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Stammesfürst Brenwyk, Haupt der Norngarder um ca. 95 v.J., unterwarf sich früh aus freien Stücken den caldrischen Siedlern, die innerhalb kürzester Zeit zur vorherrschenden Macht in Engonien geworden waren, und erhielt daraufhin, wie es in jenen Zeiten üblich war, wenn ein Stammesfürst das Knie vor den caldrischen Eroberern beugte, als „Dank“ den Ritterschlag und seine Ländereien als Lehen. So konnten die Norngarder die Freiheit und die Herrschaft über ihre heimatlichen Ländereien behalten und entkamen einer späteren gewaltsamen Unterwerfung durch die Caldrier, wie sie die anderen Gebiete Andarras später ereilen sollte. Brenwyk verstieß Nedra als Hausgöttin und übernahm die Religion der Caldrier, deren Hauptgott zu diesen kriegerischen Zeiten Tior war, den er fortan inbrünstig verehrte. Tior zu Ehren ließ er auch einen Tempel innerhalb der Mauern der Burg Norngard erbauen. Auf seinen Willen geht der Brauch des Hauses Norngard zurück, den erstgeborenen Sohn dem Kriegsgott Tior zu weihen und von den Priesterin Tiors erziehen zu lassen, ehe dieser sein Erbe antreten darf. Brenwyks Weib Shannon fürchtete den Zorn Nedras, den ihr Gatte Brenwyk mit seinem Frevel auf sich gezogen haben musste, und rang ihm das Versprechen ab, das jede erstgeborene Tochter des Hauses Norngard in den Dienst an die Göttin Nedra im Tempel der Roten Hirsche treten sollte. Brenwyk willigte ein, doch konnte dies Nedras Zorn nicht vollends lindern: Bei einem Jagdausflug verunglückte Brenwyk tödlich und bis in die Gegenwart sind ungewöhnlich viele Herren Norngards Jagdunglücken zum Opfer gefallen. Auch die zunehmende Versumpfung des einstmals blühenden, von Wäldern bedeckten Landes rund um den Sitz des Hauses Norngard wird Nedras Zorn angelastet. Dennoch blieb bis in die Gegenwart jeder Ritter Norngards ein treuer Krieger Tiors, der das Versprechen seiner Ahnen an Nedra missachtete. Die Bevölkerung dagegen, aber auch die Frauen der Ritter von Norngard, hielten stets den Glauben an Nedra aufrecht, deren Tempel des Roten Hirsches in Norngard als einziger Tempel Nedras in Engonien die Kriege der Caldrier überstanden hat.