligen Helden schritt Adran. Adran von der Aue, so nannte man ihn. Ein Mann des Glaubens, ein Prediger des Herrn des Lichts. Und er flehte die Götter an, sich diesem Felde wieder zuzuwenden, Gnade zu zeigen und Trost zu spenden! Doch, Ach! und Weh! Sein Flehen verklang, wurde eins mit der Trauer und dem Leid, das aus dem Schlachtenlärm entsprang. Doch Adran war stark im Glauben und unbeugsam war sein Wille! Und so schritt er durch die Schlacht, sprach mit den Toten, die ihr Kampfeswerk fortführten. Und er sprach mit einem jeden einzelnen, und nach sechs langen Jahren, nach sechs harten Monaten, nach sechs verzweifelten Wochen und sechs durchwachten Tagen und Nächten war sein Werk vollbracht. Und durch den dunklen Himmel brach ein einzelner, gleißend heller Strahl, und Adran brach in ein Jauchzen und Frohlocken aus, denn Alamar war zurückgekehrt und hatte seinen gütigen, doch strengen Blick auf ihn gerichtet! Und Alamar sah, was Adran getan hatte, er sah, was die Toten taten, und in seiner immerwährenden Weisheit sprach er sein Urteil: der Kampf war vorüber.

Und als Adran sah, wie die Toten zu Boden sanken, da sank auch er nieder. Ausgebrannt und ausgezehrt war er, hatte doch, unerkannt von jedem und auch ihm selbst, das Feuer Alamars in ihm gebrannt und ihn geleitet! Und als der letzte Hauch seines Atems aus seinem Munde entwich, da blickte Alamar auf seinen treuen Diener herab, und erschuf eine Statue, Adrans Bildnis gleich, auf dass unter Adrans gerechter und weiser Hand die Totenruhe niemals mehr gestört werden würde.“

Die Geschichte der Alamarsteine

Zu Anbeginn der Zeit tanzte Lavinia zur Freude ihres Bruders Alamar.
Sie erfreute ihn so sehr, dass er ihr eine Freude machen wollte. Lavinia sagte, dass sie sich gerne einmal mit Alamars Strahlen schmücken wolle, sie seien so hübsch anzusehen. Alamar konnte ihr seine Strahlen nicht geben, da diese die zarte Haut seiner Schwester verbrennen würden. Also ließ er einige von ihnen zu Stein werden und wirkte daraus Kopfschmuck und Geschmeide. Lavinia war so glücklich über dieses Geschenk, dass sie erneut zu tanzen begann.
Sie tanzte über das Land und die Luft erfüllte sich mit ihrem Lachen, so dass es Frühling wurde.
Aber Lavinia achtete nicht auf ihren Weg. Ihr Gewand verfing sich in den Steinen und sie stolperte. Der Kopfschmuck fiel herab und barst in unzählige, kleine Sülitter, die von den Wellen ins Meer getragen wurden.
Lavinia weinte bitterlich über ihr Mißgeschick und ihre Tränen wurden zu Perlen, die ins Meer herabfielen.
Noch heute spült das Meer an der Ostküste Nordcaldriens Splitter des Alamarsteines an. Du erkennst sie daran, dass sie vom Meer nicht verschluckt werden können, sondern auf ihm schwimmen. Alamars Feuer ist noch immer lebendig in ihnen, denn sie brennen wie Kerzen wenn du sie anzündest.

Jeldrik & Marthilda

Diese Geschichte begab sich aber zu der Zeit, als das junge Engonien nach dem Brüderkrieg in Trümmern lag und jedes Dorf und jede Stadt nur für sich selber ums Überleben kämpfe. An Zivilisation war nicht zu denken, denn alle waren nur damit beschäftigt sich der Räuberhorden und anderer einfallender Feinde zu erwehren, die sich den Untergang des Caldrischen Imperiums zu Nutze gemacht hatte. In diese schon schlimme Zeit kam ein riesiger Heerzug von Orken, die in den Süden einfielen in ein Land, dass fast jeden brauchbaren Kämpfer im Brüderkrieg verloren hatte. Dem stellte sich Jeldrik entgegen und zog von Dorf zu Dorf um jeden zu den Waffen zu rufen und es ward erlassen, dass jedes Dorf mindestens einen Kämpfer stellen musste. So kamen sie eines Tages in ein kleines Dorf in der Baronie Halen wo der Großbauer Torfmann der Dorfvorsteher war. Torfmann hatte zwei junge Burschen, die gerade alt genug waren um in den Krieg zu ziehen und alle anderen im Dorf waren zu jung, oder zu alt, vielleicht bis auf Marthilda, die hagere Tochter vom Tagelöhner des Dorfes. Weil im Imperium immer nur die Männer in den Krieg zogen und alle caldrischen Kämpfer bis auf den Letzten Männer waren, wusste der Dorfvorster schon wer zu den Waffen gerufen werden sollte und weil er seine Söhne nicht in den Krieg ziehen lassen wollte besann er sich einer List. Er holte sich den Tagelöhner an den Hof und versprach im Abends ihn fest zu nehmen, wenn er seine Tochter für die Armee Jeldriks melden würde. Der Tagelöhner wollte zuerst nicht, aber Wein und gutes zureden taten ihr übriges. Als nun der Tag gekommen war, da Jeldrik mit seiner Armee von dem Dorf stand um zu sehen welchen Kämpfer dieses Dorf stellen würde, da versteckten sie die beiden Söhne im Wald und schickten Marthilda vor. Ausgehungert, dürr und in den abgetragendsten Kleidern stand sie vor Jeldrik, als man sagte, dass sie der beste Kämpfer sei, den das Dorf aufzubringen hatte. Die anderen Ritter um Jeldrik hoben an, dass das nicht war sein könne man sich nicht betrügen lasse, eine Frau doch nicht kämpfen könne und überhaupt. Aber Jeldrik stieg von seinem Ross und ging zu dem Mädchen, blickte sie an und sprach: „Euer Dorf ist in großer Gefahr. Wenn aus dem Süden die Orken einfallen, dann wird sich keine Stadt und kein Dorf und keine Burg ihrer erwehren können. Die einzige Möglichkeit dieses Dorf zu beschützen ist den Orken entgegenzureiten, sie am Eisenwall zu stellen und ihnen den weiteren Weg zu verwehren. Das werden wir machen und wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können. Sollten uns nicht genug helfen, dann werden wir scheitern und ihr und wir werden sterben. Ich werde dich nicht zwingen Mädchen, wenn du nicht mitkommen willst. Deshalb frage ich dich Marthilda willst du uns begleiten, als der beste Kämpfer dieses Dorfes.“ Marthilda dachte an all die Menschen im Dorf. Die paar Male, da man ihr, der zerlumpten Tochter des Tagelöhners, etwas Gutes getan hatte konnte man an einer Hand abzählen. Ihre Mutter war tot, ihr Vater ein Säufer, der sie gerade verkauft und dem sicheren Tode überantwortet hatte und so sagte sie mit fester Stimme. „Nein mein Herr ich möchte nicht in den Krieg ziehen, ich möchte nicht kämpfen und ich möchte nicht sterben. Aber, mein Herr, ich werde mitkommen und helfen so gut ich kann, denn ich kann helfen und daher muss ich helfen die Menschen zu beschützen.“ Jeldrik nickte und erwiederte: „War gesprochen und mutig, vorallem mutig. Knie nieder.“ und vor allen Anwesenden, vor dem ganzen Dorf und dem ganzen Heer schlug er das Lumpenmädchen zum Ritter, den ersten weiblichen Ritter, den das Land jemals gesehen hatte und dann wandte er sich zum Dorfvorsteher und sprach: „Ihr ehrt uns guter Mann. In diesen Zeiten habe ich noch kein so kleines Dorf gesehen, dass einen wahren Ritter stellen konnte. Aber ich fürchte sie trägt noch nicht all ihre Ausrüstung am Leibe. Ein jeder Ritter hat doch ein Pferd, das beste des Dorfes, eben habe ich doch noch diesen schwarzen Rappen gesehen. Kleider taugen auch nicht, sie braucht gute wollene Hosen, die warm sind, so wie eure. Gute Schuhe, einen dicken Wams und Mantel, Brot und Schinken und Rüben und Zwiebeln, als Verpflegung und einen guten Gürtel.“ Dann wandte sich Jeldrik an seine Knappen, von denen er mehr als ein halbes Dutzend hatte, da jeder Adlige um die Ehre buhlte seinen Sohn in die Knappschaft bei Jeldrik zu geben. „Ein Ritter braucht einen Knappen. Du Arnd von Hanekamp, du wirst der Knappe von Marthilda von Rappenau sein und ihr alle kleidet sie ein. Gesteppter Wams, die Brust von diesem Junker sein Schwert ebenfalls. Hop hop Zack Zack.“

Als sie Marthilda gekleidet hatten und sie auf dem besten Pferd des Dorfes saß mit den besten Kleidungsstücken des Dorfes und fast all seinen Vorräten sah sie immer noch wie eine kleine Feldmaus aus, die in Sachen steckte, die ihr viel zu groß waren. Jeldrik dankte erneut dem Dorfvorsteher, der nun ohne Hosen vor der versammelten Ritterschaft stand und zog mit dem Heer weiter.

Was aber in dem Dorf geschehen war, das sprach sich schneller herum, als das Heer reiten konnte und jeder Bursche hob an mitzukommen und auch die beiden Söhne des Dorfvorstehers Torfmann liefen den Rittern hinterher. Auch hätte vorher nie jemand gedacht, was nun passierte, denn nicht nur die jungen Burschen schlossen sich dem Heer an, sondern auch viele Mädchen und junge Frauen. In den Burgen des Adels nahmen die Töchter die Rüstungen und Waffen ihrer Väter und Brüder, die tot im Brüderkrieg geblieben wahren und zogen auch aus und nannten sich Ritter und trugen stolz die Farben ihrer Häuser und Geschlechter in die Schlacht.

Über die göttergebene Gabe der Heilkunst und wie sie zu den Sterblichen kam

Niedergeschrieben durch Avernius von Barebury im Jahre 259 nach Jeldrik

Es ist den Gläubigen und Gelehrten seit jeher wohlbekannt, dass die alten andarranischen Geschwistergöttinnen Naduria und Aine, die sehr unterschiedliche Aspekte vertreten, seit Äonen miteinander im Streite liegen, wie man es auch von menschlichen Schwestern kennt, die um die Gunst ihrer Anbeter buhlen, und so manches mal wirkte sich ihr Streit auch auf die Ebene der Sterblichen aus.

Ihr müsst wissen: Auch in alter Vorzeit waren ihre sterblichen Getreuen nicht sofort zum Tode verdammt, sobald sie von Krankheit geplagt oder am Körper versehrt waren. Sowohl Naduria und Aine gaben ihren Dienern Mittel, um weiteres Leid und Tod fernzuhalten. Jedoch, beide Göttinnen hüteten eifersüchtig ihre Gaben: Naduria schenkte die heilwirkenden Pflanzen sowie sonstige lebensspendende Mittel und stand für den natürlichen Kreislauf aus Leben und Tod, Krankheit und Genesung. Aine schenkte die arkanen Kräfte und das Wissen sowie die Möglichkeit, in das Innere der Dinge zu sehen und diese zu entschlüsseln.

Diese Gaben schenkten sie den Sterblichen vor Urzeiten. Über die Lande verteilt besaßen sie daher in Bruchstücken die Kenntnis der Heilung, doch waren sie nicht in der Lage diese aus eigener Kraft zu einer großen Einheit zusammen zu fügen. Und so kam es, dass Mensch und Tier wegen kleineren Verletzungen und Krankheiten dahinschieden, die wir heute mit Leichtigkeit zu heilen in der Lage sind.

Irgendwann, lange bevor die Vorfahren der Caldrier über das weite Meer in unserer aller Heimat gelangt waren, wurde Lavinia es leid sehen zu müssen, wie Liebende, deren Patronin sie ist, voneinander getrennt wurden, nur weil der eine Partner ob einer lächerlichen Verletzung oder Krankheit dahingerafft wurde und sie entschloss sich daher, etwas zu unternehmen und zwischen Naduria und Aine zu vermitteln.

So ging sie zu ihren Schwestergöttinnen und bat diese, sie mögen doch ihren immerwährenden Streit für wenige Augenblicke vergessen und ihre Gaben all ihren Anhängern gemeinsam zukommen lassen, doch waren weder Naduria noch Aine bereit, mit ihrer verhassten Schwester zusammen zu arbeiten und so dem gegenläufigen Prinzip ihrer eigenen Macht zu helfen.

Lavinia, die Vermittlerin, gab nicht auf. Sollten Apelle an das Mitgefühl und Vermittlungsversuche gescheitert sein, so war noch nicht jeder Weg beschritten. Also suchte Lavinia nach einer Lösung und erfand ganz im Sinne ihres dritten Aspektes eine neue Form der Kunst: Die Heilkunst. Ihre Schwestern sollten ihre Gaben zu gleichen Teilen dieser neuen Kunst zusteuern: Naduria die Quelle dieser Kunstform, nämlich die Körper und die Gaben der Natur. Aine die Aspekte der Wissenschaft, das geplante Vorgehen und das Verständnis ob dieser Vorgänge sowie die alchemische Verstärkung.

Naduria und Aine sahen, dass dies für sie beide gut war. Weder war die jeweils verhasste Schwester die Stifterin dieser Gaben, noch profitierte nur eine von ihnen beiden. Vielmehr sollte die Heilkunst all ihren Sterblichen Getreuen zu Nutzen gereichen.

So kam es, dass Dank Lavinias Wirken die Heilkunst zu den Menschen kam.

von Naduria und Aine

Wie sich Naduria und Aine entfremdeten

Es war in der Zeit, vor Äonen, als die Götter noch jung waren. In jenen Tagen verbrachten die beiden Schwestern, Aine und Naduria, viel Zeit miteinander, denn sie liebten sich und die eine ersehnte die Gesellschaft der anderen. Da sie nun beide ihr Kräfte zu erforschen begannen, machten sie sich gegenseitig oft und gern Geschenke. Immer besser und geschickter wurden sie in ihrem Tun, und wo Naduria zunächst winzige Algen und schließlich wunderschöne Blumen schuf, so erbaute Aine zunächst klare Kristalle, die sie zu immer komplexeren Formen formte.

Und so kam es, das eines Tages, das Aine für Naduria einen kleinen Vogel schuf, geformt aus Kristall und Silber. Und Naduria freute ich sehr und schloss das Geschenk in ihr Herz. Aine jedoch, erfreut darüber, das sie ihre Schwester glücklich gemacht hatte, machte sich sogleich ans Werk und schuf einen noch schöneren Vogel. Und sie nahm den Vogel, den sie zuerst geschenkt hatte, und zerlegte ihn wieder in seine Teile, um Naduria den neuen Vogel zu überreichen. Naduria aber war verwirrt. „Schwester“, sprach sie, „warum zerstörst du das, was du mir geschenkt hast? Es hat mir sehr gefallen.“ Aine sah sie verwundert an. „Der neue Vogel ist viel schöner und besser als der alte, Schwester. Er kommt der Perfektion noch näher, und nur das Perfekte kann für meine Schwester gut genug sein! Freust du dich denn nicht über den neuen Vogel.“ – „Doch, Schwester, ich freue mich…“, sprach Naduria, und wollte noch etwas erwidern, doch sie sah das Lächeln auf dem Gesicht ihrer Schwester und schwieg.

Und so geschah es noch weiter Male. In den Bestreben, Ihrer Schwester ein immer besseres Geschenk zu machen schuf Aine Vogel um Vogel, nur um den alten zu zerstören. Naduria aber wurde es schwerer und schwerer ums Herz. Sie verstand nicht,warum Ihre Schwester so sinnlos Erschaffenes zerstörte. Aine aber sah, das ihre Schwester nicht zufrieden war, und vermeinte, ihre Vögel seien noch nicht perfekt genug. Und so begannen sich die Herzen der Schwestern zueinander zu verhärten, und eines Tages, als Aine wieder einmal ihr vorheriges Geschenk nehmen wollte, um es einzuschmelzen, erwachte ein mächtiger Zorn im Herzen Nadurias, und sie viel Ihrer Schwester in den Arm. „Nein, Schwester! Nicht noch einmal wirst du mein Herz brechen indem du dein Geschenk zurücknimmst!“, sagte sie.

Aine aber schrie auf, überrascht von der Kraft und der groben Berührung ihrer Schwester, und sie schreckte vor ihr zurück. Da sprach Naduria: „Siehe, ich werde dafür sorgen, dass du mir mit deinen Geschenken kein Leid mehr antun kannst!“ Und sie berührte den Vogel, und siehe! Da wart er mit Leben gefüllt, und sein kristallenes Gefieder ward von Federn, und er erhob sich und flog davon, blau glitzernd in der Morgensonne. Aine aber sah ihre Schwester verwirrt an und versuchte, ihre Regung zu begreifen – doch es gelang ihr nicht. Und obgleich der heiße Zorn ihrer Schwester ihr fremd war, so spürte sie doch eine Kälte in sich aufsteigen. „Nun gut!“, sprach sie, sich erhebend, „Da du meine Geschenke nicht willst und mich undankbar beschimpfst, so will ich dir von nun an nichts mehr schenken!“ Und sie drehte sich um und schritt, hoch erhobenen Hauptes, davon. Naduria aber ging gleichfalls, heiß vor Zorn auf Ihre Schwester, und von dem Tag an ward sie unter den Göttern lange nicht gesehen.

Der Vogel jedoch, den beide gemeinsam erschufen, wird seid jener Zeit Zwietrachtvogel genannt. Und obgleich er wunderschön glänzt in der Sonne, blau wie das reinste Eis, so gemahnt er doch jeden der ihn sieht an die Gefahr, sich mit dem Freunde zu zerstreiten.

Wie der Wolf gefesselt ward

In der Zeit, da die Welt gerade erschaffen ward, sahen die Götter auf sie herab und erfreuten sich an ihren Anblick, und Sie betraten sie und betrachteten Ihr Werk aus der Nähe. Und Naduria liebte die Welt so sehr, das Sie sich darauf niederlies. Alamar jedoch betrachtete sie lieber von oben, gleichfalls Aine, die Ihrer Schwester nicht mehr nahe sein wollte. Lavinia wanderte ständig umher, mal eine Blume riechend, mal alle Wesen aus der Ferne betrachtend, denn Sie wollte alles mit Ihrem Herzen begreifen. Tior aber blieb auch auf der Welt, immer nahe bei Naduria, denn Ihr wildes und doch dauerhaftes Wesen zog Ihn an, und eine feurige Liebe entflammte zwischen Ihnen.

Doch die Freude über die Welt währte nicht lange, denn in den Höhlen, die Alamars Licht nicht beleuchtete, in den tiefsten Tiefen der Wälder Nadurias und auf dem Grunde der unendlichen Wasser war Szivar, der Unaussprechliche. Und er begann, sein Netz zu ziehen über die Welt, und die Schöpfung der Götter zu verändern und zu verdrehen nach seinem dunklen Geiste.

Und Naduria bemerkte es als erste, denn oft schritt Sie durch Ihre Wälder und betrachte ihr Wachstum. Und Sie wurde gewar, das Ihre Wesen sich veränderten und bösartig wurden in ihrem Herzen. Und so sprach Sie zu Tior: Siehe, etwas geschieht in meinen Wäldern, das nicht aus mir kommt, und es ist nicht rein. Lass uns gehen und es ausmerzen. Und so geschah es, und Tior und Naduria gingen gelegentlich auf Jagd nach den Geschöpfen Szivars.

Doch das Gezücht wucherte an vielen Stellen, und Tior erkannte, das ein Jagdzug nicht ausreichen würde. So traten Tior und Naduria vor die anderen Götter und sprachen: Seht, Unreines breitet sich aus in der Welt, lasst uns gemeinsam dagegen antreten, damit die Welt rein bleibe!

Alamar aber sprach: Umsichtig müssen wir vorgehen, damit wir nicht ungerecht etwas Reines ausmerzen das nicht vom Schatten befallen ist. Lavinia weinte und sprach: Ist nicht in jedem veränderten Wesen immer noch ein Teil unserer Göttlichkeit? Und Aine sprach, hochmütig: Nicht überstürzt dürfen wir handeln, denn wir wissen nichts über den Feind und sein Wirken. Lasst uns abwarten, bis er ins Lichte tritt, damit wir nicht in seine Falle geraten. Und Alamar pflichtete Ihr bei und versprach, Sein Licht bis in die dunkelsten Tiefen zu schicken, bevor Er seine mächtige Hand erheben wollte.

Da knurrte Tior und erbebte vor Zorn, denn Er hatte die Abscheulichkeiten gesehen, die Szivar aus den Geschöpfen Seiner Geliebten geschaffen hatte. Und Er sprach: Wohl denn, wenn die hohen Götter in Feigheit abwarten, so will ich alleine den Kampf aufnehmen, und kein Schatten wird meinen Fängen entfliehen! Und wer nicht im Schatten wandelt wird sich vorsehen sich ihm zu nahen, auf das ihn nicht meine Klauen zerreissen! Und Naduria freute sich ob der Hilfe Ihres Gemahls.

Und so stieg Tior hinab vom Rat der Götter und begann Sein Werk. Wie ein Blitz aus Fell und Blut jagte Er über die Erde, und viele Geschöpfe Szivars fielen vor Seinen Zähnen und Klauen. Doch Wehe! Aines Rat war weise gewesen, denn Szivar hatte mit einem Angriff Tiors gerechnet. Und in seiner List und Verschlagenheit hatte er jedem seiner Wesen einen kleinen Teil von sich selbst beigegeben. Und während Tior Wesen um Wesen verschlang drang Szivar mehr und mehr auch in Ihn ein.

Tior jedoch war zu mächtig, als das Szivar Ihn überwältigen konnte. Doch stachelte er den Wolf weiter an, schürte Seine Glut und Sein Feuer und trübte Seinen Blick. Und immer wilder wurde der große Wolf, immer gnadenloser in Seiner unendlichen Hatz gegen den Feind, der sich immer wieder neu erhob. Geifer tropfte von Seinem Kinn, und immer mehr Unbeflecktes fiel dem Grimmen zum Opfer. Und von den Himmeln oben blickte Alamar hinab und Sein Antlitz verdunkelte sich. Und Er sprach zu Naduria: Gehe hin zu deinem Geliebten und bringe ihn her, denn sein Wirken bringt Fluch über die Welt! Wir wollen gemeinsam gegen das Dunkel vorgehen, auf das wir Maß halten.

Und Naduria tat wie von Alamar gewünscht, denn Sie sorgte sich um Tior, der Ihr nahe am Herzen war. Und Sie trat vor Ihn mit einem edlen Hirschen, den Sie Ihm zum Geschenk machen wollte. Doch Tior erkannte Sie nicht. Glut und Schatten brannten in Seinen Augen und Er warf sich auf Sie, sein Maul rot von Blut. Nur mit Mühe konnte Sie entweichen, und war auch Ihr Körper geschunden so war es doch Ihr Herz, das am tiefsten getroffen ward.

Als die anderen Götter davon erfuhren, waren Sie entsetzt und erzürnt. Und es wurde beschlossen, das der Wolf nicht länger auf der Erde wandeln sollte. Und Aine brachte den härtesten Stahl und Kristall, und Alamar schmolz ihn in seinem Lichte und schmiedete die Glieder einer Kette. Und Naduria gab ihnen Leben, auf das Sie stehts wieder nachwuchsen. Lavinia aber lockerte Sie, auf das Sie den Bruder nicht schmerzen sollten. Und so stiegen die Götter vom Himmel herab, und gelockt durch Naduria wurde Tior gefangen. Und Aine schuf aus weißem Stein einen Kerker und setzte ihn an den Himmel, und dort hinein wurde Tior gebracht.

Ehe er jedoch verschlossen wurde, war Naduria allein mit Ihrem Gemahl, und Sie nahm Abschied und weinte bitterlich, und viele Flüsse der Welt schwollen an, und viel Unreines wurde von dem Wasser fortgespült. Und da kam für kurze Zeit Klarheit in den Blick des Wolfes zurück, und während Naduria Ihn zum Abschied umarmte weinte Er eine Träne.

Naduria aber nahm die Träne, und man sagt in jenen Tagen schuf Sie aus Ihrer Beiden Tränen die Wölfe, als Abbild ihres Geliebten. Und immer wenn der Mond voll am Himmel steht Heulen die Wölfe den Schmerz der Geliebten in die Welt, und mahnen Sie vor dem Ende der Zeit wieder zu vereinen.

Diese Geschichte wird von den Jeldriken selten, und von den Lupi Umbrae gar nicht erzählt.

Anna und die Puppe

Es war einmal vor langer Zeit weit weit entfernt im Land Andarra am Hofe des Königs Erix. Erix hatte eine kleine Tochter von nicht mal 5 Sommern. Sie war immer traurig und wollte nie so recht spielen und hatte nie Appetit. Der König machte sich Sorgen über Sorgen. Da die Königin im Kindsbett gestorben war und er sich eine neue Frau genommen hatte peinigte ihn das schlechte Gewissen. Er spielte oft mit Anna seiner Tochter und langsam ging es ihr wieder besser. Aber dann brach Krieg an den Grenzen seines Reiches aus und er versammelte seine treuen Krieger um in den Kampf zu ziehen. Anna brach in Tränen aus als sich ihr Vater zum Aufbruch bereit machte, riss sich aus seiner Umarmung los und rannte in den Turm und versteckte sich. König Erix der wusste das er nicht bleiben konnte ging zum Harlequin der verrückt vor sich herbrabbelnd den Kriegern folgte und sprach zu ihm,: „Sag an Gaukler meiner Tochter geht’s gar schlecht sie vermisst mich und ich kann nicht bei ihr bleiben, kannst du sie nicht aufheitern?“. „Ihr seid der einzige Mensch der eurer Tochter Trost spenden kann Herr, “ antwortete der Narr „hier gebt ihr diese Puppe und schneitet eine Strähne eures Haares ab und flechtet sie der Puppe ins Haar, schneidet euch ein Stück vom Wams ab und kleidet die Puppe darin. So könnt ihr immer bei eurer Tochter sein und ihr Trost spenden.“ Mit diesen Worten zog der Narr eine einfache Puppe aus Leinen aus seinem Beutel und überreichte sie dem König als sei sie der Schatz der Welten selbst. Der König eilte sofort ins Schloss zu seiner Tochter und sprach, „sei nicht traurig mein Kind, denn seh her diese Puppe. Sie trägt meine Haare und meinem Wams. Nimm sie und immer wenn ich an dich denke wirst du es wissen und sie wird dir Trost spenden wenn ich nicht da bin.“ So zog der König in den Krieg und ließ sein Mädchen in der Obhut ihrer Schwiegermutter zurück im Schloss. Schon bald begann Anna bitterlich zu weinen doch dann schloss sie ihre Puppe in den Arm fühlte den feinen Stoff und strich ihr durch die Haare und alsdann waren alle ihre Sorgen vergessen. Von nun an streifte Anna immer allein mit ihrer Puppe durch die Burg und immer wenn sie sich einsam fühlte streichelte sie ihr übers Kleid und strich ihr durch die Haare und dann fühlte sie wie ihr Vater an sie dachte und sie fühlte sich geborgen. Eines Abends als sie wieder durch die Burg streifte hörte sie merkwürdige Stimmen und Geräusche aus dem Zimmer ihrer Schwiegermutter, neugierig blickte sie durch das Schlüsselloch und sah die Frau in weißem Gewandt vor einer großen Schale mit Wasser stehen seltsame Worte sprechen und wie sie sprach wabern blaue Lichter um ihre Hände und erhellten den Raum in unwirklichem Licht. Neugierig machte sie die Tür eine handbreit auf und schlüpfte leise hindurch und sah ihre Stiefmutter vorn übergebeugt in die Wasserschale starren als wabernde Nebel aus dieser Aufstiegen. Wieder sprach die Hexe und der Nebel verschwand und offenbarte ein Bild von einem Kampfgetümmel, von dem Krieg der gerade im dem Augenblick an den Grenzen des Reiches tobte. Wie ein Spiegelbild im Wasser erblickte Anna ihren Vater mit den letzten seiner tapferen Recken auf dem Schlachtenhügel stehen umringt von Feinden und dem Tode nahe, da tat ihr Herz einer Sprung und ward tief vor Sorge und wieder strich sie der Puppe über den Wams und strich ihr durch die Haare. Und als ob ihr Vater es hören konnte sah sie sein Spiegelbild im Wasser in den Himmel schauen und rufen. Da fing die Stiefmutter zu kriechen an mit einer unmenschlichen Stimme die nicht von dieser Welt war schrie sie in die Wasserschale und im Spielbild sah Anna entsetzt wie ein riesige Grüne Wolke über dem Kopf ihres Vaters schwebte und lange schleimige Tentakel aus ihr hervorschossen und ihren sich windenden Vater in sie hineinzogen. Schreiend brach Anna auf dem Boden zusammen und da merkte die Schwiegermutter das sie nicht alleine im Zimmer war. Wutentbrannt fuhr sie herum und mit blankem Hass in den Augen sprang sie auf Anna zu, Blitze zuckten aus ihren Händen und stießen auf das kleine Mädchen zu. Voller Angst klammerte Anna sich noch enger um ihre Puppe streichelte ihr übers Wams und strich ihr durch die Haare und da fingen die Augen der Puppe an zu leuchten und ein Schild aus purer Magie schloss sich um Anna und schützte sie vor den Blitzen ihrer Stiefmutter. Die Hexe schrie auf und wirbelte die Arme in verschlungenen Gesten vor ihrem Körper und schrie Worte in einer Sprache die Anna noch nie zuvor gehört hatte und die arme Anna klammerte sich noch ängstlicher an ihre Puppe. Und plötzlich fing die Puppe an zu reden, mit der sanften Stimme ihres Vaters redete sie auf sie ein, „fürchte dich nicht mein Kind ich bin hier und werde dich beschützen.“ Und kaum hatte die Puppe dies gesagt schossen zwei grüne Strahlen aus ihren Augen und warfen die anstürmende Hexe zurück auf den Boden, wo sie bewusstlos liegen blieb. Froh gerettet worden zu sein lief das Kind aus dem Zimmer und zum Hauptmann der Wache um ihm zu erzählen was passiert war und das ihre Schwiegermutter eine Hexe war und das sie ihren Vater getötet hatte, aber der wollte ihr nicht glauben und schreiend und weinend lief sie in den Wald hinaus und versteckte sich dort. Sie saß weinend unter einem Stein und hielt ihre Puppe fest im Arm, als Schritte auf der Straße zu hören waren. Sie hatte Angst klammerte sich an ihre Puppe und streichelte ihr übers Wams und strich ihr durch die Haare und dann plötzlich blickte der Fremde um den Stein und genau ins Gesicht der kleinen Anna. Es war der Gaukler der alte Narr des Königs der da des Weges kam. „Hallo mein kleines Kind was bist du so traurig, hat dich meine Puppe nicht aufgemuntert?“ fragte der Narr und da fing Anna an zu weinen und berichtete ihm die ganze Geschichte von Anfang an. Und der alte Herlequin glaubte dem jungen Mädchen und sprach, „wenn nun wirklich der Geist deines Vaters in der Puppe ist dann sollten wir ins Schloss zurück gehen, er wird uns vor der Hexe beschützen und wir können dem Hauptmann erzählen was passiert ist.“ Gesagt getan und bei Dämmerung brach das ungleiche Paar auf zur Burg und schon in der Eingangshalle wurden sie von dem Hauspersonal bestürzt empfangen das sich so Sorgen um die kleine Tochter des Königs gemacht hatte. Gerade begann Anna die Geschichte zu erzählen als die böse Stiefmutter die Treppe herunterkam, kaum hatte sie die Puppe gesehen fing sie an zu zetern und zu schreien und ein magisches Licht umspielte ihre Hände wie Blitze in einem Sturm. Alle Bediensteten liefen wie von Panik erfasst davon nicht einer konnte den Blick dieser Frau ertragen nur der Narr und Anna waren dagegen gefeit und blieben wie angewurzelt stehen. Die Hexe breitete ihre Hände aus und Blitze stießen aus ihnen hervor, doch just in dem Moment schleuderte der Narr eine seiner Wurfkeulen und traf die Schwiegermutter und die Blitze gingen ins Lehre. Der Moment nutze die Puppe sprang aus den Armen der kleinen Anna und flog wie geworfen auf die am Boden liegende Hexe zu und als die Puppe auf ihr landete fing die Hexe an zu kreischen und sich in Todespein zu winden und blieb Tod am Boden liegen. Anna rannte zu ihr und nahm ihre Puppe wieder an sich und streichelte ihr über den Wams und strich ihr durch die Haare. Als die böse Frau Tod war kamen die Bediensteten wieder heraus und nun glaubten sie Anna und kümmerten sich nun rührend um sie und den altern Narren. Tage später kam ein Bote mit Nachricht vom Krieg, Annas Vater war gefallen im Krieg, doch hatten seine Kämpfer noch den Sieg zu Gunsten der Menschen wenden können so das das Königreich sicher war. Nun da Anna Königin war machte sie den alten Harlequin zu ihrem engsten Vertrauten und regierte weise über das Land und immer wenn sie sich einsam fühlte streichelte sie ihrer Puppe über den Wams und strich ihr durch die Haar und fühlte das ihr Vater ganz nah bei ihr war.